Ich hab jetzt wirklich lange überlegt, ob ich etwas ausführlicher schreibe...
Und habe mich entschlossen, es zu tun.
Unsere Tochter kam 2009 per Not-Kaiserschnitt zur Welt. Das, was ich in dieser Zeit durchgemacht habe (für mich persönlich durchgemacht), das wünsche ich niemandem.
Eine Hebamme konnte ich mir auf Grund der äußeren Umstände nicht wirklich nehmen. Ich wurde schwanger, als mein Mann und ich noch 360 km voneinander entfernt gewohnt haben, und es war klar, dass ich mit Beginn Mutterschutz umziehen werde zu ihm. Auf eine Entfernung von 360 km eine Hebamme zu suchen war schlichtweg nicht so wirklich machbar, denn ich war ja auch noch berufstätig und so konnte ich nunmal weder dort zu Vorsorgen gehen, noch mich intensiv mit einer Hebamme beschäftigen. Als ich hier gewohnt habe hat mich niemand betreut, als ich dann 6 Wochen vor dem ET umgezogen bin auch nicht mehr, weil's zu spät war und keiner mehr Kapazitäten hatte.
Nach meinem Umzug kam ich dann sogar nur durch eine frühere Notfall-Untersuchung noch in einer Arztpraxis unter, für die Vorsorgen und CTG hätte mich auch sonst keine Praxis dort genommen. Keine Kapazitäten...
In der 37. Woche wurde festgestellt, dass unsere Tochter sich in BEL gedreht hatte, somit kam sofort die Aussage: "Oh, das wird ein Kaiserschnitt." Auf die Frage warum, bekam ich wenigstens die Antwort, dass das Krankenhaus, in dem wir zur Geburt vorstellig werden wollten, keine BEL-Geburten mache, weil... "können wir nicht, ist uns zu riskant." In anderen Kliniken wurde dann ebenfalls abgewiesen, zu riskant, weil unsere Tochter sehr winzig geschätzt wurde. Der Kaiserschnitt-Termin wurde dann auf Grund ihrer Maße auf ET-7 festgesetzt, weil man eben ihr noch ein wenig mehr Zeit lassen wollte. Kurz vor dem Termin bei einer nochmaligen Routine hatte sie sich dann wieder in SL gedreht, somit war der Kaiserschnitt vom Tisch.
Als sich bei ET+7 noch nichts getan hatte (im Übrigen war unsere Tochter die gesamte Schwangerschaft größentechnisch etwa 1,5 Wochen hinterher, ich bekam sogar ziemlich zu Beginn zu hören, dass dieses Kind eh nie lebend zu Welt kommen werde, weil in der Entwicklung vollkommen hintendran) wurde für ET+10 (einen Montag) eine Einleitung angesetzt.
Sonntags wurde ich morgens durch Wehen wach, rief meine Geburtsbegleiterin an (ich hatte das Glück, dass ich eine Bekannte hatte, die als Doula arbeitet und selbst 3 Kinder geboren hat, die mich dann begleitet hat) und wir regelten alles, ich machte mich nochmal in Ruhe frisch, und zwei Stunden nach dem Anruf fuhren wir ins Krankenhaus.
Dort angekommen wurde ich im "Kuschelzimmer" am CTG angeklemmt... Die Sonde, die die Herztöne unserer Tochter aufzeichnen sollte klemmte genau an der Stelle, an der die Vorderwandplazenta war. In keinem einzigen CTG vorher wurde dort auch nur irgendein Herzton unserer Tochter gefunden. Nicht einmal.
Nach etwa zehn Minuten kam die Hebamme wieder rein, schaute auf das CTG und meinte nur: "Oh... Ich glaub das wird ein Kaiserschnitt." Und dann war sie schon wieder weg... Die Herztöne unserer Tochter lagen angeblich bei 95, und veränderten sich laut CTG kaum. Auf meinen Hinweis, dass ich der Meinung bin, das CTG sei falsch plaziert, hat sie kurz drüber geschaut, und meinte: "Hmm, ist verrutscht." Nach etwa einer Stunde dort im Kuschelzimmer, in der die Hebamme dreimal hereinkam und "oh, oh, oh." meinte, obwohl immernoch niemand sich ausgiebig um das blöde CTG gekümmert hatte und ich darauf hingewiesen hatte, dass die Herztöne genau gleich mit meinem Puls sind, habe ich mich dann gemeldet, dass ich doch bitte einmal auf Toilette müsse. "Das geht nicht, sie müssen am CTG bleiben." Ich musste doch tatsächlich mit ihr streiten, dass ich auf Toilette müsse, irgendwann meinte sie dann genervt: "Na dann gehen Sie eben, dann machen wir gleich die Voruntersuchung."
