Letztendlich würd' ich sagen, ja...
ich weiss nicht, ob froh das richtige Wort ist, aber wenn Du es so ausdrücken willst, okay.
Ich bin nicht unglücklich, dass ich abgetrieben habe; natürlich ist es etwas, was mir lieber erspart geblieben wäre, aber das hat ja mehr damit zu tun, dass ich ungewollt schwanger war und nicht damit, dass ich abgetrieben habe.
Ich wollte nie in der Situation sein, ungewollt schwanger zu sein, aber ich wurd's trotzdem. Und es war schrecklich. Ich habe mich für eine Abtreibung entschieden und bin nachwievor glücklich mit dieser Entscheidung.
Gewiss ist es auch mir schwer gefallen, nicht aber, weil ich irgendwie dieses Kind vielleicht doch wollte - es war von Anfang an eindeutig, dass ich nicht schwanger sein wollte und ein Kind zum jetzigen Zeitpunkt von der entsprechenden Person absolut undenkbar war; sondern weil der Schwangerschaftsabbruch in unserer Kultur noch immer ein brisantes Thema ist und ich den Druck auf mir spürte, dieses Kind - *gegen meinen Willen * - bekommen zu "müssen".
Zudem kamen dann noch die Horrorgeschichten die man im Internet liest oder die Garantie, die einem gegeben wird, man würde es nachher bereuen oder ein psychisches Wrack sein.
Heisst, ich spürte jede Menge Druck und hatte jede Menge Angst.
Die, die *nachher* die Schuldgefühle oder Probleme haben, sind die, die sich vielleicht insgeheim das Kind doch gewünscht haben (welche mir sehr leid tun, ich kann mir vorstellen, dass es schrecklich ist, ein Kind, das man wollte, abtreiben zu müssen) oder die, die irgendwann den ganzen Unkenrufen der Gegner erliegen oder die, die sich wohler in der Opferrolle fühlen oder sonst Probleme mit sich haben und mit der Abtreibung eine gute Möglichkeit haben, sich selbst nieder zu machen.
Allen Frauen, die in eine der Kategorien fallen, würde ich eine gute Therapie empfehlen, jenachdem um zu klären, wieso sie sich nicht gegen den äusseren Druck, der sie zu einer ungewollten Abtreibung drängte, wehren konnten, oder um genug Eigenständigkeit, Eigenverantwortung und Stärke zu entwickeln, sich nicht von den radikalen Ideologisten kirre machen zu lassen oder (eben je nach Fall) zu klären, für was dieses Kind gestanden hätte, was sie im Nachhinnein glauben, welche Lücke es in ihrem Leben geschlossen hätte. Vielleicht fehlt diesen Frauen einfach allgemein Liebe in ihrem Leben und sie trauern um die Liebe von der sie glauben, welche ihnen diese Kind gegeben hätte.
Manche sind vielleicht auch einfach allgemein unglücklich oder unzufrieden mit ihrem Leben und da ist natürlich der Gedanke verführerisch, dass, wenn sie das Kind bekommen hätten, nun ja alles anders wäre.. Und in der Vorstellung ist "anders" dann in der Regel gleichzusetzen mit "besser". Denen ist zu raten, ihr Leben in bessere Bahnen zu lenken, für ihr eigenes Leben zu kämpfen, es zu ändern,.., anstatt sich in der Selbstmitleid-, Opfer- und Schuldgefühlposition zu verschanzen, welche zwar unangenehm - aber bequem ist.. Denn so muss man ja nichts ändern...
Ich habe keinerlei Schuldgefühle.
Und die, die mich als Mörderin bezeichnen wollen, sollen sich mal vor Augen halten, dass man auch keinen Baum fällt, wenn man eine Nuss vom Boden aufhebt.
Auch in einer Nuss liegt das ganze Potential für einen ausgewachsenen Baum, sie entsteht nach der Befruchtung, man muss sie nur keimen lassen und dann entsteht ein Schattenspender, der die Luft reinigt und Vögeln einen Ort für ihre Nester bietet und der manchmal auch sehr schützenswert ist.
Trotzdem essen Umweltschützer ihr Müsli gern mit Haselnüssen..
Mit dem Keim in mir verhielt es sich nicht anders. Wobei angemerkt sein soll, dass ich zu einem Zeitpunkt abgetrieben habe, wo noch kein Herzschlag und kein Nervensystem vorhanden war. Natürlich lag in dieser Frucht das ganze Potential für einen ausgewachsenen Menschen - aber eben nur das Potential. Nicht mehr, nicht weniger. Und das tut es fast schon in meinen Eizellen, von der ich jeden Monat eine verliere, das einzige, was dazu fehlt, ist eine Samenzelle, und an nichts ist leichter dranzukommen, als an das...
