Unfassbar, dass ich jetzt wirklich bald alleinerziehen sein könnte. Wenn mir das jemand vor einem Jahr prophezeit hätte, hätte ich bloß gelacht.
Es fing alles im Sommer an. Wir sind in eine größere Wohnung gezogen. Mein Freund hat mit seinen Freunden den Umzug gemacht und das war´s. Das Datum fiel zusammen mit der Zeit, zu der er mit Bekannten in die Selbstständigkeit gegangen ist. Er arbeitet werktags von 8-15/16 Uhr im Angstelltenverhältnis und jetzt zusätzlich noch von Mi-So von 20-0 Uhr und an den Wochendenden sogar länger. Ich stand also mit dem Rest (Möbel rücken, neue Möbel aufbauen, alles auspacken und einräumen usw) also alleine da. Nebenbei habe ich noch die Eingewöhnung mit unserem 3jährigen alleine gemacht.
Mir ging schon immer so einiges auf die Nerven. Über die Jahre hat er immer weniger im Haushalt gemacht, sich immer weniger für unseren Sohn verpflichtet gefühlt, immer weniger Geld in die Haushaltskasse eingezahlt.
Seit Juli 2016 macht er nichts mehr. Ich mache alles alleine und kann nicht mehr. Ich bin ständig krank, dauergestresst. Ich arbeite 6 Stunden am Tag. Wir haben kein Auto, was mich physisch sehr belastet, da ich alle Einkäufe alleine und zu Fuß mit meinem Lütten machen muss.
Mittlerweile muss ich mich rechtfertigen und mit meinem Freund streiten, weil ich ihm nicht mehr hinterherräumen kann und will. Ich habe manchmal wirklich das Gefühl, dass er glaubt, unsere Wohnung sei ein Hotel. In dem Land, aus dem er stammt, mag so ein Benehmen als Mann üblich bzw. geduldet sein, allerdings sollte ihm nach 5 Jahren klar sein, dass das mit mir nicht funktionieren wird. Ich könnte noch Stunden so weiter machen...
Wie dem auch sei: Ich habe die Notbremse gezogen. Zuerst war er total empört. Auslöser war dass ich ihm gesagt habe, dass ich nicht dafür zuständig bin, dass er nachmittags eine warme Mahlzeit auf dem Tisch hat. Vor allem nicht, da ich ansonsten alles alleine mache. Er soll sich dann doch Bitteschön um sich selbst kümmern und sich nicht beschweren, wenn ich auswärts gegessen habe und mich nicht extra nur für ihn an den Herd stelle. Er hat darauf hin seine Sachen gepackt und wollte sofort ausziehen. Ich hätte ihn gelassen.
Dann hat er sich besonnen und vorgeschlagen, dass ich eine Liste schreibe, mit Dingen, die ich von ihm/unserer Beziehung erwarte. Die Liste hat er bekommen. Ich glaube nicht, dass es etwas nützen wird, heute gab es schon wieder wegen dem Üblichen Streit. Er sagt immer, dass bald alles besser wird. Aber das sagt er schon lange.
Der Gedanke daran, bald ohne ihn zu leben erleichtert mich und macht mir gleichzeitig große Angst. Wenigstens hat er mir ein bisschen Geld gegeben und wenigstens auf unseren Sohn aufgepasst, wenn ich mal zum Arzt musste. Das fällt dann weg. Dann bin ich ganz alleine. Bestimmt ist es ganz anders, wenn niemand mehr nachts zu einem ins Bett kommt und in den Arm nimmt. Wenn man keinen Partner mehr hat, der zumindest ab und zu da war. Keinen Sex mehr. Keine Zuneigung. Keine Zärtlichkeit. Ich frage mich, ob man heutzutage in einer Großstadt wie meiner noch eine Chance hat, einen tollen Mann für eine ernste Beziehung kennen zu lernen, der auch mein Kind lieben kann. Ich frage mich, ob ich das Recht habe, das meinem Kind anzutun. Auch er hat nicht viel von seinem Vater, aber er hat die Gewissheit, dass er da ist. Ich bin kein Mensch, der gern allein ist und gut allein sein kann. Wie kann ich mich ablenken? Wie kann ich meinem Kind helfen, das zu verarbeiten, wenn es so weit kommt?
LG