Guten Morgen,


ich habe in einem Forum einen netten Mann (45) kennengelernt, mit dem ich mich gestern getroffen habe. Wir haben uns sehr gut verstanden, hatten viel zu reden aber....im Lauf des Gesprächs eröffnete er mir, dass er seit 4 Jahren an Parkinson leidet.


Gibt es Menschen mit Erfahrungen hier? Als alleinerziehende Mutter mit 4 Kindern habe ich lange anstrengende Zeiten hinter mir und weiß nicht, ob ich mir das zutraue oder lieber gleich Abstand davon nehme, bevor da mehr draus werden könnte....


Danke schon mal für Tipps und Anregungen.


orange

Warum nicht jemandem die Chance geben, nur weil er krank ist?
Auch wenn ich zugegeben bezgl. Parkinson absolut keinen Schimmer habe, klinke ich mich hier rein, weil ich mit diesem wohlklingenden Satz so meine Erfahrungen habe...


Wir sind in unserer Gesellschaft so darauf konditioniert, dass es ja wohl moralisch inkontinent wäre, eine Beziehung mit einem Menschen nicht einzugehen, weil der krank ist, dass darüber zu oft die eigenen Grenzen vergessen werden.


Ich will ganz bestimmt nicht sagen, dass man um chronisch / aktuell nicht heilbar / möglicher Weise nicht heilbar kranke Menschen generell einen Bogen machen soll, aber dringend dazu raten, sich zu informieren und dann kritisch und offen darüber nachzudenken, ob man das auch schaffen kann - und will.
Eine chronische Krankheit, egal welche, hat auch für den Partner Folgen und Konsequenzen. Je nach dem, welche Krankheit es ist, sind die in unterschiedlichen Bereichen und unterschiedlich stark.
Aber da am Anfang mit der schicken rosa - Brille und einem völlig unreflektierten "ich kann niemanden ablehnen, nur weil er krank ist" sich hinein zu stürzen, bringt zu oft nur Leid für beide Seiten.


Von daher @TE: auch wenn ich Dir zum Thema leider nicht weiter helfen kann, ich finde es gut, dass Du Dir im Vorfeld Gedanken machst und Dich informierst! :BIEN:


Bevor hier das Geschrei losgeht: Ich sage das als chronisch kranker Mensch - in meinem Falle eine Krankheit, die sich auf Partner sehr stark auswirkt und mit der als Partner nur einige klarkommen. Aber auch wenn die Folgen für andere nicht so gravierend sind, wie bei mir - jeder Mensch hat etwas, womit er nicht umgehen kann und / oder nicht umgehen möchte. Dieses "man soll niemanden ablehnen, weil der krank ist und nichts dafür kann" - macht zu leicht blind gegenüber diesen - für jede Partnerschaft grundlegenden - Punkten.
Es *ist* schwerer, mit einem chronisch kranken Menschen zusammen zu leben, als mit einem gesunden. Wer sich nicht gestattet, darüber nachzudenken, weil der andere ja "nichts dafür kann" - tut letztlich weder sich noch dem (potentiellen) Partner einen Gefallen.

    an0N_1189750099z

    @avarrassterne und Jericho
    Vielen Dank für Eure Antworten.


    Als er mir das gestern sagte, dachte ich zunächst ähnlich wie Jericho: Wer weiß, was uns selbst zustößt.


    Meine erste Tat heute morgen war, mich im Internet zu informieren. Und das, was da möglicherweise auf mich zukommt (das weiß ja niemand so genau), erschlägt mich ehrlich gesagt im Augenblick. Ich bin wirklich hin und her gerissen, weil mein Leben so viele Jahre so schwer war, es andererseits aber auch schwierig ist, jemanden zu finden, mit dem man sich gut versteht. Allerdings verändert sich mit fortschreitendem Parkinson auch häufig die Psyche.


