Bedenken wg. Altersunterschied
Liebe Tanja,
die Fragen, die Dich beschäftigen, stelle ich mir seit nunmehr einem Jahr auch. Ich bin 41 und habe damals meinen mittlerweile 23jährigen "Freund" (so muss ich ihn wohl nennen) kennengelernt. Bei uns hat es sich ganz langsam entwickelt. Wir sind zusammen zur Schule gegangen, daher waren wir wohl auch etwas vorsichtiger. Außerdem wußten wir wohl beide eigentlich gar nicht, worauf es hinauslaufen soll, waren unsicher. Ich hatte gerade eine 5jährige Beziehung zu einem etwa gleichaltrigen Mann hinter mir, bzw. die Beziehung war am auslaufen, und habe sowieso an nichts Ernsthafteres denken können, geschweige denn, dass ich das mit "dem Kleinen", für den ich von Anfang an eine fatale Schwäche gehabt habe, erwartet hätte. Auch er dachte wohl eher an ein Abenteuer, so hatte er zumindest einmal gesagt (in dem Zusammenhang, dass er sagte, dass das jetzt ganz anders ist). Zu Beginn haben wir uns nur selten außerhalb der Schule gesehen und dann war es immer etwas merkwürdig, fremdartig. Ich war befangen, er vermutlich auch, obwohl wir uns paarallel dazu auch sehr gut verstanden hatten, konnten gemeinsam lachen und uns gut unterhalten. Sexualität hat wegen der Befangenheit und auch mangels Gelegenheit eher weniger stattgefunden, obwohl es beabsichtigt war. Er hat mir sehr gut getan, denn er war es, der immer wieder den Kontakt gesucht hat (tägliche Anrufe, Fragen nach Verabredungen), war sehr beständig und zuverlässig. Nach etwa 5 Monaten bekam die etwas zögerliche, stockende Liaison einen gewaltigen Schub. Er legte sich immer mehr "ins Zeug", wurde zu meiner emotionalen Bezugsperson Nr. 1. Ich selber wurde mir nach und nach sicherer (lange dachte ich, der will mich nur ausnutzen und verarschen) und ließ mich mehr und mehr auf ihn ein. Verliebt war ich in ihn von Anfang an, nun begann ich ihn zu lieben.
Mit dem, was die Leute denken, haben wir nicht so Probleme, die wenige Zeit, die wir miteinander verbringen können, geniessen wir meist zu zweit. Unsere Mitschüler haben es nicht so merkwürdig empfunden, zumal ich erheblich jünger wirke und sie mich so kennen, außerdem haben wir in der Schule nicht so sehr "Paarschau" betrieben. Seine Mutter hat, als sie erfahren hat, wie alt ich tatsächlich bin, auch keine Verwunderung gezeigt, ich verstehe mich gut mit ihr (wir haben schließlich Kinder in gleichem Alter).
Du schreibst, dass Du das Gefühl hast, dass es "irgendwie falsch" sei. Ich habe ein ganz ähnliches Gefühl, nicht dass es falsch ist zwar, aber es erscheint mir immer wieder so befremdlich, ich empfinde es immer wieder als so unwirklich, so unwahrscheinlich, ich kann dieses Gefühl ganz schlecht beschreiben. Moralisch habe ich keine Bedenken, ich finde es völlig legitim, wir haben uns gern und tun einander gut und machen uns glücklich, da ist nichts Schlimmes dran, und doch erscheint es mir manchmal sonderbar. Möglicherweise liegt es daran, dass ich einen Zeitsprung nach hinten mache, in eine andere Lebensphase, eine, die weit zurückliegt , und ich lebe ja auch noch im "Erwachsenen-Ich" als Mutter einer Abiturientin, dieses hin-und-her macht mich manchmal schwindelig.
Über Trennung denke ich auch manchmal nach, ganz einfach weil ich weiß, dass es keine "ewige" Zukunft hat, also, seine Lebensplanung für die nächsten 20 Jahre sieht anders aus als meine und seine Bedürfnisse sind andere als meine. Ganz davon abgesehen ist ein "normales" Zusammenleben sowieso nicht gut möglich, er ist noch kindlich desorganisiert und unordentlich und ich will nicht die allestragende Mama für ihn sein. Wir würden an den Alltagsdingen scheitern. Das war mir von Anfang an klar, also beschloß ich, es so zu geniessen, wie es gerade ist (überhaupt raten einem alle Leute immer wieder "geniess es!", wie auch Dir hier) und mir keine Grübeleien zu machen. Das gelingt mir aber nicht, irgendetwas beunruhigt mich im Inneren, besonders, da es während des letzten halben Jahres immer stärker Liebe geworden ist und ich inzwischen gaaaanz tief drinstecke...
Mich würde nun interesseiren, wie es bei Dir weitergegangen ist, Dein Post ist ja schon ein paar Monate alt, ich las ihn aber erst heute auf der verzweifelten Suche nach "Leidensgenossinnen". Denn das, was mir nicht Betroffene raten, ist zwar nett, aber nicht wirklich hilfreich. Dass es schön ist, weiß ich, dass ich es geniessen soll, weil es etwas Besoneres und Beneidenswertes ist, auch, aber die emotionale Verwirrung kann halt keiner nachvollziehen. Du vielleicht.
Lieben Gruß, Marina