Muss jetzt mal so ein paar Gedanken von mir mal Luft machen:
Ausschlaggebend sind die Dauer-Nerv-Postings von "prinzessinlee" und der Lebenswandel eines Freundes von mir.
Ich habe das Gefühl, dass es uns in diesem Land mit seinem Sozialsystem anscheinend noch viel zu gut geht. Meine Kritik richtet sich nicht an Menschen mittleren Alters, die arbeitslos werden und aufgrund ihres Alters Schwierigkeiten haben, wieder in den Arbeitsmarkt reinzukommen. Auch nicht gegen die alleinstehende Mutter, die finanzieller Unterstützung bedarf.
Nehmen wir also diesen Freund von mir: er ist fast 24 Jahre alt und hat seit mindestens 4 Jahren nicht mehr richtig gearbeitet. Er bezieht Sozialhilfe nach Hartz IV und Kindergeld. Und ich kriege die absolute Krise, wenn er darüber meckert, dass "der Euro ja nichts mehr wert sei". Ja, was erwartet er denn, was er sich von dem Geld leisten können müsste?! Wieso hat er ein Handy, eine Wohnung, einen Fernseher? Bestellt sich regelmäßig komische Dinge aus dem Fernsehen wie Stepper oder Cremes, von denen er meint er bräuchte die.
Er geht regelmässig auswärts essen und jammert darüber, dass das Geld manchmal nicht für's Ausgehen am Wochenende reicht. Letzlich hat er bei mir über's Internet neue Schuhe für 114 bestellt(?!)
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Er ist schon so daran gewöhnt, seine Sozialhilfe zu beziehen, dass er die als eine Art "Einkommen" betrachtet. Er redet davon, er hätte "Bedürfnisse", klar, wenn man den ganzen Tag von Fernsehen und Werbung beeinflusst wird... und völlig den Bezug zu seiner Situation und zur Realität verloren hat..
Ich frage micht, ob es da einen Unterschied zwischen Städtern und Dörflern gibt.
Ich bin auf dem Dorf groß geworden.. Als bei uns damals das Geld knapp wurde, ist meine Mutter putzen gegangen. Mein Vater hat neben seinem Krankenpflegejobs noch nebenbei Rechner zusammengeschraubt um unseren Lebensunterhalt zu sichern. Eine lange Zeit lang waren meine Eltern selbstständig.. Sie haben sich um den Unterhalt selbst gekümmert. Ich wusste nicht einmal, dass es das Sozialamt gibt. Geschweige denn wäre ich auf die Idee gekommen, dass der Staat irgendwie für unseren Unterhalt aufkommen muss.
Wenn ich als Kind Geld brauchte, bin ich samstags Zeitungen austragen gegangen und habe sonntags meinen Krempel auf dem Flohmarkt verkauft, um mein Taschengeld aufzubessern. Zudem hab ich noch Botengänge erledigt, für die es auch ein Trinkgeld gab.
Als ich später bei meinem Freund wohnte und plötzlich das Gehalt seines Nebenjobs neben dem Studium ausblieb, dann hatten wir halt keine Kohle und es gab auch eine Zeit, wo wir uns größtenteils von Aldi-Miracoli ernährt haben, weil das nur 59 Pfennig kostete. Mehr war einfach nicht drin und wir waren froh, dass wir satt wurden. Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen über's Ausgehen am Wochenende nachzudenken. Als ich dann 16 war hab ich angefangen neben der Schule im Supermarkt Regale einzuräumen und mit 18 gekellnert.
Soll heissen, wenn ich Geld brauchte, habe ich überlegt, wie ich mich irgendwie "verdingen" kann und nicht, zu welchem Amt ich rennen muss.
Und dann hab ich auch sofort was gefunden. Ich hatte ja auch den Druck. Denn wenn ich mich nicht drum gekümmert habe, hatte ich im extremsten Falle nichts zu Essen bzw. musste Freunde oder Familie bitten, mir in der Not zu helfen. Aber das war wirklich nur für den Notfall!
Arbeitslose heutzutage (siehe dieser Freund) kennen ja diesen Druck gar nicht mehr. Er lässt sogar jeden Monat 50 auf ein Sparbuch gehen, damit er im Sommer evt. nach Ibiza fliegen kann.
Ja wo gibt's denn sowas? Da fehlt irgendwie völlig der Zusammenhang zwischen "Geld" und "Leistung".
Es ist schon traurig, dass eine Verkäuferin kaum mehr Geld zur Verfügung hat, als ein Sozialhilfeempfänger. Ich möchte jetzt nicht darüber diskutieren, ob eine Verkäuferin viel zu wenig Geld verdient, es geht einfach darum, dass das der richtige Weg ist, denn sie leistet(!) was für ihr Geld. Es ist schon schade, dass es kaum mehr ist, als das was jemand hat, der gar nichts tut. Aber es ist ihr Geld, und nicht ein Almosen! Und das man für's Nichtstun fast das gleiche bekommt, rechfertigt das Nichtstun nicht!
Und da drängt sich mir der Gedanke auf, dass es uns viel zu gut geht, wenn man so eine Einstellung haben kann.
Okay.. dieser Freund sagt ja, er will ja arbeiten.. aber damit ist es nicht getan. Die Arbeitssuche wird dann gern auf morgen verschoben, oder auf den nächsten Mittwoch, weil diesmal nicht "das Richtige" in den Stellenanzeigen war und so ziehen die Wochen ins Land. Und diese Bequemlichkeit kann er sich ja nur erlauben, weil er sein Geld vom Staat bekommt.
Ich hab damals kein Geld bekommen und hatte noch am gleichen Tag Arbeit, weil ich das Geld brauchte(!).
Oder Beispiel meine Schwester: Sie studiert, und das ziemlich erfolgreich. Hat aber nebenbei noch bis zu 3 Nebenjobs. Klar, sie bekommt Bafög, aber das muss sie ja auch zurückzahlen. Und wenn sie sog. "Bedürfnisse" hat, wie einen DVD-Player oder eine neue Bettdecke, dann muss sie halt auf Geburtstage und Weihnachten warten. Oder Extra-Schichten schieben. Und auch sie hat manches Wochenende einfach keine Kohle um auszugehen.. Und das ist dann eben so. Da muss man Prioriäten setzen, man kann nunmal nicht alles auf einmal haben.
Wie kann es sein, dass es jemanden, der sich teilweise 18 Stunden am Tag den A... aufreisst, schlechter gestellt ist, als ein Sozialhilfeempfänger? Ihr wird nämlich nichts geschenkt.
Ich denke, dass dieser Freund von mir zwar ein Extrem-Beispiel ist, aber doch bezeichnend für die Bequemlichkeit so mancher (gerade junger!) Arbeitslose.
Und ich glaube, dass diese Mentalität bei Stadtmenschen wesentlich stärker ist als auf dem Dorf. Ersteinmal hat man die ganzen Ämter direkt am Platz, hat jede Menge Möglichkeiten zum Ablenken und zum Zeitvertreib und gleichzeitig ist man wesentlich stärker dem "Konsumieren" ausgeliefert.
Vielleicht war es früher auch einfach anders...
Lag es am Dorf, dass da noch eher der Bezug zwischen Leistung und Geld bestand, dass es nicht so konsum- und wegwerf-geprägt war (technischer Schnickschnack, Mode/Markenklamotten, Dienstleistungen wie Friseur, Kosmetikerin etc.) oder ist das einfach eine Sache der Zeit und läuft auf dem Lande inzwischen ebenso?
Was meint ihr dazu?
LG
Endymia