Anders als erwartet
Hallo Rihaz!
Ich hätte immer gedacht, dass ich vor Wut schäumen und ihn rauswerfen würde, aber es kam ganz anders:
Rausgekommen ist es dadurch, dass ich ihn auf Anregung einer Freundin hin, direkt gefragt habe, ob er fremdgeht, was er dann auch zugab.
Im ersten Moment stand ich irgendwie unter Schock. Ich hörte was wir sprachen, aber es kam nicht wirklich bei mir an. Die Szene spielte sich in einem Restaurant ab. Wir sind dann nach Hause gefahren und mir liefen stumme Tränen literweise übers Gesicht. Da meine Tochter das Ganze nicht mitkriegen sollte, schnappte ich mir den Hund, sagte ihr Gute Nacht und bin erstmal raus. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass mein Mann Kaminholz einlegte.
Ich habe dann mit meiner Freundin telefoniert, die unbedingt wollte, dass ich zu ihr komme, aber das schien mir nicht richtig. Ich verstand das Signal meines Mannes (Kaminfeuer) und wusste, dass es wichtig ist, dass ich zu ihm gehe.
Wir haben also geredet und er, der sich schwer tut sowas zu zeigen, hat sehr geweint, weil er tierisch darunter gelitten hat, mich 8 Monate angelogen und betrogen zu haben und ihm wohl auch klar war, dass er nun Stellung beziehen muss. I c h habe i h n an diesem Abend getröstet, gestreichelt und ihm die Tränen weggeküsst. Er tat mir unendlich leid. Ich liebe ihn und ich kann ihn nicht so leiden sehen. Jedenfalls hatte das zur Folge, dass zwischen uns eine große Nähe entstand. So nahe waren wir uns seit Jahren nicht mehr.
Die folgenden Tage erlebte ich wie duch Watte. Ich wusste nicht, ob er sich für sie oder für mich entscheidet, wenn er sich drei Tage später mit ihr treffen würde. Ich weiß noch, dass ich dachte: Umbringen brauche ich mich nicht - das Sterben geht ganz von allein. Ich hatte große Probleme zu atmen, als würde ich in einem zu eng geschnürten Korsett stecken, Durchfall, Appetitlosigkeit usw. Alle klassischen Begleiterscheiungen von tiefer Trauer.
Abends saßen wir und redeten und ich musste einsehen, dass ich viele Fehler gemacht habe. (Wobei ich im Unterschied zu "damals" heute weiß, sein Fehler war, sich nicht eindringlicher mit mir auseinanderzusetzen sondern sich auf diese Frau einzulassen.)
Wut? Nein, die habe ich höchst selten empfunden. Es war eine unglaubliche Traurigkeit in mir. Ich wollte ihn halten und wusste, das kann nur klappen, wenn ich mich ihm sehr offen und sehr ehrlich zeige. Ich habe mich dadurch sehr verletzbar gemacht, aber er ist damit höchst behutsam umgegangen.
Ich habe auch unsere Tochter außen vor gelassen, denn ich wollte, dass er wegen mir bleibt, nicht aus einer Verpflichtung seiner Tochter gegenüber.
Schlimm war der Moment, als er von dem Treffen mit ihr kam und mir erzählte, dass sie beide ihre Beziehung beendet haben und sich die vermutete Erleichterung nicht einstellen wollte. Ich sah die Traurigkeit in seinem Gesicht....
Ach und nochwas: Ich habe "Sie" anfangs zu verdrängen versucht, wollte nichts von ihr wissen. Aber nach und nach habe ich mir häppchenweise Informationen über sie geholt (von meinem Mann / Internet), mir Fotos von ihr angeschaut. Als die Beiden sich trennten, empfand ich auch für sie sehr viel Mitgefühl. Sie hat ihm drei wochen später eine SMS geschickt, dass sie auf ihn warten würde usw., sie leidet wohl sehr. Aber sie ist auch verheiratet und ich hoffe, sie schafft es, in ihrem Leben etwas zu verändern, so wie wir es auch geschafft haben.
Aus der Distanz heraus denke ich, intuitiv genau richtig reagiert zu haben - fur uns. Hätte ich rausgeworfen oder wäre zu meiner Freundin gefahren, hätten wir diese Nähe nicht spüren können, die soooo wichtig war!
Viele Grüße
Vertraut