    Meine Gedanken mache ich mir auch, weil ich mich nicht leichtfertig aus durchaus auch egoistischen Gründen ("endlich wieder jemand da, nicht mehr allein und im Augenblik merkt man ja fast nichts") in diese Sache stürzen möchte. Es wäre noch schlimmer, ihn irgendwann enttäuschen zu müssen als vorher zuzugeben, dass die Kraft dafür möglicherweise nicht reicht.

      Es ist richtig...
      dass du dir Gedanken darüber machst. Wenn du sowieso schon durch deine vier Kiddies belastest bist.


      Allerdings kann man nicht gleich sagen "nein". Denn es gibt unterschiedliche Verlaufsformen und Härtegrade und grundsätzlich muss es nie so schlimm kommen wie man es kennt. Grundsätzlich gilt du musst dich informieren. Wenn du dir eine Zukunft mit ihm vorstellen kannst dann informier dich. Es gibt Foren, Beratungsstellen und letzten Endes kannst du ihn auch fragen.


      Es ist definitiv nicht leicht, aber man darf den Teufel nicht gleich an die Wand malen (nennt man das so?) Und deswegen sollte man auch keine mögliche Beziehung aufgeben, "nur" weil er krank ist. Es ist eine Belastung für ihn, für dich und für eure mögliche Beziehung das steht fest, aber es nicht unmöglich. Du hättest ja auch nicht gleich Schluss gemacht, wenn ihr zusammen wärt und die Diagnose käme oder? Nein ich denke nicht.


      Ich bin selbst bin 23 und chronisch krank und wenn ich immer nur daran denken würde wie es mit 60 Jahren ist, würde ich verrückt werden. Mittlerweile gibt es Medikamente und Methoden mit neurologischen Erkrankungen besser umzugehen und deswegen muss es nicht immer so ausufern wie es aktuell passiert. Damals war die Medizin nicht so weit fortgeschritten und die Diagnosemöglichkeiten begrenzt, also leiden die Menschen die damals nicht das Passende bekommen haben heute darunter. Aber der Herr wird sicherlich eine Therapie eingeleitet haben, also muss es nicht so schlimm kommen.


      Grundsätzlich gilt, dass das Glück, die Freude und alle positiven Erfahrungen ein Stückchen dazu beitragen dass die Krankheit nicht so (schnell) ausbricht, also wärst du für ihn sogar eine Art Medikament, denn du tätest ihm gut. Ich weiß es von meinem Freund, der hat mich nach der Diagnose auch nicht alleine gelassen und wenn ich ihn nicht hätte würde es mir wesentlich schlechter gehen und das wiederum legt sich auf solche Krankheiten aus.


      Alles Gute!

      krista_12360808

      Ja das denke ich auch,
      ... dass das schlimmer wäre, *wenn* es so kommt. Für Dich und für ihn.
      Es ist natürlich schwer, so etwas im Vorfeld abzuschätzen und sicher sein kann man sich nie.


      Aus eigenem Erleben weiss ich zur Genüge, was beispielsweise Depressionen, die psychische und physische Krankheiten häufig (zumindest phasenweise) begleiten, für Auswirkungen auf die Partner haben. Nur weil ich (meistens) nichts dafür kann und nur in Grenzen Einfluss darauf habe, kann ich nicht so tun, als wäre das für meinen Mann nichts - und er kann ganz sicher auch nicht so tun.


