nelly_12094338Du bist ganz und gar nicht allein!
Rein statistisch gesehen hat sich jede siebente Frau und jeder zehnte Mann zumindest zeitweise selbst verletzt - meiner persönlichen Schätzung nach ist es etwa die Hälfte, bei denen es nicht bei einer Phase bleibt.
Aber wir können lernen, gut damit umzugehen, lernen, nicht erst bis zu dem Punkt zu kommen, wo alles andere zu schwach erscheint - lernen, auch dann noch Alternativen zu wählen, wenn wir dort angekommen sind - und zwar Alternativen, die uns auch wieder zurückbringen von der seelischen Qual.
Die Familie ... ja... "Familie ist Zwangsbekanntschaft". Reden kann ich darüber mit meiner Familie auch nicht.
Verstehen kann das sicher niemand, der die Sehn-sucht danach nicht selbst kennt. Aber die meisten können vernünftig damit umgehen, können (und wollen) und helfen - wenn wir die Hilfe wollen. Akzeptieren, dass sie es nicht verstehen und akzeptieren, welche Bedeutung es für uns hat.
Diese "Will nur Aufmerksamkeit" - Geschichte hört jeder von uns das eine oder andere Mal - manchmal geh ich heute noch ziemlich ab, wenn mir einer damit kommt, aber das gehört wohl dazu. Jeder Mensch kann nur aus der eigenen Sicht heraus, aus dem eigenen Verständnis und den eigenen Vorstellungen heraus urteilen. "Will nur Aufmerksamkeit" ist offensichtlich das Einzige, was viele sich vorstellen können, die sich mit dem Thema noch nicht beschäftigt haben. Daher werden es viele von uns noch öfter hören - shit happens.
Biete Deinem Freund die Möglichkeit, sich zu informieren.
Für Dich selbst ist es schwer, das ist mir klar, aber er kann sich mit anderen Betroffenen unterhalten, die ihm sicher manches erklären können. Es gibt gerade im Internet reichlich Informationen und reichlich Bücher, von denen ich aber leider keines empfehlen kann. Ich habe noch keines gefunden, was ich Menschen empfehlen wollte, um sich über mich zu informieren, auch nicht unter denen, die mir andere Menschen mit SVV (=selbst verletzendem Verhalten) empfohlen haben. Bei allen Gemeinsamkeiten sind wir doch letztlich sehr unterschiedlich. Auslöser und Auswirkungen, Intention und Verhaltensmuster unterscheiden sich teilweise gravierend.
Manche sind wie Du anscheint hypersensibel, manche haben den Drang, sich selbst zu bestrafen - einige wenige wollen tatsächlich Aufmerksamkeit und Liebe erreichen... Da ist alles dabei.
Er schuldet es Dir, sich damit zu beschäftigen, gib ihm den Anreiz und die Möglichkeit dazu!
Eine Bitte: In einem öffentlichen Forum nie (!!!) schreiben, wie und womit Du Dich verletzt, auch nicht gegenüber anderen Betroffenen, wenn Du nicht sicher (!) weißt, dass sie zu diesem Zeitpunkt damit umgehen können.
Im Grunde ist es wie mit einem Alkoholiker, der gerade versucht, *keinen* Alkohol zu trinken, sich mühsam durch den Tag kämpft und im Fernsehen die Werbung sieht, wo alle glücklich grinsend ihren Wodka schlürfen.
Über Selbstverletzung sprechen, verstärkt den Wunsch danach, es zu tun. Eine Beschreibung verstärkt den Wunsch ganz deutlich - hast Du vielleicht auch selbst bemerkt, als Du hier gelesen hast?
Das macht unsere Gespräche untereinander zum Tanz auf dem Vulkan. Auf der einen Seiten spricht man mit den einzigen Menschen, die einen wirklich verstehen können in dieser Hinsicht - auf der anderen Seite muss man ständig darauf achten, den Gesprächspartner nicht versehentlich "abzuschießen".