S
steinundwasser

  • 6. Juli 2023
  • Beitritt 13. Nov 2016
  • 4 Diskussionen
  • 534 Beiträge
  • 15 beste Antworten
  • sisteronthefly

    Sorry, dass ich mit meiner Antwort spät komme - es hat sich viel ereignet die letzten Tage:


    "Nur wie passt das mit Selbstliebe überein, wenn du doch das Gefühl hast, es bzw. sie könnte dir möglicherweise nicht gut tun."


    Zwei Dinge dazu: Zuerst einmal glaube ich nicht, dass es die perfekte Situation, den perfekten Partner gibt. Letztendlich ist jede Liebe, jede Partnerschaft ein Agreement wo es abzuwägen gilt, was man zum vielen Schönen bereit ist als Konsens, als Kompromiss zu akzeptieren. Im weiteren gibt es im Wesen jedes Menschen Muster und Glaubenssätze, bei denen eine gewisse Kompatibilität bestehen sollte, wenn zwei, die alleine eigentlich sehr glücklich sind, zu zweit Lebensfreude und Glück erleben, erfahren und vorallem mehren wollen. Fazit: Der Wille und Entschluss das Leben zu teilen, gemeinsam weiter zu gehen, sollte mit einem Gewinn an Lebensqualität, Lebensfreude, Lust und Sexualität einhergehen, mit dem Fundament sich stärkender Vertrautheit, Tiefgründigkeit und Loyalität, ohne dass dabei das individuelle Glück, die Authentizität des einzelnen zu stark beschränkt bzw. beschädigt wird.


    Das Gefühl, dass sie mir nicht gut tun könnte, besteht eigentlich nicht. Ich kenne aber ihre Angst, einerseits von einem Mann ausgebremst, andererseits von ihm nicht genügend getragen, geschützt und umsorgt zu werden.


    Beide sind wir übrigens keine erotischen Sozialfälle und spielen, wie in vielem Anderen, in derselbe Liega. Ihr ist aber bewusst, als Frau Potenzial und Möglichkeiten ausschöpfen zu können, die mir als Mann eher verwehrt bleiben. Zumal wir uns beide in einem Umfeld bewegen, wo auf relativ wenige Frauen sehr viele Männer und damit natürlich auch potenzielle Partner kommen. Ich spühre schon, dass ich bei ihr hinsichtlich äusserer Attraktivität nicht unbedingt erste Wahl bin, allerdings dürfte ihr auch bewusst sein, dass in ihrem Leben, wie sie es weiterhin, und gemeinsam mit einem Mann angehen möchte, ganz andere Qualitäten gefragt sind. Von denen sie sagt, dass ich sie mitbringe, von denen sie sagt, dass ich ihr Mut mache sie für sich in Anspruch zu nehmen. Wir sind doch komplett füreinander geschaffen, sagte sie neulich. Finde ich auch. Wieso also zögert sie?

    • schnuckweidev

      Die gute freundschaftliche Verbindung war es auf jeden Fall. Mit klaren Zeichen meinerseits, dass sich meine Gefühle verstärkt und verändert haben. Wenn ihr das tatsächlich ungenehm sein sollte, stellt sich mir natürlich die Frage, wieso sie keine klaren Grenzen zieht, sich zurückzieht, anders kommuniziert. Ich würde es tun im Willen, jemanden den ich mag nicht unnötig hinzuhalten oder falsche Hoffnungen zu machen.
      Hinsichtlich Gegenüber hast du wohl tatsächlich recht. Es erinnert mich auch daran, dass wir manchmal zu wissen glauben, wie sich jemand uns gegenüber zu verhalten hat und dabei übersehen, wie hilflos und überfordert die Person eigentlich ist. Schwierig, wenn sich diese Überforderung mit dem Deckmantel eines vermeintlich starken Selbstbewusstseins schützt.

    • sisteronthefly

      Danke für die gute Analyse. Die Nachfrage über mein eigenes Bindungsmuster überrascht mich natürlich nicht. Ich denke dazu, dass es immer Momente gibt, wo andere Muster hineingreifen, Bereiche, die nicht ganz geschärft sind. Als Unsicherheit sehe ich mein Verhalten nicht. Es ist wohl mehr der Erfahrung und Selbstliebe geschuldet, auszuschliessen, und in diesem Sinne tatsächlich zu vermeiden, was einem nicht gut tun könnte. Die Vergangenheit ist in unserer Kommunikation somit nicht ausgeklammert, sie ist aber ursächlich für eine gewisse Entzauberung durch sehr viel Wissen übereinander und voneinander. Bei aller Übereinstimmung, unsere Biografien und Alltage unterscheiden sich und es ist unklar, wo wir dem jeweils anderen seinen Platz einräumen würden. Das hängt sicher auch mit unseren sehr speziellen Leben zusammen, die nicht unbedingt dem Mainstream folgen und Berufe Berufungen sind. Wärend sich für mich dieses Leben als unabdingbar und stimmig präsentiert, ist es für sie möglicherweise ein Konzept der Flucht.
      In mir wohnt grundsätzlch ein Urvertrauen und Bewusstsein, der eigenen Intuition folgen zu dürfen. Ich tendiere zum Zulassen, im Sinne der Erfahrung. Basis sind mir ein Stück Erde, ein Stück Heimat, aus denen ich aufbreche, zu denen ich zurückkehre. Sie ist eher die Nomadin, ihre Heimat das Provisorische.
      Ob es mit uns Bestand haben könnte, ist für mich weniger die Frage. Es ist mehr, auf welcher Ebene. Und ob diese mit den eigenen Wünschen und Vorstellungen übereinstimmt. Für mich die klassische Ausgangsposition um zu sagen: Zulassen und ausprobieren. Sie denkt wohl eher, abwarten, vermutlich kommt noch was passenderes.