Im Wehenzimmer durfte ich dann auf Toilette, danach untersuchte die Ärztin und meinte, dass alles gut aussehe. Köpfchen sei zu tasten, Muttermund 4-5 cm geöffnet. Ich sollte weiter in den Kreißsaal. Dort auf dem Bett hat man dann das CTG auf der anderen Seite des Bauches angebracht (nachdem die Ärztin auf die Vorderwandplazenta linksseitig hingewiesen hatte!), und siehe da, die Herztöne waren deutlich anders, bei etwa 130-140. Sie gingen während einer Wehe mal um ein paar Werte runter, aber auch schnell wieder hoch.
Irgendwann kam die Hebamme mal wieder herein und meinte, sie steche jetzt die Fruchtblase auf. Keine Erklärung, nichts, einfach "zack und rein". Ups, hat nicht geklappt. Na dann warten wir die Wehe eben ab und stechen nochmal zu. Das tat höllisch weh. Danach schaute sie wieder auf das CTG, und es verzeichnete keine Wehen mehr. Und das, obwohl sie deutlich stärker waren als vor dem Öffnen der Fruchtblase. Mein Hinweis, dass ich sehr wohl Schmerzen habe und somit von Wehen ausgehe wurde mit einem "Das kann nicht sein, das CTG zeigt keine an" abgetan.
Dann kam sie an, meinte, sie habe mit der Ärztin gesprochen, es werde nun ein "Not-Kaiserschnitt" gemacht. Beiläufig fiel das Wort Vollnarkose, auf die Frage meines Mannes warum Vollnarkose (ich war ja noch mit den Wehen beschäftigt) hieß es, eine PDA dauere zu lange. Sie kam mit dem Blasenkatheter, schob den sehr unsanft dorthin wo er hin sollte... Und dann wurde ich (noch immer mit Wehen, die immer stärker und in kürzeren Abständen kamen) runter gebracht Richtung OP.
Meinem Mann wurde gesagt, wenn er mich vor dem OP abgegeben hat dauert es noch 20 Minuten, bis er das Kind bekommt.
Im Vorraum des OP lag ich also auf dem Bett, hatte keinerlei Anweisung bekommen, was nun folgt. Bis mich die Schwester ankeifte, ich sollte mich doch jetzt mal endlich bewegen, man habe hier nicht ewig Zeit. Auf meinen Hinweis, dass ich das gerne würde, wenn ich es könnte, aber die Wehen sind heftig und der Blasenkatheter tat weh, ich wusste gar nicht, wie ich mich bewegen soll, ohne etwas kaputt zu machen, geschweige denn wusste ich, wo ich nun genau hin sollte, wurde mir dann endlich mal geholfen....
Im OP wurde ich dann auf den Tisch gelegt und fixiert, die Ärzte und das Team bereiteten seelenruhig alles vor, während ich dort angebunden lag.
Der Anästhesist sprach mich an, ich antwortete, plötzlich schrie er mich an, weil ich vergessen hatte, mein Zungenpiercing rauszumachen. Ich lag ja bereits fixiert dort, also entfernte er es, wobei mir sowohl die Mundwinkel als auch die Zunge leicht verletzt wurden.
Es klingelten Telefone, irgendwann ging einer dran und brüllte rein "Wir können jetzt nicht! Wir haben hier ne Sectio!" und dann wurde es schwarz und ich war weg.
Aufgewacht bin ich dann mit Schmerzen... Mutterseelenalleine... Im Aufwachraum, auf der Intensiv. Wo ich bin konnte man mir beantworten, wo mein Kind ist und ob sie gesund ist, das konnte man mir nicht sagen. 3 mal habe ich gefragt, ob es ihr gut geht. Und bekam als Antwort: "Das weiß ich nicht, ich weiß ja auch nicht wo Ihr Kind ist, ich bin nur hier zuständig."
Beim vierten Mal habe ich gefragt, ob es überhaupt ein Mädchen ist. Auch das konnte man mir nicht beantworten.
Irgendwann kam dann mein Mann mit ihr runter. Eigentlich hätte er mit ihr dasein sollen, bevor ich wach werde... Aber nun ja, man hatte halt vergessen, oben Bescheid zu geben, dass ich langsam wach werde. Mein Mann saß insgesamt fast 1 Stunde oben und hat keinerlei Auskunft bekommen, was nun mit mir ist, während er sich alleine mit der Kleinen abgemüht hat. Gewaschen und gebadet, fix und fertig angezogen war sie, als ich sie das erste Mal sah.
Oben auf dem Zimmer konnte ich sie dann halten, irgendwie.
Zum Stillen (zumindest so, dass ich es mitbekommen und registriert habe) bekam ich sie das erste Mal um etwa 19 Uhr (geboren war sie um 14.33 Uhr laut Unterlagen).
Ich durfte sie die Nacht nicht bei mir haben, denn "Sie müssen sich schonen." Am nächsten Tag bin ich dann aufgestanden und zum Kinderzimmer gegangen, dort habe ich gesehen, dass man zugefüttet hatte. "Weil Sie sich doch schonen mussten und das Kind Hunger hatte". Ich wollte stillen, und es war echt ein Kampf. Klar, immer wenn sie bei mir war war sie irgendwie schon satt... Von diesem Moment an hab ich gesagt: "Dieses Kind kommt keinen cm mehr von meiner Seite! Es reicht."
