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samsonite Vor allem ist damit gemeint, dass die Beteiligten sich auf einen bestimmten Rahmen und in diesem Rahmen auf irgendwelche Rollen kaprizieren. Es gibt ja z.B. das Buch "Wir alle spielen Theater" des Sozialpsychologen Erwing Goffman. Dieses Buch beleuchtet, wie Menschen sich in der Interaktion selbst darstellen, um sich in Rollen, die sie in einer Interaktion innehaben, einzufinden.
Wenn ich es richtig verstehe, geht auch mit BDSM unweigerlich einher, dass die an der Interaktion Beteiligten in der Interaktion ihr Bewusstsein auf einen bestimmten Rahmen und auf ihre Rollen in diesem Rahmen fokussieren, was wiederum bedeutet, dass sie einen Teil ihrer Konzentration darauf richten (müssen), einer Rolle in einem Rahmen zu entsprechen. BDSM ist auch eine Form des Rollenspiels.
Es gibt aber Situationen, in denen ich gerne alles, was mit bewusster Steuerung meiner Selbstdarstellung und Konzentration darauf, einem Rahmen/einer Rolle in einem Rahmen zu entsprechen, zu tun hat, in den Hintergrund stelle, egal, ob das Spiel auf irgendeiner Skala als spielerisch oder als ernst einzustufen ist, und meine Selbstdarstellungsüberwachungsroutinen zurückfahre als einen wesentlichen Aspekt des Mich-Entspannens. Zum Beispiel wenn ich aus Paarungslaune Sex habe, dann möchte ich Lust beziehen aus dem Paarungsvorgang, aus dem mit diesem Vorgang verbundenen körperlichen und visuellen Input und der körperlichen Nähe. Ich hab dann keine Lust darauf, in der Interaktion ständig einen Teil meines Fokus darauf richten zu müssen, ob ich irgendeiner Rolle in irgendeinem Rahmen gerecht werde, z.B. devot genug oder dominant genug bin, oder bezogen auf andere Rahmen als den durch BDSM gesetzten, ob ich fromm genug oder konservativ genug oder freigeistig genug oder weltoffen genug oder politisch korrekt genug gesonnen bin, oder rational genug oder analytisch genug oder kreativ genug oder planvoll genug oder spontan genug bin oder was weiß ich. Es gibt Momente, in denen ich das alles hinter mir lassen und mich nur treiben lassen und die sich im Treibenlassen ergebende Interaktion und den beim Treibenlassen stattfindenden Input geniessen und meine Selbstdarstellungsüberwachungsroutinen zurückfahren will. Genau das könnte ich aber z.B. bei BDSM nicht, weil sich die Beteiligten da ja an Rollen halten sollen, ihre Rolle und damit den Rahmen also nicht aus dem Fokus verlieren sollen.
So gesehen war meine Formulierung "zu sehr den Fokus von dem ablenken würde, worauf es mir in der Interaktion ankommt" irreführend, denn es geht mir ja nicht darum, etwas in den Fokus zu nehmen, sondern darum, bezogen auf die Kategorie des Einnehmens von Rollen in Interaktionen die Fokussierungsroutinen stark zurückfahren/abschalten zu können und zu entspannen.