Körperlicher Schmerz, der seelischen vergessen lässt...
Mit 15 habe ich angefangen zu ritzen...Damals hatte ich täglich Streit mit meiner Mutter (alleinerziehend), die gestresst von der Arbeit kam und glaubte, ihre Frustration an mir auslassen zu müssen und zu dürfen.
Ich hatte immer mehr mit dem Gedanken gespielt, zu meinem Vater zu ziehen, aber der hat sich einen Dreck um mich geschert, also hab ich das sein lassen...
Nach meiner ersten Erfahrung mit SVV hab ichs erstmal sein lassen.
Nach zwei Jahren aber hab ich mich ratlos gefühlt. Zu meinen besten Freunden hatte ich keinen Kontakt mehr, saß jedes Wochenende allein zuhause und war meiner Mutter hilflos ausgesetzt. Noch dazu war ich unglücklich verliebt. Zumindest hab ich geglaubt, ich sei verliebt. Heute weiß ich, dass ich damals nur einen starken Arm gebraucht habe, der mich festhält in Zeiten, in denen es mir schlecht geht.
Mit 18 wurde ich das erste Mal auf die Narben an meinem Bein angesprochen. Jene Freundin gestand mir, dass auch sie sich selbst verletzte.
Ich hab schließlich weitergemacht, bis ich mein Studium begonnen hatte, zu der Zeit war ich auch vergeben. An einen Kerl, der mich nicht gerade so behandelte, als würde er mich gern haben und mit dem ich auch nicht über meine Probleme reden konnte. Nach dem ersten Semester (Prüfungszeitraum) hab ich mich dann von ihm getrennt. Er hat in meiner Heimat gewohnt. Danavch war ich so gut wie nie zuhause. Eines Tages ging es mir so schlimm wie noch nie zuvor. Ich weiß sogar noch das Datum: 25.Juni 2007. Ich fühlte mich allein gelassen und ritzte tiefer als sonst. Heute leuchten diese Narben auf, sodass jeder sie sehen kann...Ich hasse das...
Ich habe mich dann einer Freundin hier anvertraut. Zunächst erzählte sie mir von Freunden, die sie hatte, die das auch taten, sogar deshalb in Behandlung waren. Anschließend meinte sie zu mir,es gäbe nun wirklich andere Wege um Aufmerksamkeit zu bekommen. Dass ich aber letztlich nur meinem Kummer Luft lassen wollte, aber niemandem zum reden hatte, das war ihr nicht klar. Den ganzen Sommer über war ich auf der Suche nach einer Person, der ich mich anvertrauen kann... Ich stürzte mich in Affären, die mir aber nichts brachten. Ich spielte mit dem Gedanken, zum Psychiater zu gehen und ich dachte an Selbstmord.
Ich fühlte mich allein und unverstanden. Dann lernte ich David kennen. Mit ihm bin ich seit über 3 Monaten zusammen und konnte von vornherein mit ihm darüber reden. Ich kann mich ihm anvertrauen.
Wir haben die Abmachung, dass ich nicht mehr ritze, er nicht mehr Nägelkaut. Stattdessen rufe ich ihn an, wenn ich mich einsam fühle, was aber schon lange nicht mehr der Fall war... Ich habe jetzt seit 3 Monaten nicht mehr geritzt, was nach dem vergangenen Jahr für mich ein großer Erfolg ist.
Die Narben an meinem Bein erinnern mich daran, wie schlecht es mir oft ging und an die Suche nach DER Person, die mich immer wieder auffängt.
Ich renne im Sommer mit Rock herum...Pflaster an den Beinen. Hin und wieder werde ich darauf angesprochen... Diesen Sommer werde ich es niemandem sonst erzählen...denn für mich ist das jetzt abgeschlossen.
Ich gebe jedem von euch, die betroffen sind oder die mit dem Gedanken spielen den Tip, es nicht zu tun. Die Narben verschwinden nie und wer einmal damit anfängt, kommt schlecht wieder raus.
Tut euch den Gefallen und vertraut euch der Person an, die euch am meisten bedeutet oder einem Tagebuch oder was auch immer. Boxt in ein Kissen, wenn ihr wütend seid, meinetwegen wert Geschirr an die Wand, was auch immer! Sucht euch eine kreative Betätigung, bei der ihr eurem Kummer freien Lauf lassen könnt. Geht viel hinaus usw. Glaubt mir, das alles ist tausenmal besser, als sich selbst wehzutun...