      • Sicherer Bindungstyp stösst auf unsicher vermeidenden Bindungstyp. Die Basis ist eine langjährige Freundschaft, die sich über die letzten Monate für den Schreibenden überraschend intensiviert hat (ging von ihr aus). Wichtig zu wissen: Es gab in der Vergangenheit Treffen zwischen uns (gemeinsame Abendessen, was trinken gehen), die ich freundschaftlich sah, von ihr möglicher Weise als Dates empfunden wurden. Meine Motivation: Eine wirklich aussergewöhnliche Frau, tiefgründig, mit identischen Interessen, somit nicht nur spannende Unterhaltung und Neugier auf diesen wunderbaren Menschen, sondern auch ein vorsichtiges Herantasten, ob sie an mir auch als Mann interessiert sein könnte. Da wir weit voneinander entfernt leben, das Kontakthalten auch hinsichtlich unserer unterschiedlichen Alltage nicht ganz einfach war und ich noch in einer Beziehung lebte, verloren wir uns aus den Augen. Nun seit diesem Frühling wieder intensiver Kontakt (erneut von ihr aus), tägliche Sprachnachrichten, sehr persönlich, sehr intim. Ich bin eigentlich keiner, der lange auf niedriger Flamme köchelt und gerne die Initiative ergreift. Und ich bin mir sicher, dass ich sie wirklich will, Lust auf sie habe, mich mit ihr eine Beziehung vorstellen kann. Doch dafür braucht es natürlich beide. Ihre Signale dazu sind sehr ambivalent. Dreimal haben wir uns in letzter Zeit persönlich getroffen und teils viel Zeit miteinander verbracht. Gefühlt super anregend, belebend, auch mit viel Spass, eigentlich auf einer Linie. Reden wir über uns und unsere Gefühle, weicht sie aber aus, überhört es, wechselt sie das Thema. Auf Berührungen reagiert sie nicht mit Rückzug, aber sie intensiviert auch nichts, sucht nicht nach mehr Nähe, manchmal verspätet dann doch eine Berührung, eine Hand auf meiner Schulter). Irritiert bin ich letztlich auch ab mir selber. Da steht plötzlich eine Frau vor mir, wie ich sie mir passender eigentlich nie hätte wünschen und erträumen könnte, doch auch ich zögere, verhalte mich vorsichtig. Und das hat mit meinen Beziehungserfahrungen und meiner jüngsten Vergangenheit zu tun, die mir vor Augen führte, wie sehr man sich auch in seinen Gefühlen, in seinen Intuitionen irren kann. Die Frau hat eine gute Ausstarhlung, ist sehr pur und taff und führt ein reflektiertes, selbstbestimmtes Leben als Langzeit-Single. Ihre Vergangenheit hingegen war nicht einfach, die Männer waren es auch nicht, und sie ist dabei, dies professionell aufzuarbeiten.
        Ich würde gerne ein ehrliches Gespräch mit ihr führen, auch auf das Risiko hin, mich in allem bei ihr geirrt zu haben und sie damit zu enttäuschen und zu vertreiben. Aber ich weiss auch, dass ein solches Gespräch so ziemlich das letzte ist, worauf sie bei einem Mann steht, der um sie wirbt. Somit habe ich definitiv auch keinen Bock, es unnötig zu vermasseln (ich will sie ja). Ich denke, dass sich Frauen hier im Forum in dieser Geschichte wiedererkennen. Wie würdet ihr euch in dieser Situation verhalten? Bzw. was würdet ihr von mir als Mann erwarten. Ich danke euch.

        • ich2022 hat auf diesen Beitrag geantwortet.
        • Meine Gedanken:


          Dein Freund.
          Klare Strukturen, an denen er sich festhalten konnte.
          Ein Weg, der vorgezeichnet war.
          Und vermutlich ein wenig zu wenig Selbstreflektion über all die vergangene Zeit hinweg.
          War er da wo er sein wollte, lief es für ihn in die richtige Richtung?


          Und dann bricht das alles ein. Es wird ungemütlich, bis hin zu Fragen rund um die eigene Existenzsicherung und Zukunft.
          Das verunsichert, das Selbstvertrauen geht verloren.
          Kann ich für einen Partner, für eine Partnerin noch da sein, reichen die Kräfte, die Energie, die Ressourcen?
          Manche Menschen flüchten in einer solchen Situation, auch aus Angst andere mit in den Strudel zu reissen, den Partner, die Partnerin zu belasten. Aber auch aus Angst, nicht mehr zu genügen, in den Augen des Gegenübers an Wert verloren zu haben.


          Männer mit klassischer Konditionierung, die immerzu funktionieren und den Kopf über Wasser zu halten haben, die davon ausgehen nur begehrt zu sein, wenn sie Leistung und Erfolg vorweisen können, gehen in solchen Momenten durch die Hölle.


          Dies meine Einschätzung zu deiner Situation.


          Bleibe erreichbar aber nicht verfügbar. Konzentriere dich auf dein eigens Leben oder das, was es ohne ihn (noch) gibt.
          Und achte darauf, was mit dir und deinen Gefühlen passiert in der nächsten Zeit. Vielleicht habt ihr eine zweite Chance, aber das Tal der Tränen hat er selbständig und eigenständig hinter sich zu lassen. Und somit auch eine mögliche Annäherung zurück zu dir. Er muss selber merken, was er mit dir verliert, verloren hat.


          Viel Glück euch beiden, auch wenn sich der gemeinsame Weg trennen sollte.

          • Wie erlebt ihr das und welche Gedanken gehen euch dazu durch den Kopf:
            Wo ich hinschaue und hinhöre, ein jeder und eine jede ist gerade damit beschäftigt, die grosse Liebe zu finden. Selbst überzeugte Singles sind dabei, ihre Prinzipien über Bord zu werfen. Damit, dass nach dem Ende der Pandemie die Lust und Bereitschaft sich wieder zu treffen und auszutauschen durch die Decke gehen, war zu rechnen. Eher erstaunlich ist aber, dass es nicht nur um Party geht, sondern um den ernsthaften und romantische Versuch, eine verbindliche, feste Beziehung einzugehen. Nun mag man einwenden, dass dies letztlich immer der Wunsch und das Fernziel im Kopf der meisten Menschen ist und war. Die Intensität, und letztlich auch die Kreise, die es gerade erwischt, lässt aber doch verwundert die Augen reiben. Sind die aktuellen Krisen die Ursache einer verbreitet aufkommenden Sehnsucht nach Sicherheit? Bauen wir gerade unser Leben um und ziehen uns in einen engsten Kreis zurück, den wir noch mit einem adretten Partner, einer adretten Partnerin zu schmücken versuchen?
            Wieso mich das Thema interessiert hat folgende Gründe. Mit einer gewissen Sorge betrachte ich die Zunahme reaktionärer Tendenzen, gerade auch bei jungen Erwachsenen. Was über Jahrzehnte hart erstritten wurde, steht plötzlich wieder zur Diskussion. In meinem privaten Umfeld erlebe ich gerade, wie äusserts selbstbewusste, erfolgreiche und reflektierte Frauen, die hervorragend alleine zu recht kamen, sich ausgerechnet jetzt für Partner und Beziehungen entscheiden, die ihre Eigenständigkeit bedrohen.

