Er hat ja nicht ganz unrecht, ...
... es ist ja nun nicht so, daß eine Anbiederung an die breite Masse durch die stilsicheren, vermögenderen und gebildeteren Schichten noch nie vorgekommen sei -- denke an die Folgen der französischen Revolution, wo alles bunte und lebhafte aus der Herrenmode verdrängt wurde und der Adel sich die triste bürgerliche Mode zueigen machte.
Ich denke schon, daß man anhand aktueller Modeströmungen auf die wirtschaftliche Zufriedenheit schließen kann. Wer finanziell sicher dasteht, neigt eher zu einem lebhafteren Ausdruck in der Kleidung, Frauen eher als Männer und insgesamt je mehr Menschen es gut geht überproportional auch mehr Träger lebhafter, ausgefallener Kleidung.
Und so präsentiert sich das auch in den von Dressmans angesprochenen Besserverdiener- und in den Innenstadtbezirken Berlins: Frauen, die generell sicher im Leben stehen und keinem Zwang unterworfen sind, kleidungstechnisch auf irgendetwas Rücksicht nehmen zu müssen (z.B. Angehörige einer wie auch immer gearteten Mittel- oder gar Unterschicht), können sich eben hemmungslos mit ihrem Stand schmücken: "Seht her, ich habe es nicht notwendig, mich bescheiden zu müssen -- ich habe Geld, ich habe Sicherheit."
Sollte es gesellschaftlich ein wenig rauher werden, dann wird man sehr schnell nur noch die einfältigsten so 'übertrieben' rumlaufen sehen. Andersrum wird mit zunehmenden Wohlstand Unzweckmäßigkeit und Unkonventionalität in der Kleidung in immer mehr Gesellschaftsschichten Einzug halten. Wobei weder Wohlstand noch Geldmangel ausschlaggebend sind, eher Neid und Mißgunst, die sich aber zusammen mit den ersten beiden entwickeln.
Und um den Bogen zurück zum Thema zu kriegen: Röcke sind als Kleidungsstück sicherlich Ausdruck einer gewissen Lebensfreude und somit verdächtig, wenn sie getragen werden. "Hat der Träger etwas zu verbergen? Geht es ihm ungewöhnlich gut? Das hat er doch nicht verdient." Solche Gedanken kommen natürlich nicht in Milieus, wo entsprechende Kleidung sowieso verbreitet ist, z.B. besagte Oberschicht.
LG
MadInside
PS: Natürlich findet durch die Wahl der Kleidung eine Solidarisierung mit dem eigenen oder einem anderen Milieu statt. Kleider machen Leute.