Optimistisch, wie ich nun mal bin, fällt es mir schwer, zu glauben, dass dieses Video kein Fake ist.
Wenn eine Institution meint, es sei eine gute Idee, mit solchen Videos um Studienanfänger/innen zu werben, dann würde ich dort nicht studieren. Denn dann ist diese Institution so heruntergekommen, dass sie auch schon Leute anwerben will, die sich durch so etwas ködern lassen.
Die behaupten ja nicht mal, dass man bei ihnen eine gute Chemikerin/ein guter Chemiker wird, geschweige denn wirklich sozialkompetent und leistungsfähig und arbeitsfähig wird und das Bewusstsein weiterentwickeln kann.
Die Beine der jungen Dame will ich jetzt nicht schlechtreden, aber in langen Hosen - da bin ich zuversichtlich - wäre sie dieses architektonische Highlight von Treppe, das man wohl unbedingt genauso einmal in seinem Leben hochgestiegen sein muss, wie die Spanische Treppe in Rom, und das sicherlich viel mit Chemiestudium zu tun hat, auch hochgekommen.
Vielleicht wollen sie ja suggerieren, dass Frauen in Regensburg nur Bein zeigen müssen, um locker flockig durchs Studium zu kommen. "To be the pilot of your life" heißt für Studienplatzanwärterinnen anscheinend, Bein zu zeigen und Sonnenbrille mit Spiegelgläsern und ein Top, das an Bauchfreiheit erinnert, zu tragen. Das könnte man schon als diskriminierend empfinden. Aber nicht jede Diskriminierung ist auch Sexismus. Dass sie emanzipiert zeigen, wie ein Mädchen anscheinend das Flugzeug fliegt, reißt es auch nicht mehr heraus.
Vielleicht wollen sie ja suggerieren, dass man bei den Universitätschemiker/inne/n in Regensburg in sommerlicher Atmosphäre Beine von jungen Damen anschauen kann. So richtig schön und easy. Man muss da nicht Leistung bringen und sozialkompetent sein und Anforderungen und Strenge gerecht werden, sondern es reicht, sich sommerlich zu fühlen. Und man ist von schönen IT-Spielsachen umgeben, die anregend wirken sollen.
Das Saxophon am Anfang und zwischendurch wirkt schmierig. Die eingeblendeten Kopfhörer im Flugzeug sind Schleichwerbung für Bose. Hatten die Regensburger anders nicht genug Geld für den Videodreh?
Das Video ist schon mehr Effekthascherei denn sachliche Information. Es soll wohl auch auf Ebenen ansprechen, derer man sich nicht unbedingt immer gleich bewusst ist. Ich sehe den Versuch, über die Freude am Schauen zu manipulieren. Das könnte auf eine fragwürdige Einstellung gegenüber denen und auf Zweifel an der Intelligenz derer hindeuten, die man so manipulieren möchte. Aber wie heißt es so schön: Sex sells.
Das Video hat einen amateurhaft-dilettantischen Charme, als ob die Kinder der Mittelstufen-Video-AG einer Schule zugange gewesen wären. Nur, dass die vielleicht keinen Rundflug im Kleinflugzeug stemmen könnten. Die Jungs auf dem Video lommeln herum anstatt gerade zu stehen/aufrecht zu sitzen und das alles wirkt auf mich eher wie Kindergarten. Das Englisch des Dozenten am Anfang der ersten Minute ist gruselig und es hat den Anschein, dass er seine Coolheit nur vorspielt. Er wirkt auf mich auch nicht wie eine von sich selbst überzeugte in sich selbst ruhende Führungspersönlichkeit, sondern eher wie jemand, der sich vor den Studierenden in seiner Haut nicht wohl fühlt.
Aber im Moment fällt es mir schwer, das Video als direkt sexistisch einzuordnen:
Bei diesem Vido sehe ich zwar schicke Beine, obwohl es nicht wirklich nötig ist, aber ich sehe nicht, dass propagiert wird, die Geschlechtszugehörigkeit/Geschlechtsidentität als Kriterium der Bewertung der Rechtsgüter von Menschen aufzufassen und/oder zu einem Kriterum zu machen für das Zugestehen/Auferlegen/Verweigern von Rollen in der Gesellschaft und/oder von Rechten und/oder von Pflichten.
Sexismus bedeutet, derartiges zu propagieren und/oder zu praktizieren.
Vielleicht wollen sie in Regensburg das Chemiestudium als Männerdomäne erhalten und Frauen mithilfe solcher Videos, in denen Frauen in der Rolle eines langhaarigen Beinzeig-Objektes fungieren, davon abschrecken, dort zu studieren.
Frauen die Rolle der Chemistudierenden wegen ihres Geschlechts verweigern zu wollen, wäre Sexismus.
Frauen wegen ihres Frauseins die Rolle des Beinzeig-Objekts aufzuerlegen, wäre Sexismus, aber dem Video sehe ich nicht an, inwieweit man der jungen Dame diese Rolle auferlegt und inwieweit sie sie gerne übernommen hat.