          • 123_mister

            Ich verstehe deine rationale Sicht auf ihr Verhalten. In der Praxis bist du aber mit einem Menschen konfrontiert, der sich an einem Tag bedürftig zeigt, anhänglich ist, umarmt werden will, und am anderen Tag vor Energie strotzt, alleine Bäume auszureissen vermag und niemanden nur ansatzweise in der Nähe erträgt. Dazwischen liegen unendlich viel Schattierungen und persönliche Ausprägungen. In diesem Zwiespalten leben und entscheiden wir alle tagtäglich. Und kriegen des öfteren natürlich auch recht ungemütliche Konsequenzen vorgesetzt.
            Noch zur Metapher mit dem Berg: In der Tat schnüren viele die Schuhe, sind beseelt davon, aufzubrechen, wollen dort hinauf. Aber dieser Weg ist wirklich lange und die einen verzagen schon beim Start, brechen nach wenigen Metern ab. Für die die mitwandern hat das wenigstens den Vorteil, dass auch sie sich nach geeigneteren Begleitern umsehen können. Partner auf selbem Level, ähnlicher Erfahrungsstufe.

          • 123_mister

            Dass es weh tut verstehe ich gut. In meiner Biographie habe ich ähnliches erlebt.
            Und wenn es dann noch um die Person geht, wo besonders viel passen würde, ist es besonders hart.


            Womit sie ein Problem hat, ist nun natürlich die Frage, und mir fallen einige unbequeme Dinge dazu ein:


            -Eine vorausgegangene Beziehung ist (emotional) noch nicht wirklich abgeschlossen.
            -Der Hunger, die Neugier auf eine neue Beziehung ist noch nicht wirklich gegeben.
            -Sie sucht Zeitvertreib, Ablenkung und spührt, dass sie dich und deine tieferen Gefühle missbrauchen würde.
            -Ihr wird allmählich bewusst, was sie will und braucht, und spührt, dass da einige Dinge mit dir nicht stimmen würden.
            -Du bist auf eine verhängnisvolle Weise ihrem Ex zu ähnlich oder zu unähnlich (klingt paradox, aber vom Guten hätte man ja gerne weiterhin und mehr und vom Unguten möglichst nichts mehr).
            -Sie spührt dass es freundschaftlich passen würde, nicht aber körperlich, sexuel.


            Im Bezug auf ihre vorausgegangene Beziehung gilt es für dich zu beachten, dass sie entweder noch still und leise trauert (insbesondere, wenn sie verlassen wurde) und darüber hinaus mit einem Vertrauensproblem kämpfen könnte. Oder aber, dass sie aus einer Position der Stärke und Unabhängigleit agiert (insbesondere, wenn sie die Verlassende war), kräftig an Selbstbewusstsein zugelegt und als Folge daraus ihre Ansprüche nun mal kräftig nach oben geschraubt hat.


            Nicht selten geht mit einer gescheiterten Beziehung der Wille einher, dass der nächste, dass die nächste dann aber perfekt sein muss - weil man dieses Drama, diese Fehlinvestition ja nicht wieder (und wieder) erleben möchte. Mit einem Neuanfang ist immer die Chance verbunden, dass nun endlich auch die Dinge erwidert werden (müssen), die zuvor keine Beachtung fanden.


            Alles richtig zu tun ist leider keine Garantie für den Erfolg.
            Ich würde den Ball, so schwierig es ist, möglichst flach halten.
            Wenn überhaupt, muss sie die Schritte auf dich zu gehen.
            Ev. hilft gemeinsame Zeit über gemeinsame Interessen, die Gefahr dort ist halt gross, in die Freundschaftsfalle zu geraten.


            Sorry, dir anderes schreiben zu dürfen wäre schöner.

          • Da schiebt dich jemand auf die lange Bank. Die Absicht dabei dürfte eindeutig sein: Sie möchte dein Interesse an Ihr aufrechterhalten, aber was wirklich ernstes ist es nicht. Sei es, weil es jemand anderen gibt, der ihr besser gefällt oder aber weil sie sich nicht wirklich binden will.
            Gut möglich, dass auch du es so richtig verbockt bzw. provoziert hast. Dass es über Wochen auf dem selben Niveau lief, ist wohl auch dir geschuldet. Also wundere dich nicht, wenn sie das möglicherweise als mangelndes Interesse interpretiert hat. Und es gibt halt Menschen mit klaren Vorstellungen wie etwas abzulaufen hat, die bei der Hand genommen und spüren wollen, dass der andere für sie brennt. Insbesondere, wenn man die Auswahl hat, mehrere Interessenten vor der Türe stehen. Vergiss nicht, dass viele Menschen auch ganz gut alleine zu recht kommen und trotzdem ne Menge Spass und Sex haben, weil beides nicht an eine Beziehung gebunden ist.
            Kontakt zu haben muss heute somit nicht bedeuten, dass es sofort auf eine Beziehung hinauslaufen muss. Da wäre es für dich jetzt gut zu wissen, ob ihr gleich oder unterschiedlich tickt. Immerhin dürftet ihr über so was gesprochen haben, auch wenn ihr euch über Wochen nicht so recht angenähert habt. Dieser Mangel an Annäherung dürfte das Fehlen bzw. Ausbleiben von Berührungen und körperlicher Nähe gewesen sein. Kein Wunder, dass da bei ihr nur der Kopf ja sagte und der Funke nicht richtig flog.
            Ist es möglich, dass auch du zu zögerlich, zu wenig mutig, zu wenig eindeutig unterwegs warst?

          • det92

            Chapeau zurück!


            Deine Generation - tja - welche Generation verkörpere ich eigentlich?
            Selber fühlte ich mich nie so richtig zu Hause bei den Meinesgleichen. Vorallem in ganz jungen Jahren nicht, da war meine Community wesentlich älter. Heute sind es meist jüngere Menschen, mit denen ich Zeit und Leben teile, da ich mich dort wesentlich besser verstanden und wohler fühle. So macht man sich seine Gedanken, schaut in die unterschiedlichsten Gruppen und Prozesse, und erkennt vielleicht auch, dass sich vieles verändert hat und vieles auch nicht.


            Müde lächeln kann ich nicht über mein Anfordeungsprofil von Anfang 20. Dem bin ich erstaunlich treu geblieben, vermutlich auch, weil es sehr breit bzw. nie besonders einengend war. Müde lächeln muss ich aber ab meiner damaligen Naivität und vorallem ab der monströsen Unwissenheit, mit der auch ich ins Abenteuer Erwachsener, ins Abenteuer Liebe und Beziehungen startete. Das ist mitunter sogar belustigend, aber ich erkenne heute natürlich, wieso ich frühere Beziehungen an die Wand fuhr und welche Partnerinnen dafür die optimalsten Voraussetzungen boten.


