lzcia_11852414Ein Viertel des Lebens
Hallo, ihr!
Hier ist ja schon eine rege Diskussion am Laufen und ich möchte mich da gar nicht richtig mit "reinhängen", weil ich gar nicht alles gelesen habe.
Ich habe aber vor kurzem ein sehr interessantes Buch zum Thema Zwangsheirat gelesen. Es trägt den Titel "Ein Viertel des Lebens" und stammt von der Autorin Zöhre Kurun. Ich selbst bin von dieser Thematik zwar nicht betroffen, interessiere mich aber trotzdem dafür.
Falls man jemanden kennt oder kennenlernt, der von diesem Schicksal betroffen ist, könnte man der Person vielleicht einen Hinweis auf das Buch geben, da es aufzeigt, wie eine betroffene Frau dieser Hölle entkommen ist.
Hier eine kurze Zusammenfassung, die ich geschrieben habe:
Angst. Ein Gefühl, das Zöhre Kurun nur allzu gut kennt. Sie ist die längste Zeit ihres Lebens ihr ständiger Begleiter gewesen, denn Zöhre ist Türkin und entstammt einer traditionell-konservativen Familie.
Zunächst verbringt Zöhre ihre Kindheit in Ostanatolien. Sie lebt bei ihrer Großmutter und führt ein glückliches Leben. Als diese stirbt, wird das Kind von seinem Vater zum Rest der Familie nach Deutschland geholt. Dort beginnen schon bald die Probleme, da Zöhre weder von ihrer Mutter noch von ihren vielen Geschwistern akzeptiert wird. Bis zu ihrer Zwangsverheiratung im Alter von 19 Jahren wird sie von ihrer Mutter und den Brüdern unterdrückt. Einzig von ihrem Vater erhält sie bis zu dessen Tod die nötige Zuneigung und Unterstützung, um weiterleben zu wollen.
Die Ehe mit dem ihr unbekannten Mann ist die Hölle, da die junge Frau unter ihm ebenfalls nichts als Angst, Gewalt und Missbrauch erfährt. Als sie schwanger wird, fasst Zöhre neuen Lebensmut und entscheidet sich einige Jahre nach der Geburt ihres gesunden Sohnes gegen ihren tyrannischen Ehemann und die zornige Familie und lässt sich trotz Todesdrohungen scheiden.
Zöhre Kurun bricht mit ihrem alten Leben und ergreift Initiative, um ihrem Sohn und sich selbst ein Leben in Freiheit und Furchtlosigkeit zu bieten. Langsam, aber gezielt kämpft sie sich ins ersehnte Leben, lernt Spaß zu haben und erfährt, was wahre Liebe bedeutet.
Heute lebt Zöhre Kurun gemeinsam mit ihrem Sohn in einer Stadt am Rhein, geht einer geregelten Tätigkeit nach, engagiert sich für Frauen, die ihr Schicksal teilen und genießt ihr Leben in Freiheit.
Besonders gut an diesem Werk ist die Feinfühligkeit mit der Zöhre Kurun ihre Geschichte erzählt. Trotz der Komplexität und Ernsthaftigkeit der Thematik der Zwangsehe und des Lebens einer jungen muslimischen Frau, beschreibt Zöhre ihre Lebensgeschichte offen und ehrlich, aber geht in ihren Erläuterungen dennoch nicht zu weit. Sie bewahrt sich einen Teil ihrer Privatsphäre, indem sie Tathergänge und Gefühle nicht ausschweifend erläutert.
Diese Intimität sei ihr gestattet, da diese Frau trotz aller Erlebnisse stark und bewundernswert ist.
Weniger gut an Ein Viertel des Lebens finde ich den etwas ungeradlinige Erzählstrang. Der Leser ist zum Teil ein wenig verwirrt, da einige Episoden mehrmals auftauchen und somit den roten Faden beim Rezipienten behindern. Dies mindert die Qualität des Buches jedoch nicht.
Alles in allem finde ich, dass Zöhre Kuruns Werk eine sehr empfehlenswerte Lektüre darstellt, vor allem für Frauen und Mädchen, die sich in einer ähnlichen Lage befinden. Es macht Mut und zeigt Möglichkeiten auf, an die Betroffene vielleicht nicht zu glauben wagen.
Falls euch das Buch gefällt, können wir gerne mal darüber reden.:-)