steinundwasserBei allen Deinen so wichtigen Bemerkungen widerspreche ich Dir nur in einem Punkt:
Da wir die Gesellschaft niemals als Ganzes therapieren können, sind wir unseres eigenen Glückes Schmied. Insofern könnte eine gute Beraterin (Therapeutin hört sich so an, als jemand pathologisiert wäre) durchaus weiterhelfen.
Ein zweiter Punkt scheint mir noch etwas unklar:
Leni hat sich selbst eine Erklärung gezimmert, der man nicht unbedingt und nicht bedingungslos folgen muss. Sie sucht einen bestimmten Typus "Mann" - das glaube ich ihr noch, aber nur bedingt. Würde sie sich mit Männern umgeben, welche sie wie Liebesjunkies nur anhimmeln, wäre das bei ihrer grundsätzlichen Einstellung ebenfalls nicht recht. Da würde sie im Prinzip ähnlich reagieren oder diese sie anbiedernden Herrschaften sofort in die Schranken weisen.
Ihr Problem ist also nicht nur das der "anderen", der Außenwelt, der unmotivierten Männer, die glauben, dass ihnen Liebe und Erotik einfach so zufällt, weil sie so toll seien. Es ist in erster Linie ein intrinsisches Problem, es steckt in ihr und nicht in den anderen.
Da sie JEDEN Mann in die Flucht schlagen würde, hat sie, nicht die anderen, das Problem einer starken Bindungsangst.
An den Ursachen haben wir hier nur leicht gekratzt.
Ein weiterer Punkt ist das bekannte "in Vorleistung treten".
Das mag ja so sein, dass dies immer noch als Aufgabe der männlichen Seite angesehen und vor allem so praktiziert wird. Viel entscheidender ist aber, dass das Signal des "Zulassens", des Gegeninteresses, nie ausbleiben darf, damit ein Mann mit einigem Niveau sich auf die Vertiefung einer Bekanntschaft einlässt. Nur von sich eingenommene Männer mit wenig Empathie versuchen trotz deutlicher Signale immer wieder ihr sogenanntes Glück.
Wenn mir eine Frau so begegnen würde wie Leni ihren männlichen Bekanntschaften, würde ich ganz schnell Reisaus nehmen. Aber nicht weil ich glauben würde, es bei Frauen ganz einfach zu haben oder jede andere leichter haben zu können. Sondern aus dem viel wichtigeren Grund, dass mein Selbstwertgefühl solche lächerlichen Spielchen (denn aus meiner Sicht wirken sie eher pubertär, nur kann Leni wegen ihrer Bindungsangst nichts dafür) überhaupt nicht akzeptieren würde. Ich würde mich doch nicht zum Narren machen lassen. Dass Leni da ein paar Gründe hat, die auch wir nicht erkennen, wäre ja in der Situation für mich nicht erkennbar, und es würde wahrscheinlich auch gar nichts nutzen.
Also sind es nicht einfach die Männer, die es wahllos und ganz leicht haben können und deshalb zu keiner "Investition" bereit sind.
Ich selbst habe in jungen Jahren eine Frau namens B. kennengelernt, die meine Avancen ziemlich deutlich konterkariert hat. Eines Tages erhielt ich einen Anruf von ihrer Freundin, die glaubte, mich unter den Senkel stellen zu müssen, weil ich zu blöd sei, die Verliebtheit von B. zur Kenntnis zu nehmen. Ihre Freundin B. sei sehr unglücklich, und ich sei der Obertrottel, der das komplett ignorieren würde. Ein paar Wochen später begegnete ich B., und wieder spielte sie ihr typisches Spielchen: "Aus uns wird doch nichts. Das weißt Du doch." Dann wieder Anruf von ihrer Freundin: "B. ist so todunglücklich Deinetwegen. Tu doch was." Nur mal so nebenbei: In jungen Jahren (ich war 28) hat mich niemals eine Frau so interessiert wie B. Aber damals hatte ich überhaupt keine andere Wahl, als mich zu distanzieren, um dieses üble Spiel zu beenden.
So ähnlich stelle ich mir das vor, wenn sich ein Mann Leni nähern wollte.