            Bei den "Stellenanzeigen" geht mir einfach durch den Kopf, dass wir verdammt unterschiedliche Launen haben, die sich auch auf unsere Prioritäten auswirken dürften. Etwas, was euch Frauen sicher bekannt vorkommT. Da gibt es die introvertierten Momente im Zyklus, wo ihr Vertrautheit und Fürsorglichkeit favorisiert, da gibt es die extrovertierten Momente, wo der Sinn auf Abenteuer und Risiko steht, und Momente mit den Farben und Schattierungen dazwischen. So etwas erlebt man bewusst oder weniger bewusst, die einen sanfter, die anderen heftiger.


            Ob man überhaupt - und wer mit wem zusammenkommt, ist somit auch immer ein biochemischer Prozess.

          • leni

            Ich glaube nicht, dass es ein Fehler ist Menschen zu daten, die unfassbar gut aussehen. Ein Fehler ist es, unfassbar gutes Aussehen mit unfassbar gutem Charakter zu verwechseln. Und unfassbar guten Charakter mit unfassbar guter Übereinstimmung.
            Wichtig ist auch zu sehen, dass man auf Menschen stösst, bei denen man fälschlicher Weise davon ausgeht, keine Chance zu haben oder auf Menschen stösst, bei denen man denkt, keine Chance haben zu wollen. Und weil man so denkt, handelt man danach und bekommt tatsächlich nichts.


            Du beschreibst dich selber als attraktiv und schön. Das ist natürlich enorm anziehend, erfordert aber auch Ressourcen und Souveränität. Da fallen einfach viele Männer weg und es verbleiben die, für die es ein Game ist. Ein Gamer brennt aber nicht wirklich für eine Frau, sondern auf das nächste Spiel.


            Womit ich gut gefahren bin, und du tönst es selber an, Tempo rausnehmen. Dass man selber wieder hinterher kommt und authentisch bleibt. Ja, und eine gewisse Beharrlichkeit hat mir auch nie geschadet. Allerdings würde mir heute diese Beharrlichkeit vielleicht auch zum Verhängnis. Denn ich habe stets auch über die Grenzen geschaut, das Limmit erkundet, mich nicht an den Mainstream gehalten und durchaus mal nachgehackt oder um eine Chance gebeten. Da stehst du als Mann natürlich sehr, sehr schnell auf sehr dünnem Eis.
            Und Hand aufs Herz, wirkliche Überzeugungsarbeit will ich als Mann bei einer Frau natürlich auch nicht leisten. Ein Eroberungskrieg? Ich verstehe jede Frau die wegrennen würde. Ein Nein ist bekanntlich ein Nein (!). Da muss also schon was kommen, ein Interesse, eine Neugier, eine Begeisterung, den Wunsch mehr in Erfahrung zu bringen, mal auszuprobieren.


            Ich bin kein Freund von Hollywood. Es gibt aber einen Film den ich für seine Schlüsselszene sehr schätze. In "Out of Africa" erobert der Grosswildjäger Denys Finch Hatton das Herz von Karen Blixen nicht mit seinen Taten, sondern der Fähigkeit, sich in ihre Geschichten denken und sie weitererzählen zu können. Und nebenbei, beide erweisen sich im Bezug aufeinander als äusserst beharrlich.

          • leni

            Ich bin voll einverstanden, mit dem was du schreibst. Lass mich einige Dinge aus persönlicher Sicht präzisieren, um den Blick möglicherweise noch etwas zu weiten (oder zu schärfen).
            "Wo" ist nicht "Wie". Offline, online, tatsächlich kann das egal sein und Freunde und Feinde verbegen sich in beiden Welten. Deshalb das "Wie". Und hier wiederhole ich mich, wenn ich an die hohe Inkompatibilität zufälliger Begegnungen erinnere. Der Schriftsteller Thomas Meyer schreibt dazu treffend: "Der Liebe ist nicht zu trauen, oder besser, man sollte sich nicht mit ihr begnügen. Man darf nicht glauben, magnetische Empfindung gegenüber jemandem, den man überhaupt nicht kennt, sei ein Garant für eine harmonische Zukunft mit ihm. Vielmehr sollten wir der zugegebenermassen unromantischen, aber entscheidenden Frage nach der Kompatibilität und dem Wohlbefinden die nötige Beachtung schenken; also den Partner oder den Menschen, von dem wir uns wünschen, dass er dazu wird, nicht nur danach beurteilen, wie attraktiv und interessant er auf uns wirkt, sondern auch danach, ob wir uns mit ihm verstehen, ob er also eine ähnliche Weltsicht hat und ähnlich reif ist, ob uns seine Nähe gesamthaft guttut."


            Was hat das alles mit dem "Wie" zu tun? Natürlich kann ich mich aus dem Moment begeistern und verführen lassen, natürlich kann ich an Liebe auf den ersten Blick glauben, und natürlich gibt es die äusserst erfolgreichen Beispiele, die dieses "richtige Verlieben und Lieben" untermauern - die Magie des ersten Augenblickes.
            Für wesentlich erfolgsversprechender halte ich das, was viele Therapeuten, Flirt- und Datingprofis, sogenannte "Zusammenführexperten" in Abrede oder als äusserst schwierig darstellen. Liebe die aus Freundschaft wächst. Da ist also zuerst der Mensch den man kennen und wertschätzen lernt, den man zu mögen beginnt, der über gemeinsame Zeit, Aktivitäten und Übereinstimmungen immer deutlicher auf dem Radar erscheint, bis er sich im Herz einbrennt und man ihn zu lieben beginnt. Unromantisch? Nur wenn man sich keine Zeit gibt, vor sich selber davon rennt oder keinen Plan hat.


            Du schreibst, dass du glaubst, dass es keine Grenzen mehr gebe. Meine Erfahrung ist gerade andersrum. Grenzen, Zäune und Mauern, ich sehe und erlebe sie überall, die Arbeit sie niederzureissen ist ohne Ende und manchmal wohl auch fraglich. Physisch wie psychisch stabilisieren wir uns mehrheitlich nur in einem geschützten Rahmen. Freiheit ist nur solange toll, wie man hinter sich einen Raum weiss, in den man sich im schlimmsten Falle zurückziehen kann. So ist der Weg ein kurzer zu "gleich zu gleich gesellt sich gerne". Das Gleiche erschliesst sich aber nicht über das Äussere, sondern über das Charakterliche. Anders gesagt: Punk und Klassik stehen nicht im Wiederspruch, die Abwesenheit von Musik wäre es.


