rabenschwarzDie Zustände haben wir doch schon längst, und eigentlich sind sie mir recht.
Das erleichtert das Arbeitsleben sogar enorm.
Als Projektleiter in meiner alten Firma war einmal in einer Diskussion mein Ton etwas zu herablassend und bestimmend. Allerdings habe ich das noch früh genug erkannt und wollte es gegenüber der durch mich etwas unter "Beschuss" geratenen Kollegin wieder korrigieren. Dabei habe ich ihr dann folgendes Kompliment gemacht, das aber einer echten Empfindung entsprach: "Meine Reaktion ist der Tatsache geschuldet, dass wir alle in dem Projekt etwas unter Druck stehen und ich zu zielfokussiert bin. Das ändert aber nichts daran, dass sie für mich einer der kompetentesten und menschlich sympathischsten Kolleginnen sind."
Für die Kollegin war das ok, ich glaube, sie freute sich darüber sehr.
Eine andere Kollegin hingegen rastete aus: Das sei doch wohl nur eine Art Anbaggerei, und das wolle ich mit so einem flotten Spruch kaschieren.
(Tatsache ist, dass ich nicht einmal im Traum daran gedacht habe, eine Kollegin anzubaggern. Selbst wenn ich eine "anbaggerungswürdig" gefunde hätte, kannte ich ja die strengen Regeln unseres Hauses in- und auswendig).
Ich konnte froh sein, dass die Sache im Sand verlief und mich nicht noch anderen Orts rechtfertigen musste. Gewiss hätten meine Vorgesetzten die "mehr als Harmlosigkeit" erkannt. Auch eilte mir nicht der Ruf eines Anbaggerers voraus. Aber immerhin hätte ich die Sache doch wohl genauer erklären müssen, so wie ich es hier tue.
Umgekehrt habe ich in 20 Jahren folgendes erlebt:
- Eine Kollegin hatte ständig das Bedürfnis mich anzufassen, umzufassen, zu umarmen, ein Küsschen für irgendwas aufzudrücken. Niemals hätte ich gewagt, eine Kollegin auch nur flüchtig an der Schulter zu berühren
- Eine Kollegin äußerte einmal: Wie schade, dass niemals etwas zwischen uns hat sein können. Einen Anlass habe ich ihr nicht gegeben, aber sie hatte schon recht damit, dass sie mir schon mehr als nur sympathisch war und ich alles tat ihr gerade das nicht zu zeigen.
- Als ich die Firma verließ, heulte eine Kollegin wie ein Schlosshund, umarmte mich und versuchte mich zu küssen (ich habe sie dann sanft von mir weggeschoben)
- Es gab mal eine Veranstaltung der Firma an einem Lagerfeuer. Eine Dame aus dem Vertrieb, schon etwas beschwipst, lehnte sich an mich, fiel dann in meine Arme, schmachtete mich an. Und als ich dann aufstand, um ins Hotelzimmer in der Nähe zu gehen, fragte sie mich, ob sie mitkommen könne. Ich lehnte freundlich ab, ich sei ohnehin sehr müde. Jahrelang hat sie mich gemieden. Wenn es unvermeidlich war, reagierte sie mir gegenüber immer nur zickig.
So sind nunmal heutzutage die Rollen verteilt, und ich habe mich damit abgefunden.
Ich weiß aber auch, dass es ganz andere Firmen gibt, in denen es extrem übergriffige Männer geben soll. Das kannte ich aus meinem Bereich gerade nicht - manchmal hatte ich sogar Angst, mit einer Frau alleine konferieren zu müssen. Eine Dame war etwas neurotisch, ich musste oft mit ihr - da sie Ko-Projektleiterin war - unter 4 Augen arbeiten, und die Befürchtung, sie könne falsche Behauptungen aufstellen, wenn ihr irgendetwas an der Zusammenarbeit nicht passte, hatte ich durchaus. Da war ich beinahe froh, als sie wegen eines Nervenzusammenbruchs längere Zeit ausfiel und ersetzt werden musste.