hailey_12049151Murmel, ...
jetzt mal ganz sachlich und ohne Polemik.
Die Feststellung, dass es den Menschen im Westen finanziell besser gegangen wäre, wenn es den Mauerfall nicht gegeben hätte, ist keine Stammtischparole, sondern läßt sich relativ leicht belegen.
Ich mir mal die Mühe gemacht zusammenzurechnen, welchen Beitrag ich persönlich in Form des Solidaritätszuschlages denn bisher schon geleistet habe. Ich war überrascht zu sehen, dass ich nicht mehr weit von einem 5-stelligen Betrag entfernt bin.
Auch wenn man jetzt argumentiert, dass nicht der komplette Soli in den Osten gewandert oder ein Teil wieder in den Westen zurückgekommen ist, so bleibt doch festzuhalten, dass ich persönlich ohne den Mauerfall einen schöne Summe Euros mehr auf meinem Konto hätte. Und so wie mir geht es sehr vielen hier auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik. Fakt! Keine Stammtischparole!
Ich habe mich im November 1989 über die Grenzöffnung gefreut und fand Brandts Worte gut, dass zusammenwächst, was zusammen gehört. Wir sind alle Deutsche und insofern auch eine Solidargemeinschaft, wo die, denen es 44 Jahre nach dem Krieg zumindest in materieller Hinsicht besser ging, für die einstehen, die weniger hatten.
Insofern hatte ich beim Soli überhaupt kein Störgefühl und es war völlig ok, jeden Monat diesen Abzug auf meinem Gehaltszettel zu sehen. Und ich hatte auch nie das Gefühl, dass die Menschen im Osten dafür dankbar sein sollten, denn ich empfand das irgendwie wie in einer Familie, wo auch untereinander geteilt wird und dies selbstverständlich ist. Also wohlgemerkt, ich habe nicht erwartet und werde auch nicht erwarten, dass sich "16,5 Millionen Ossis auf die Knie werfen und dafür Anerkennung zollen".
Aber heute werde ich persönlich das Gefühl nicht los, als würden im Osten nur noch die negativen Dinge gesehen, die man sich mit der Wiedervereinigung eingekauft hat, als gäbe es ein kollektives Jammern, dass Papa Staat sich nicht kümmert oder falsch kümmert wie man es gewohnt war.
Die Transferleistungen scheint man für selbstverständlich zu halten und sie werden nicht mehr sonderlich registriert, aber die Mängel werden überall und jederzeit besonders deutlich herausgestellt.
Und dieses kollektive Jammern empfinde ich persönlich dann als Undank, der mich fragen läßt, ob es denn richtig war, so vieles in den Osten zu transferieren. Noch einmal, ich erwarte keinen Dank, aber ich erwarte auch keinen Undank!
Und da ich vermute, dass es einigen Menschen ebenso wie mir geht, kommen dann bei simpleren Naturen die Gedanken an einen Neubau der Mauer hoch.
Es ist eine unselige Spirale, der auf der einen Seite fühlt sich als Nehmer, von dem verlangt wird, pausenlos dankbar zu sein und der auf der anderen Seite als Geber, dem für das Geben noch auf die Finger gehauen wird.
Und so fühlen sich beide unwohl.
Solche Verbalscharmützel wie hier im Forum vertiefen dann nur noch die Gräben.
Was dagegen hilft?
So etwas wie kollektive Empathie für die jeweils andere Seite, dann würde vieles einfacher, aber wie das zu bewerkstelligen wäre, hab ich auch keinen Plan.
Einen lieben Gruß
Larsen