            Und dann gibt es natürlich die berechtigte Sorge, zu sehr in der eigenen Welt, zu sehr in der eigenen Blase gefangen zu sein. Nicht an anderes herangeführt zu werden macht blind und intollerant. Das dürfte auch für den Sex, die Liebe, die Beziehungen und das Zusammenleben ganz allgemein gelten. Dazu habe ich über die letzten Tage ein wirklich spannendes, brandaktuelles Buch gelesen:
            "Die Schönheit der Differenz - Miteinander anders denken - von Autorin Hadija Haruna-Oelker, im btb Verlag.
            Im Leittext steht unter anderem "...indem wir einander Räume schaffen, Sprache finden, uns mit Offenheit begegnen und erfahren wollen, was uns bisher noch unbekannt ist."
            Das müsste man für sich unterstreichen, auf der Suche, auf dem Weg in eine Freundschaft, in eine Liebe, in eine Partnerschaft.

            • leni hat auf diesen Beitrag geantwortet.
            • det92

              Männer die in Vorleistung gehen und Frauen die ihre Gefühle, ihr Interesse erst später zeigen - nicht gerade eine seltene Situation, wie mir scheint, ja eher die Regel als die Ausnahme. Dass sich zwei über den Weg laufen, und sich bei beiden zeitgleich die selben Gefühle, das selbe Begehren, die selben Wünsche einstellen, halte ich für unrealsitisch. Es spurt immer jemand vor, es ist immer jemand weiter, mutiger, beharrlicher, optimistischer.
              In diesem Sinne ist/wäre Leni ja eigentlich normal unterwegs. Dumm nur, dass sie auf Männer steht, die glauben eine viel zu grosse Auswahl zu haben. Und ich fürchte, dass sich da auch ein allgemeiner Zeitgeist, sich nicht anstrengen zu wollen, negativ auswirkt. Mann und Frau sind heute fast alle mehrgleisig unterwegs, beim geringsten Wiederstand, bei der geringsten Unstimmigkeit wechselt man zur potenziellen Partnerin B, zum potenziellen Partner C.
              Es mag wiedersprüchlich klingen, passt aber wohl gut, wenn ich vermute, dass aus dieser letztlich konsumistischen Haltung heraus der Einzelne nicht wirklich spürt, was er haben will, was er für sich wirklich braucht. Man ist zu wenig bei sich selbst. Und das hat nichts mit überzogenen Ansprüchen, sondern eher mit dem Fehlen dieser zu tun. Wenn eigentlich jeder oder jede in Frage kommt (innerhalb einer bestimmten Community), hauptsache es fühlt sich locker und nicht schwierig an, habe ich doch selber keinen wirklichen Plan und dem Gegenüber keine Perspektive zu bieten! Langweiliger geht nicht!
              Richtiger weise hat jemand geschrieben, dass sich Partner nicht aus dem Baukasten zusammenstellen lassen. Das mögen einige bedauern, aber genau die, so vermute ich, wüssten auch gar nicht, wie sie sich ihre Partnerin zusammenbasteln wollten, so sie könnten.
              Ein weiterer Gedanke wäre, ob es in der (erfolglosen) Partnersuche möglicherweise auch um eine Leere bei uns Menschen geht, weil in der Beschaulichkeit unseres unaufgeregten Lebens letztlich alles überblickbar, geplant und durchgetacktet ist, es an Überraschungen, dem Ungeplanten, dem ganz anderen mangelt?


              An die Adresse von Leni: Männer die drann bleiben, sich festlegen, sind halt wirklich die, denen du möglicherweise unterstellst, dich auf ein Podest zu heben. Männer, die sich von deiner anfänglichen Distanziertheit nicht abschrecken lassen, weil du ihnen wirklich gefällst, und weil vielleicht all jenes, was du an dir (unnötigerweise) ändern möchtest, Anziehung und Begehren weckt. Auch ist die Erfahrung vieler Männer die, dass zuviel Enthusiasmus am Start die Frauen in die Flucht schlägt. Also wird Mann vorsichtig, gerade dann, wenn von der Frau zu Beginn auch eher wenig kommt.


              Leni, so scheint mir, ist weder Opfer noch Täterin, und den Therapeuten braucht nicht sie, sondern vermutlich die Gesellschaft, die Blase in der sie steckt. Unverbindlich und flexibel bleiben, sind die meist praktizierten Skills, Datingprofile gleichen Stellenanzeigen, ein gigantischer Marktplatz, wo auch gut Qualifizierte auf hundert Bewerbung keinen Job kriegen. Mit der Folge, dass heute Dreissigjährige herumeiern und pubertieren wie vor zwanzig Jahren die Zwanzigjährigen.

              • det92

                Ich glaube relativ schnell zu spüren, ob es sich lohnt "dran zu bleiben" und sich "darauf einzulassen". An Tagen und Wochen würde ich das nicht festmachen. Mehr an der Art und dem Ort der Begegnung, der Ausstrahlung des betreffenden Menschen, seiner Offenheit, seiner Breite, seinem Intellekt, seiner Authentizität.


                Natürlich geht es am Anfang weniger um Wissen als um Mutmassung. Wir haben immer Projektionen auf die anderen. Und erst die Zeit zeigt, ob sie zutreffen oder nicht. Aber es hindert mich nicht, mich auf jemanden zu fokussieren im Vertrauen, dass es für beide ein Gewinn sein wird.


                Was sicher hilft oder geholfen hat, ist, dass mir die Menschen die mich interessieren dort begegnen, wo ich mich selber aufhalte, wo ich lebe. Es gibt also eine frühe oder vorausgegangene Verbindung über das Tun und Sein, über gemeinsame Interessen und Werte. Das unterscheidet sich natürlich erheblich von einer zufälligen Begegnung mit einem Höchstrisko an Inkompatibilität.

                • leni hat auf diesen Beitrag geantwortet.
                • leni

                  Ich frage mich, ob es wirklich das fehlende "Dran bleiben" ist, oder nicht viel mehr das sich auf "etwas einlassen". Also den Mut etwas zu wagen, etwas auszuprobieren. Dazu passt die etwas abgedroschene aber wie ich meine eigentlich richtige Aussage: "Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer".


                  Dass es sich von Beginn weg nicht nur richtig anfühlen muss sondern schon alles perfekt sein sollte, dürfte als Anspruch der grösste Killer sein, einem Menschen emotional wirklich nahe zu kommen. In ständiger Erwartung, dass ein noch viel passenderer Partner kommen wird, bleiben wir nicht nur unverbindlich und tatenlos, wir schauen auch gar nicht mehr wirklich hin. Und übersehen natürlich die Chancen und das Potenzial bei all jenen, die vor uns stehen und verfügbar wären. Es mag unromatisch klingen, und um es noch zu verstärken: Dass zwei füreinander bestimmt sind, bedeutet noch lange nicht, dass sie es selber merken.


