@alle: Text über die Liebe von Max Frisch
Hallo zusammen,
Danke für Eure Beiträge bisher. Einiges hat mir richtig aus dem Herzen gesprochen :-)
Es gibt übrigens einen Text von dem Schriftsteller Max Frisch über die Liebe, den ich schon kenne, seit ich ungefähr 11, 12 Jahre alt war, und der mich immer sehr berührt hat wegen der Wendung "einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen". Bin gespannt, wie er Euch gefällt :-)
Hier ist der Text für Euch:
"Es ist bemerkenswert, daß wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am mindesten aussagen können, wie er sei. Wir lieben ihn einfach. Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, daß sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen. Wir wissen, daß jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt fühlt, wie entfaltet, und daß auch dem Liebenden sich alles entfaltet, das Nächste, das lange Bekannte. Vieles sieht er wie zum ersten Male. Die Liebe befreit es aus jeglichem Bildnis. Das ist das Erregende, das Abenteuerliche, das eigentlich Spannende, daß wir mit den Menschen, die wir lieben, nicht fertigwerden; weil wir sie lieben, solange wir sie lieben. Man höre bloß die Dichter, wenn sie lieben; sie tappen nach Vergleichen, als wären sie betrunken, sie greifen nach allen Dingen im All, nach Blumen und Tieren, nach Wolken, nach Sternen und Meeren. Warum? So wie das All, wie Gottes unerschöpfliche Geräumigkeit, schrankenlos, alls Möglichen voll, aller Geheimnisse voll, unfaßbar ist der Mensch, den man liebt. [...]" (Max Frisch, Tagebuch)
Liebe Grüße
Arwenlee