leniIch frage mich, ob es wirklich das fehlende "Dran bleiben" ist, oder nicht viel mehr das sich auf "etwas einlassen". Also den Mut etwas zu wagen, etwas auszuprobieren. Dazu passt die etwas abgedroschene aber wie ich meine eigentlich richtige Aussage: "Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer".
Dass es sich von Beginn weg nicht nur richtig anfühlen muss sondern schon alles perfekt sein sollte, dürfte als Anspruch der grösste Killer sein, einem Menschen emotional wirklich nahe zu kommen. In ständiger Erwartung, dass ein noch viel passenderer Partner kommen wird, bleiben wir nicht nur unverbindlich und tatenlos, wir schauen auch gar nicht mehr wirklich hin. Und übersehen natürlich die Chancen und das Potenzial bei all jenen, die vor uns stehen und verfügbar wären. Es mag unromatisch klingen, und um es noch zu verstärken: Dass zwei füreinander bestimmt sind, bedeutet noch lange nicht, dass sie es selber merken.
Ausgerechnet in Zeiten schier unendlicher Möglichkeiten fehlt uns die Kultur des Scheitern dürfens. Wo es doch im positiven Sinne ums Ausprobieren, ums Lernen gehen würde. Jetzt, wo wir endlich können, endlich dürfen! Womit ich meine, dass natürlich nicht nur die falschen Bücher und die falschen Filme und die falsche Sehnsucht nach echten und richtigen Gefühlen alles so verdammt schwierig macht. Noch nie waren wir so frei uns und die anderen ganz anders oder immer wieder neu denken zu dürfen. Das ist schön, aber ja, auch sehr, sehr anstrengend. Denn, was wollen wir, was die anderen? Sind verbindliche Beziehungen überhaupt noch taugliche, zukunftsgerichtete Modelle? Ist Liebe letztlich auch nur konsumistisch wie der Sex, so es nicht explizit um Reproduktion geht? Suchen wir für den nächsten Kick, die nächsten Jahre, das ganze Leben? Soll es eine Frau sein, ein Mann, gleich beide, oder gleich mehrere von beiden, oder all die Farben und Schattierungen dazwischen? Ist mein Gegenüber ein Universum, welches ich kennenlernen und schätzen möchte oder einfach eine Projektionsfläche, an der ich mich abreagiere? Ist es der freie Wille, oder die Abhängigkeit oder die Co-Abhängigkeit?
Ich habe mir etwas angewöhnt im Leben und im Umgang mit dem Kennenlernen. Da ist ein Mensch und da ist eine Geschichte mit ihm. Erkenne ich mich darin, fesselt sie mich, will ich wissen, wie sie weiter geht, so sage ich das. Und dass ich Teil dieser Geschichte werden möchte. Manche gehen dann wortlos, andere ringen um Worte, wenige reichen einem die Hand. Das sind die, mit denen es gelingen kann.
Du schreibst, dass dir Begegnungen im echten Leben selten geworden sind. Welche Leben neben dem echten Leben gibt es denn bei dir, dass so etwas überhaupt möglich ist?