                  Ausgerechnet in Zeiten schier unendlicher Möglichkeiten fehlt uns die Kultur des Scheitern dürfens. Wo es doch im positiven Sinne ums Ausprobieren, ums Lernen gehen würde. Jetzt, wo wir endlich können, endlich dürfen! Womit ich meine, dass natürlich nicht nur die falschen Bücher und die falschen Filme und die falsche Sehnsucht nach echten und richtigen Gefühlen alles so verdammt schwierig macht. Noch nie waren wir so frei uns und die anderen ganz anders oder immer wieder neu denken zu dürfen. Das ist schön, aber ja, auch sehr, sehr anstrengend. Denn, was wollen wir, was die anderen? Sind verbindliche Beziehungen überhaupt noch taugliche, zukunftsgerichtete Modelle? Ist Liebe letztlich auch nur konsumistisch wie der Sex, so es nicht explizit um Reproduktion geht? Suchen wir für den nächsten Kick, die nächsten Jahre, das ganze Leben? Soll es eine Frau sein, ein Mann, gleich beide, oder gleich mehrere von beiden, oder all die Farben und Schattierungen dazwischen? Ist mein Gegenüber ein Universum, welches ich kennenlernen und schätzen möchte oder einfach eine Projektionsfläche, an der ich mich abreagiere? Ist es der freie Wille, oder die Abhängigkeit oder die Co-Abhängigkeit?


                  Ich habe mir etwas angewöhnt im Leben und im Umgang mit dem Kennenlernen. Da ist ein Mensch und da ist eine Geschichte mit ihm. Erkenne ich mich darin, fesselt sie mich, will ich wissen, wie sie weiter geht, so sage ich das. Und dass ich Teil dieser Geschichte werden möchte. Manche gehen dann wortlos, andere ringen um Worte, wenige reichen einem die Hand. Das sind die, mit denen es gelingen kann.


                  Du schreibst, dass dir Begegnungen im echten Leben selten geworden sind. Welche Leben neben dem echten Leben gibt es denn bei dir, dass so etwas überhaupt möglich ist?

                  • det92 und leni haben auf diesen Beitrag geantwortet.
                  • Ich finde die Frage und die Diskussion darüber interessant.
                    Vermutlich auch, weil mir die Dating-Kultur, und alles was uns dazu im gesellschaftlichen Kontext aktuell vorgeführt wird, irgendwie abschreckt. Ich gehöre in der Mitte des Lebens zu jenen Menschen, die ihre Partner noch im real-life kennen und lieben gelernt haben. Und anders würde es für mich bis heute nicht passen, obwohl ich durchaus ein sehr digitaler Mensch geworden bin und auch nie so richtig an die romantische, die wahre, die grosse Liebe geglaubt habe. Meine Rationalität würde also zu einem Katalog, zu einem möglichst frühen Selektionsverfahren passen. Und da ich notorisch zu wenig Zeit habe, auch für mich, würde ich mich von aussen wohl selber als idealer Probande für Speed-Dating betrachten.
                    Aber das sind natürlich alles Fehlanzeigen, weil es dann eben oftmals ganz anders kommt als man will oder für richtig sieht. Und ich meine, zum Glück ist das so.
                    Meine Kennenlernzeiten haben sich nicht selten über mehrere Monate, wenn nicht Jahre erstreckt. Ich stiess also auf Menschen, die mich von Beginn weg interessierten, aus welchen Gründen auch immer ein direkteres und näheres Kennenlernen aber nicht möglich war. Dennoch sah man sich immer mal wieder, erkannte Gemeinsamkeiten, unternahm was zusammen. Es entstand Intimität - und dann war da plötzlich der erste Kuss, der erste Sex, es rumpelte in beiden Häusern von der Dachkammer bis in den Keller, und augenreibend sah man, dass da nichts mehr war wie vorher.
                    Wieso ich damit gut gefahren bin: Im Moment wo Sex und Liebe dazukommen, kennt man sich bereits auf einer Ebene, wo man sich sicher sein kann, dass auch gemeinsame Interssen und Werte das Zusammenleben nicht über Masse strapazieren. Bildlich gesprochen ist da nicht am Anfang ein Feuer welches in sich zusammenfällt, sondern eine Glut, die langsam zum Feuer erwacht. In beiden Fällen gilt es natürlich Holz nachzulegen, so man sich weiterhin an der Wärme und dem Licht erfreuen will. Aber das ist, das wäre natürlich noch ein ganz anderes Thema hier.
                    Dass man sich in den Bedürfnissen nach Nähe und Distanz entsprechen sollte, halte ich für zentral und von Beginn weg wichtig. Die Grosszügigkeit am Anfang eines Begehrens, die uns auch über ganz offensichtlichen Mängel des anderen hinwegschauen lässt, rächt sich meist, sobald etwas Ruhe einkehrt, und man selber nicht allzu einfach und simpel durchs Leben hinkt. Denn da kommen sie daher, die Wünsche, die Projektionen, die eigenen Prägungen, der eigene Stallgeruch. Und zwar unbarmherzig.


                    Für mich selber gestalteten sich eher langsame Kennenlernenzeiten und alternative Wege in eine Paarbeziehung aber keineswegs "einfacher" oder "erfolgreicher". Denn es ist und war nie Teil einer Strategie, sondern die logische Konsequenz eines Lebens, wie ich es führe und gerne weiterhin für mich und einen engsten Familien- und Freundeskreis pflege.
                    Als selbständiger Unternehmer und überzeugter Freigeist unterscheidet sich alleine mein Alltag von dem anderer erheblich. Und Alltage (nicht nur) sollten sich ähnlich sein, wenn es mittel- bis langfristig gelingen soll.


                    Natürlich ist es schön und wichtig, beim Kennenlernen zu spüren, dass man den selben Humor teilt, die selbe Musik mag.
                    Und niemand wird ernstlich beim ersten langen Augenkontakt, nach dem ersten Kuss, dem ersten Sex schon über Kinder, Familie und Haus sprechen wollen. Aber es ist schon verdammt wichtig, möglichst früh die Karten auf den Tisch zu legen, wo man zu Kompromissen bereit wäre und wo nicht. Und alle, die (zu Teilen) auf einem eigenen Leben bestehen, und nicht einfach ein gemeinsames oder gar nur das des anderen wollen, haben von Beginn weg den Mund aufzumachen.