Bei der U2 wurde mir dann von der Kinderärztin gesagt, ich müsse ja geraucht haben wie ein Schlot in der Schwangerschaft. Das Kind sei so unruhig, außerdem ist sie ja so klein (47 cm und 2720g bei ET+9) und sie spuckt soviel. "Das sind eindeutige Entzugserscheinungen." Ich habe in meinem gesamten Leben 1 (!) Zigarette geraucht verteilt auf 3 Tage, in 10 Jahren...
Bei der Abschlussuntersuchung habe ich den Chefarzt gefragt, warum das nun so alles gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Er konnte mir keine Antwort geben, denn nach der Geburt gab es keinerlei Indikation, dass mit dem Kind irgendwas nicht ok war. Apgar 10/10, pH-Wert völlig in Ordnung. Auf Sauerstoffmangel untersuchen hätten sie können am Köpfchen, das wurde aber nicht gemacht. Ich habe auch nur zur Voruntersuchung die Ärztin gesehen, danach nur die Hebammen (es war gerade Schichtwechsel).
Im Geburtsbereicht später standen einige Dinge drin, die mir niemand so gesagt hatte. "Intrauterine Asphyxie" (was wohl soviel heißt wie "Herzstillstand im Mutterleib"), etc. Aber es wurden auch Leistungen abgerechnet, die ich nie bekommen hatte. Wehenhemmer zum Beispiel. Der wurde mir definitiv nicht gespritzt, das hat meine Begleiterin bestätigt. Die Spritze lag, aber da ich ja laut CTG keine Wehen mehr hatte, hielt man das für überflüssig, vermute ich. Sie war völlig schockiert nach der Geburt, wie das alles abgelaufen ist und hat auch danach niemandem mehr diese Klinik empfohlen. Kinderärztin und Gynäkologin konnten nicht nachvollziehen, was an diesem Tage abgegangen ist.
Da ich eine private Zusatzversicherung habe habe ich dann im Nachhinein die Rechnung erhalten, zum Begleichen... Daran konnte ich dann eben sehen, dass Dinge eingetragen waren, die so nicht erfolgt sind.
Ja, ich habe sehr lange gebraucht und auch sehr viel ärztliche Unterstützung. Therapeuten, meine Hausärztin, und meine neue Gynäkologin haben mir sehr geholfen, das alles zu verarbeiten. Indem sie mich ernst genommen haben, mir gesagt haben, dass das so alles absolut nicht in Ordnung war. Eben, dass ich nicht übertreibe. Denn was ich nach der Geburt ständig zu hören bekommen habe war: "Ach, hör auf zu jammern, sei froh, dass Dein Kind gesund ist."
Heute sag ich: "ja, ich bin froh, dass mein Kind gesund ist. Aber froh, dass ich es seitdem nicht mehr bin, DAS bin ich nicht."
Ich habe massive Verwachsungen an der Narbe, die Chance, diese wieder in den Griff zu bekommen ist relativ gering, denn mit jedem Eingriff vermehrt sich das Risiko. Meine Naht wurde zu fest genäht, sodass Hautschichten miteinander verwachsen sind, was sich zeitweise durch starke Schmerzen bemerkbar macht, da die Verwachsungen auch den Darm "bedrängen" und zeitweise quetschen. Es wurde bereits einmal entfernt, bei einer Bauch- und Gebärmutterspiegelung zwei Jahre nach der Geburt wegen Verdacht auf Endometriose bzw. Rückstände von Gebärmutterschleimhaut vom Kaiserschnitt... Leider sind seitdem die Verwachsungen doppelt so schlimm zurück gekommen, sodass ich nun an der Narbe einen tischtennisballgroßen Knoten habe, und eine Narbe, die mit ihrer gesamten Umgebung zusammen nicht einen mm bewegt werden kann. Spitze, wenn die Haut nicht mehr flexibel ist. Tut ganz schön weh.
Ich habe mich heute damit arrangiert, dass die Geburt ein Kaiserschnitt war, aber mit den Folgen davon werde ich mich vermutlich erst dann arrangieren können, wenn ich nicht mehr ungefähr 10 Tage im Monat vor Schmerzen nicht mehr laufen kann, nämlich immer in der zweiten Zyklushälfte, beginnend 3 Tage vor der Periode, endend etwa 5-7 Tage danach. Und die Ursache liegt definitiv (laut mittlerweile 5 Ärzten) im Bereich der Kaiserschnittnarbe.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Auch wenn man es meinen mag.
Ich bin übrigens seit 9 Wochen schmerzfrei. Bin nämlich in der 9. Woche schwanger. Die Angst davor war lange riesengroß.