      Von den Symptomen erschlagen... Ich bin Borderlinerin. Schau mal spasseshalber, was dazu in Foren steht.
      Du wirst nicht wenige finden, die (natürlich aus eigenen Erfahrungen heraus) solche Empfehlungen geben wie "renn so schnell Du kannst, wenn Du einem Borderliner begegnest und dauerhafte Partnerschaften sind sowie so nicht möglich". Ja, ich bin seit über 15 Jahren mit meinem Mann zusammen, seit bald 9 verheiratet - ich würde jetzt mal sagen, das geht als "dauerhaft" durch ;) Ich weiss, dass es im Wesentlichen an mir liegt, ob das funktionieren wird, es geht nicht, wenn ich nicht gelernt hätte, mit mir klar zu kommen und nicht ständig aufpassen und steuern würde. Wenn ich das tue, können wir aber miteinander glücklich sein, ohne dass ich ihn und mich zerfleische - also nicht im nicht schaffbaren Masse über dem "üblichen".
      Ich habe gerade einen ziemlich hässlichen und massiven Schub. Das hat selbstverständlich Auswirkungen auf ihn. Keine kleinen. Es ist gewiss nicht schön, aber ich weiss, dass er ein Mensch ist, der damit umgehen kann.
      Ich kann nie eine Beziehung führen mit Menschen, die einen Helfer-Komplex haben, keine mit Menschen, die ein geringes Selbstbewusstsein haben, keine mit Menschen, die überduchschnittlich viel Nähe brauchen, nicht mit überdurchnittlich leicht verletzlichen Menschen usw. - Es gibt eben Dinge, mit denen ein Partner von mir umgehen können muss, weil ich die auf Dauer nicht vermeiden kann, bestenfalls eindämmen.
      Aber es ist längst nicht so, dass ich all das bin, was man im Internet so lesen kann, ich habe auch nicht alle Symptome / Probleme, die bei BL auftreten, etc.


      Nicht zu Letzt: Alles auf einmal ist immer ein Schock. Ist doch klar.


      Ich kann Dir ein paar grundsätzliche Dinge sagen:
      Du solltest in der Lage sein, auf Dich selbst zu achten. Bist Du ein Mensch, der sich den Bedürfnissen anderer leicht unterordnet, wird es schwer werden. Ein chronisch kranker Mensch wird nicht immer in der Lage sein, auf die Grenzen der anderen und wie die Gesunden auf Balance und Ausgeglichenheit zu achten. Partner von chronisch kranken Menschen müssen (meiner Meinung nach!) stärker als die von gesunden Menschen in der Lage sein, ihre Rechte auch mal aktiv einzufordern. Bevor es zu spät ist, nicht als epische Liste an Vorwürfen bei der Trennung ala "immer habe ich nur auf Dich Rücksicht genommen...".
      *Immer* nur auf den anderen Rücksicht zu nehmen ist niemals richtig. Zusammen leben mit chronisch Kranken (welche Krankheit auch immer) wird mehr Rücksicht erfordern - natürlich. Aber *niemals* generell, sonst läuft etwas wirklich schief. Das muss man erkennen und im Auge behalten können - so etwas kann man aber lernen - wenn man nicht ein Mensch ist, der charakterlich zum Helferkomplex neigt.
      Man sollte sich selbst so gut kennen, dass man die Anzeichen, wann man sich übernimmt, wann Stress in gefährlichem Masse zu viel wird und ähnliches frühzeitig erkennt. Das kann man aber - wie auch was zu tun ist, um das abzufangen und auszugleichen - ebenfalls lernen.


      Vom Rest sind vieles persönliche und individuelle Dinge. Wenn es einem wichtig ist und auch das Ausmass der Erholung in einem Urlaub massgeblich bestimmt, dass dieser aktiv orientiert und in anderen Ländern statt findet und es sich zu gleich nicht vorstellen kann, ohne den Partner einen Urlaub zu verbringen, wird (soweit ich die Symtome und den Krankheitsverlauf jetzt überblicke) bei einem Partner mit Parkinson durch die Einschränkung der Mobilität immer etwas wichtiges fehlen und so etwas frisst an der eigenen Seele. Ist man hingegen wie ich jemand, für den Urlaub eher ein Tag ist, wo man das Haus mal nicht verlassen muss, hat das weniger Gewicht.


      Ich denke, das was Du hier machst, ist schon ein sehr guter Weg. Sprich mit Betroffenen und deren Partnern - mit denen, die damit leben gelernt haben - und glücklich sind. Kein Mensch, auch kein gesunder, ist 100% glücklich ohne ganz harte Drogen, aber von denen, die damit gut klar kommen, kannst Du lernen. Von denen, die selbst erschlagen vor der Diagnose standen und von denen, die jeden Tag damit leben - mit einem Lächeln auf den Lippen.