                    Übrigens, gelingende Beziehungen halte ich für einen Prozess. Und wie man das Kennenlernen gestaltet, ebenso. Die Chance im älter werden ist ja auch jene zurückblicken und aus Fehlern lernen zu dürfen.

                  • sunny1234

                    Deine Schwierigkeit ist herauszufinden und zu spüren, was du aus der alten Form der Beziehung und Liebe für dich behalten und mitnehmen kannst, wo ihr euren gemeinsamen Weg noch zusammen gehen könnt und wo jeder für sich und seinen Frieden alleine weiterziehen muss.
                    Aus der Distanz und als nicht Betroffener sagt es sich natürlich leicht: Aber der Kern einer jeden Liebe ist eigentlich immer, dem anderen die Freiheiten zu geben, damit dieser sein Leben authentisch und glücklich führen kann. Man unterstützt also die einem wirklich nahestehenden Menschen in ihren Entscheidungen, auch wenn dies zu einem Schnitt oder gar Bruch führen kann. Liebe ist nicht das Festhalten, das Klammern an der alten Wirklichkeit, die es so nicht mehr gibt bzw. geben wird.
                    Ich denke, und es ist auch meine Erfahrung, dass ihr schon eine Zukunft habt. Du verlierst den Mann, aber nicht den Menschen, wenn du das selber nicht ausdrücklich möchtest.

                  • wackelzahn21

                    Lieber Wackelzahn - sorry, dass ich mich über die letzten Tage aus der Disskusion rausnahm. Es hat sich einiges entwickelt hier. Und es ist definitiv spannend, was in deinem Konflikt alles mit hineinspielt. Ich denke, dass wir deine Geschichte nur unvollständig verstehen, wenn wir jetzt alles psychologisieren und an der Borderline-Situation von dir und deiner Freundin festmachen würden.
                    Ganz grundsätzlich stehen auch bei dir und deiner Freundin einander zwei Menschen gegenüber, die vordergründig so gar nicht zueinander passen. Die Frau, die vermutlih deutlich jünger ist, lässt es gerade gehörig krachen und irritiert damit natürlich den Mann, der bezogen auf ein traditionelles Rollenverständis mit der promiskuitiven Lebensweise seiner Freundin an den Anschlag gerät. Wir vergessen immer wieder, dass in diesem gigantischen Spiel letztlich die Frauen bestimmen, welchen Regeln sie folgen und auf wen sie sich in welcher Form einlassen. Es klingt reichlich abgehalftert, aber eine Frau die Sex will, hat (fast) immer Sex. Ein Mann der Sex will, hat (fast) nie Sex, ausser er bezahlt dafür. An der Seite einer promiskuitiven Frau eine verbindliche (monogame) Beziehung führen zu wollen, ist nicht nur aussichtslos sondern auch gehörig frustrierend, denn natürlich sind ihre Chancen und Möglichkeiten sich ausleben zu können und zu dürfen ungleich viel grösser, als bei einem Mann, der seine Beziehung nur deshalb öffnet, weil er sie sonst ganz verlieren würde.
                    Wackelzahn, lass mich raten (und ich verurteile dich nicht dafür), die Frau die du liebst ist mindestens eine Generation jünger als du, eure Alltage, eure Bedürfnisse sind eigentlich total verschieden und ihre Vermutung, dass du für sie tiefe Gefühle empfinden könntest, ist dem Umstand geschuldet, dass sie möglicherweise lange wirklich nicht verstand, was du von ihr wolltest, ausser (natürlich auch) Sex.
                    Das beste Mittel, eine Frau in die Flucht zu schlagen, ist mehr zu wollen als nur Sex. Dann ist es nämlich vorbei mit Spielchen und Verstecke spielen, es geht ans Eingemachte, an die Seelen. Und obwohl alle (oder zumindest die meisten) auch romantisch geliebt werden möchten, haben auch alle (oder zumindest die meisten) Angst davor. Sex ist immer das kleinere Problem, längst beliebig, austausch- und ersetzbar, sich nackt vor jemandem hinzustellen so viel leichter, als Einblicke in die eigenen Gefühle zu gewähren. Denn dort lauern die Abgründe, die Schwächen und die eigentlichen Verletzlichkeiten.

                    • wackelzahn21

                      Typisch, und von dir gut beschrieben, ist, dass sie niemanden wirklich emotional an sich heranlässt.
                      Das hat sie total verinnerlicht, weil ihre frühesten Bindungsmuster dahingehend destruktiv gewesen sein dürften, dass sie sich der Gefühle der anderenr (Familie) wohl nie richtig sicher war. Man vermeidet dann später auch im Erwachsenenalter zu viel Nähe, um nicht verletzt zu werden. Die Logik dahinter: Macht man sich keine Hoffnungen, verliebt oder liebt man sich nicht wirklich, kann man auch nicht enttäuscht, verlassen oder verletzt werden. Denn natürlich sind diese Narben da, wobei sie Aussenstehende meist besser sehen als die Betroffenen selber.
                      Das sie dich nicht mehr küssen mag beim Sex (es gibt ihn also noch) folgt natürlich genau diesem Schema. Im Gegensatz zu ihren Fuckbuddys weiss sie von dir, dass du mehr für sie empfindest. Das macht dich gefährlich für sie, weil sie dich nicht einfach wegwerfen kann. Auf gewisse Weise fühlt sie sich von dir auch entlarvt. Du schaust sie nicht einfach an, du blickst in sie hinein. Und du beschäftigst dich mit ihr, egal ob negativ oder positiv. Das ist für sie vermutlich komplett ungewohnt und lösst Wiederstand aus. Sie hat mit Sicherheit auch davor Angst, mit dir eigentlichen den "Richtigen" getroffen zu haben. Du bietest alles, was sie eigentlich bräuchte und insbesondere in früher Kindheit hätte haben sollen.
                      Bloss, und das ist das harte für dich, ihre psychische DNA hat sich verändert. Vertraut ist ihr, als richtig erkennt sie das Flüchtige, Unverbindliche. Und dort triggern sie natürlich all jene, die so funktionieren wie sie. Nicht nur gibt es viele davon, die erkennen sich meist auch sofort, können sich buchstäblich riechen. Und des Teufels Rad wird stets wieder von Neuem in Schwung gebracht. Das ist natürlich auch bequem. Es geht ja, sagen sich die Betroffenen, auch ohne Verbindlichkeiten, lästige Verpflichtungen und Abmachungen, das entspricht praktischer Weise auch dem Zeitgeist, das Ego ist für einen kurzen Moment gepuscht, die Ernüchterung, der nächste Tag noch weit entfernt.


