Also
ich bin einer der sogenannten "flexiblen Ossis", aufgewachsen in sachsen-Anhalte, seit 10J. in Niedersachsen lebend.
Mich nervt dieses polemische blabla von beiden Seiten.
Leider schaffen es die wenigsten Menschen zu diesem Thema sachlich zu bleiben, deswegen begrüße ich Postings wie die von ebba.
Es wurden viele Fehler beim Aufbau Ost gemacht. Aber wem ist das anzulasten, dem arbeitslosen Ostdeutschen, dessen einziger Fehler war nicht gegangen zu sein?
Das Überstülpen des Systems der alten Bundesländer scheiterte schlicht an den realen Gegebenheiten. Naivität und Unerfahrenheit paarten sich oft mit Küngelei und krimineller Energie.
Die Probleme beim Aufbau Ost mit Abschreibungsmöglichkeiten für die Klientel aus den superreichen Frankfurter, Hamburger und Münchener Vororten lösen zu wollen, musste scheitern. Dort wo früher die großen Quellen der Einkommenssteuer lagen, gingen plötzlich in den Finanzämtern die Lichter aus. Der Fiskus musste (und muss noch) sogar irrsinnig hohe Steuerrückzahlungen aus konstruierten Verlustzuweisungen zahlen. Verwendet wurde das Geld für unsinnige Immobilien, die heute zum Großteil leerstehen. Einer der Nebeneffekte war ein ungesundes Aufblähen der Bauwirtschaft, die danach völlig zusammenbrach. Bereits 1991 haben Experten vor diesen Entwicklungen gewarnt, fanden jedoch bei der Kohlregierung kein Gehör.
Seien wir ehrlich: der Westen war für das, was hier =Aufbau Ost= genannt wird, ebensowenig gerüstet wie der Osten. Hier wie da wurde nur über Geld geredet, wurde es für das einzig Notwendige gehalten.
Als Lafontaine (ich halte ihn heute für eine Witzfigur) davor warnte, den Osten der schieren Gewalt der DMark auszusetzen (inzwischen ist von der Wirtschaft im Osten nichts mehr übrig, aber noch immer gibt ihm keiner Recht), war das der erste Ansatz, der zweifelte, ob allein eine Unmenge Geld die erwünschten Effekte bewirken würden. Im Osten wurde Kohl gewählt (wenn die DM nicht zu uns kommt, kommen wir...) und weil es so einfach war, liess man die Sozialversicherungen das Konsumdefizit aufbringen. Der Osten verlor auch die letzten Reste seiner Wirtschaft und der Westen riskierte mit den investierten fünf bis zehn Prozent des NettoInlandProduktes seine Wettbewerbsfähigkeit.
m Osten war damit jede Generation über Vierzig zu Selbstmitleid, verurteilt und im Westen gab es Aufbaubezahler und Aufbaugewinnler, was der Akzeptanz des Prozesses den Todesstoss verpasste.
Der ganze Frust über diesen Prozess treibt die Leute auf die Straße nicht HarzIV, daß ist nur der Auslöser, den sich viele zunutze machen und die Presse hat auch ihren Anteil.
Es bringt allerdings nichts, darüber zu philosophieren, was falschgemacht wurde, wichtiger ist darüber nachzudenken, was man richtig machen könnte.
Momenten scheint es so, als sei es vollkommen egal, wieviel man noch hineinsteckt, spätere Generationen werden es erst leisten, das unbekümmerte Aufbauen um der Menschen willen. Die aktuellen Generationen reden von Gerechtigkeit, wo Sie ihre eigene Bequemlichkeit meinen. Solange selbst das Nötigste in Gesamtdeutschland blockiert wird (eine entscheidungsfähige politische Kultur, eine Regelung des Rentenproblems, Steuerrefoerm etc.), muss sich niemand wundern, wenn Stillstand für einen gehobenen politischen Status gehalten wird.
Statt gemeinsam endlich etwas dagegen zu unternehmen wird hüben wie drüben die Schuld der anderen Seite gegeben.
Wolkenschaf