Die Aloe
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Mangelnde Standardisierung begrenzt eine Arznei mit hoher Potenz
Aloe aus der Wüste auf die Wunde?
In unseren Breiten seit Jahrhunderten hauptsächlich als Laxans gebräuchlich, macht Aloe in letzter Zeit Karriere als Wundermittel. Was ist tatsächlich erforscht und für die topische Anwendung in der Dermatologie relevant?
Aloe-Gel wird aus dem Saft der geschälten Blätter verschiedener Aloe-Arten gewonnen. Foto: Sertürner
03.02.04 - Die in unseren Apotheken erhältliche Arzneidroge namens Aloe stellt den eingedampften oder luftgetrockneten Saft der Blätter verschiedener Aloe-Arten dar. Sie wird als Kap-Aloe oder Curaçao-Aloe seit langem gehandelt. Die bräunliche Masse enthält je nach verwendeter Pflanzenart größere Mengen Aloin und andere Hydroxyanthracen-Derivate. Deren laxierende Wirkung ist wissenschaftlich erwiesen.
Davon zu unterscheiden ist das Aloe-Gel, das aus dem Saft der geschälten Blätter verschiedener Aloe-Arten gewonnen wird und irreführenderweise oft als Aloe vera oder Aloe-vera-Gel bezeichnet wird. Dieses für Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel verwendete Gel ist nahezu farblos und sollte weitgehend anthrachinonfrei sein, da die Gewebeteile mit den anthrachinonführenden Zellen beim Schälen entfernt werden.
Untersuchungen zu Wirkmechanismus und Wirksamkeit von Aloe-Gel bei topischer Anwendung sind in vivo als auch in vitro durchgeführt worden. Teilweise liegen auch klinische Daten vor.
Förderung der Wundheilung auf mehreren Ebenen
Entzündungshemmung: Im Tiermodell konnte die entzündliche Wirkung von Substanzen, die die Pros-taglandin-Synthese oder die Leukozyten-Aggregation fördern, durch lokale Applikation oder Injektion von Aloe-Gel gehemmt werden, ebenso die Migration neutrophiler Granulozyten.
Die Wundheilung selbst, ein klassisches Anwendungsgebiet der Aloe, wurde in vielen Tierversuchen durch Aloe-Gel-Applikation beschleunigt. Verschiedene Prozesse
im komplexen Wundheilungsgeschehen werden dabei von Aloe-Gel positiv beeinflusst. Studien belegen eine Förderung der Granulation und der epithelialen Zellmigration, eine erhöhte Sauerstoffzufuhr im verletzten Areal durch bessere Durchblutung sowie eine gesteigerte Fibroblasten-Aktivität und Kollagen-Synthese. Des Weiteren konnte auch die Neubildung von Blutkapillaren in geschädigtem Gewebe beobachtet werden.
Speziell bei Brandwunden wird Aloe-Gel traditionell angewendet und eine Reihe von Untersuchungen im Tiermodell belegen eine deutliche Beschleunigung des Heilungsprozesses. Dem Gel wird in diesen Studien eine schmerzstillende und durchblutungsfördernde Wirkung zugeschrieben. Auch klinische Studien belegen das therapeutische Potenzial von Aloe-Gel auf diesem Anwendungsgebiet.
Bei Erfrierungen wurden im Tierversuch durch Behandlung mit Aloe-Gel die irreversiblen Schädigungen von Hautgewebe deutlich verringert. Diese Ergebnisse sind auch durch eine klinische Studie belegt, in der 68 Prozent der Aloe-behandelten Patienten völlig genesen sind, im Vergleich zu 37 Prozent derjenigen, die eine andere Behandlung erhielten. Amputationen waren in der zweiten Gruppe nahezu fünfmal häufiger erforderlich.
Besser wirksam als antimikrobielle Substanzen
Studien am Menschen zeigen, dass bei Wundbehandlung mit Aloe-Gel gleichzeitig auch die bakterielle Besiedelung des verletzten Areals verringert wird. In vielen experimentellen Untersuchungen zeigte Aloe-Gel Wirkung gegen verschiedene pathogene Bakterienstämme, wenngleich auch einige negative Ergebnisse vorliegen.
Auch eine leichte antimykotische sowie eine virostatische und viruzide Wirkung konnte in vitro nachgewiesen werden. Im Rahmen einer klinischen Studie wurden Herpes-genitalis-Patienten mit Aloe-Salben behandelt, was zu einer signifikanten Steigerung der Heilungsrate führte. Als möglicher Wirkmechanismus ist laut einer In-vitro-Studie ein Eingreifen in die Proteinsynthese des Virus in Betracht zu ziehen.
Berichte aus den Anfängen der Radiologie, denen zufolge Strahlenschäden mit Aloe-Gel geheilt wurden, konnten in nachfolgenden Studien nicht bestätigt werden. Auch ein präventiver Einsatz von Aloe-Gel vor UV-Bestrahlung kann Strahlenschäden nicht verhindern, es eignet sich daher nicht als Sonnenschutzmittel. Bei sofortiger Behandlung mit Aloe-Gel nach einer UV-Exposition konnten jedoch die negativen Auswirkungen auf die Zellaktivität und die damit verbundene Hautschädigung verringert werden. Die immunsuppressive Wirkung von UV-Strahlung wurde durch Aloe-Gel gemildert. In Studien hierzu wurde auch die Steigerung der Verfügbarkeit von löslichem Kollagen in der Haut beobachtet und einer möglichen Makrophagenstimulation durch Aloe-Gel zugeschrieben.
Eine plazebokontrollierte, klinische Doppelblind-Studie an 60 Patienten testete die Anwendung bei Psoriasis. Ein 0,5%iger Aloe-Extrakt in hydrophiler Salbengrundlage führte verglichen mit Plazebo zu einer signifikanten Besserung in einem Symptomenscore. Nebenwirkungen wurden keine beobachtet.
Toxikologische Daten: Eine größere Studie mit dem isolierten Aloe-Polysaccharid Acemannan stellte keinerlei Toxizität fest. Ein In-vitro-Versuch ergab eine Zytotoxizität eines kommerziellen Produktes auf eine Zelllinie, die bei frischem Aloe-Gel nicht beobachtet werden konnte und den Beimengungen bei der Herstellung des Produktes zugeschrieben wurde. Ebenso liegen Berichte vor, wonach Gele mit phenolischen Komponenten (den laxierenden Antrachinonen) verzögernd auf die Wundheilung wirkten, reine Gele dagegen förderlich. Anthrachinonhaltige Gele entfalteten auch auf Fibroblastenkulturen zytotoxische Wirkung.
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