                      Interessant aber nur logisch ist übrgens auch, dass ausgerechnet während Corona viele Erwachsene mit diesbezüglichen Problemen richtiggehend "aufgeflogen" sind. Viele sind gute Schauspieler, wirken stark, resolut und laut, haben aber ein miserables Selbstbewusstsein. Im normalen Alltag bietet der schnelle Puls der Welt Abwechslung, Flucht und Verstecke. Zurückgeworfen auf sich selber, die eigenen vier Wände, den Mikrokosmos Partnerschaft, bricht dann alles auf und oder eben zusammen.


                      Wow, Wackelzahn, was für ein Irrsinn. Denn du liebst diese Frau und möchtest ihr natürlich auch helfen, ihr letztlich genau dort Türen und Fenster öffnen wo sie es selber nicht kann oder nicht sieht. Ich muss dir leider sagen, dass man auch im normalen Leben und Austausch Menschen mit Empathie, Aufrichtigkeit und Liebe vertreiben kann.
                      Es ist vermutlich ein langer Weg, aber versuche dich dahingehend wichtig und ernst zu nehmen, dass du gut und wertvoll bist. Und du ganz fest eine Frau zur Seite brauchst, die das genau so sieht und dich wirklichen haben will.

                      • wackelzahn21

                        Lieber wackelzahn


                        Empathisch, sensibel, uneigennützig - so erlebe und sehe ich im Alltag auch eine gute Bekannte von mir. Das Beziehungsleben mit ihrem langjährigen Freund dürfte sie aber ähnlich gestalten wie du es mit deiner Freundin erlebst.


                        Ich selber bin dahingehend relativ naiv in die Welt geboren, dass mir die Idee, jemand könnte krank sein, in partnerschaftlichen Konflikten eigentlich nie gekommen ist. Das hat sich in den letzten Jahren dramatisch geändert, weil ich mich auch beruflich damit verstärkt auseinanderzusetzen habe und unabhängig davon an der Ambivalenz zweier Frauen völlig auflief, bevor ich gemerkt habe, wie krank und letztlich auch hilflos diese waren (und bis heute sind). Krankheit sehe ich in diesem Zusammenhang nicht als primär negatives Stigma, aber durchaus als ein Befund, der dringend behandelt und therapiert werden müsste.
                        Eigentlich seid ihr beide zwei ziemlich hoffnungslose Fälle. Als Borderliner hast du dir eine Partnerin zur Seite genommen, die definitiv ähnliche Merkmale in ihrem Bindungsverhalten aufweist wie du. Ob sie selber auch Borderlinerin ist, an ADHS leidet oder eine bipolare Störung zu Grunde liegt, auf jeden Fall wäre der Weg hin zu einer Diagnose und in eine Therapie für deine Freundin sinnvoll und richtig. Auch wenn man das Verhalten von Menschen, Verletzungen die sie anderen zufügen nicht entschuldigen kann und muss, wäre es hilfreich zu wissen, was die Motivation diesbezüglichen Verhaltens ist. Zumindets in der Familie, in der Partnerschaft nimmt es gehörig Druck raus, wenn unmittelbar Betroffene wissen, dass jemand etwas tut, weil er/sie es gar nicht anders kann (und vielleicht auch nie tun können wird).


                        Lass mich raten: Ihr Hund dürfte der wichtigste Bezugspunkt sein in ihrem Leben, der einzige richtige und wahre Freund, von dem sie nie enttäuscht werden wird, dessen Liebe bedingungslos ist? Ja und dann, knapp dahinter, stehst irgendwo du, nicht nur als letztlich ebenso bindungsvermeidender Freund, sondern auch als Feind, weil du den Mann repräsentierst, zu dem ihr die positiven Vorbilder und Erfahrungen aus ganz frühen Zeiten gänzlich fehlen.
                        Das ist extrem selbstzerstörerisch - und ihr findet euch in einer gegenseitigen Abhängigkeit, wo ihr euch deshalb spürt, weil es weh tut.


                        Das ganze Schlachtfeld ist vordergründig der Sex, unausgelebte Triebe, und im Wesen vieler betroffener Menschen steht die Recherche, die Suche nach dem wahren ich, um zu benennen und auch um zu entschuldigen, wieso man ist wie man ist. Absolut verständlich alles, und damit natürlich auch die eigentliche Bedeutungslosigkeit von diesem Sex, der das Wesen einer Suchterkrankung in sich trägt und die Protagonisten in nichts mehr bestärkt als im Alleinsein.
                        Aber natürlich verletzt das enorm, nur noch für die "Liebe" erwünscht und ertragen zu werden, während die körperliche Lust und Begierde auf andere Körper ausgelagert wird. Und weil wir uns vergleichen, nicht hinten anstehen sondern von dem Menschen den wir lieben auf ein Podest gehoben werden wollen, ist das unsäglich kränkend.


                        Es greift zu kurz, wenn man jetzt promiskuitiv lebende Menschen in die Nähe einer psychischen Erkrankung rücken wollte. Es steht jeder und jedem ganz allgemein zu, so zu leben wie man es für richtig hält. Dazu gehört auch, dass man sich verändert und Dinge nicht nur anders sieht sondern neue Erfahrungen auch wirklich anstrebt und erleben will. Bloss sollte man sein engster Kreis darüber informieren und den Mut haben Beziehungen und die Komfortzone aufzulösen, wenn der Rahmen für den oder die anderen nicht mehr stimmt.


                        Es bleiben, so sehe ich das, viel zu viele Menschen zusammen, aus blosser Bequemlichkeit obwohl es falsch ist.
                        Und es wagen es viel zu viele Menschen nicht miteinander, weil es anstrengend aber richtig sein könnte.
                        Verliebtheit, Liebe, Beziehungen, Sex - nichts davon ist simpel oder verdient es als simpel gesehen und gehandhabt zu werden.


                        Meine Bekannte übrigens, darauf angesprochen, wieso sie an ihrem Freund festhalte, obwohl sie sexuell so rein gar nichts mehr mit ihm teile und Sex mit anderen Männern geradezu provoziere, gab zur Antwort, dass sie gute Gespräche mit ihm teile und jemanden brauche, zu dem sie im schlimmsten Falle zurück, nach Hause heimkehren könne.


                        Wakelzahn, ich kann mir nicht vorstellen, dass dir eine um Qualitäten bessere Beziehung, eine ehrlichere Liebe und der bessere Sex mit einer anderen Frau nicht gelingen sollte. Trenn dich!