Ein Kind muss zwar nicht geplant sein, aber es sollte gewünscht sein und in eine willkommene und nach Möglichkeit sichere Umgebung geboren werden, in der es gute Vorraussetzungen hat, sich zu entwickeln und nicht innerhalb einer Lebensplanung irgendwie dazwischen gequetscht werden.
Auch ist ein Kind in meinen Augen nichts, womit man mit der Einstellung umgehen kann "jetzt ist es nunmal da".
Wenn das in mancher Leute Augen okay ist, bitte. Für mein Kind stelle ich aber höhere Ansprüche. Und ja, ich möchte sehr gerne Kinder.
Auch freue ich mich über jede Schwangerschaft in meinem Umfeld und liebe Kleinkinder.
Versteht mich nicht falsch, meiner Meinung nach sollte jede Frau, die ein Kind bekommen möchte, alle nur erdenkliche Unterstützung bekommen - und das eben auch, wenn das Kind da ist. Keine Frau soll das Gefühl haben, sie *müsse* abtreiben.
Aber ebenso soll jede Frau, die eine Schwangerschaft nicht austragen möchte, jedes Recht dazu haben und jede Unterstützung bekommen. Und wenn sie nachher Schwierigketen damit haben, ebenso Unterstützung, verständnis und Trost. Ganz im Sinne der Nächstenliebe.
Die Gegner machen es sich viel zu leicht, denn sie schützen kein Leben, sie zerstören welches. Anstatt Frauen, die abtreiben wollen, die Hölle heiss zu machen, sollten sie sich lieber für bessere Bedingungen für z.B. allein erziehende Mütter einsetzen, damit wäre viel mehr getan.
Sie sorgen mit ihren Anschuldigungen nur dafür, dass Frauen den Umstand ihrer Schwangerschaft verdrängen, es erst vor sich selbst und dann vor anderen verheimlichen, wegen dem Druck, wegen der Angst. Was dann wieder dazu führt, dass diese Frauen erst sehr spät abtreiben, was psychisch mit Sicherheit eine viel grössere Belastung darstellt, und ethisch möglicherweise auch erst dann fragwürdig wird.
Im noch schlimmeren Falle kommen diese Kinder dann zur Welt und verdursten, wie z.B. erst kürzlich geschehen.
Zudem degradieren sie die Frau zu einem Gebärautomat, zu einem Brutkasten auf Beinen und berücksichtigen weder ihre Wünsche noch ihre Situation.
Na ihr seid mir ja tolle "Lebensschützer"... :-/
Und wenn die Kinder dann erst mal da sind, wollen sie davon auch nichts mehr wissen..
Wird die Frau den Anforderungen nicht gerecht, kann man ja nochmal schön mit dem Finger zeigen und sie als Rabenmütter beschimpfen.
Ich hadere nicht mit meiner Erfahrung. Ich habe sehr viel daraus gelernt und es hat mich letztendlich stärker gemacht.
Denn ich habe festgestellt, dass ich, trotz des moralischen Gegenwinds, die richtige Entscheidung für mich treffen konnte, dass ich auch eine solche Extremsitution durchstehe und verkrafte, dass ich in der Lage bin, verantwortungsvoll zu handeln und für meine Interessen zu kämpfen und diese durchzusetzen.
Denn im Gegensatz zu der Meinung, die hier manche vertreten, treiben schwache Charaktere nicht ab. Denn man muss Verantwortung übernehmen, eine endgültige Entscheidung treffen, in Aktion treten, damit rechnen, stigmatisiert zu werden, sich ins Ungewisse stürzen und vieles mehr... - Und das unter Zeitdruck. Im Gegensatz zu sich zurücklehnen und den Dingen ihren Lauf zu lassen.
Und für die, die vom religiösen Aspekt aus argumentieren (ich bin übrigens auch religiös): ich bin Gott dankbar, dass er mich mit diesen Eigenschaften ausgestattet hat, dass er mich stark gemacht hat und all' diese Eigenschaften (neben einigen anderen) werden mich, wenn die Zeit dafür gekommen ist, zu einer guten Mutter machen, denn ich bin in der Lage für mich und meine Familie zu kämpfen und nicht irgendeinem äusseren Druck zu erliegen.
Und für alle, die nun den Verhütungsvorwurf anbringen wollen: ich denke, man kann mir glauben, dass ich gebildet und umfassend aufgeklärt bin, immerhin habe ich es über 10 Jahre geschafft, erfolgreich zu verhüten - und ich bin ein großer Freund von Verhütung und kläre auch selber auf. Aber in er Realität verläuft nunmal nicht alles nach Plan und es gibt keine hundertprozentige Zuverlässigkeit.
125.000 Abtreibungen pro Jahr bezeugen das. Und hinzu kommen nochmal die vierfache Menge der Schwangerschaften, die zwar ebenso durch Unfall entstehen aber nicht abgebrochen werden. Und das sind nicht alles Teenager-Schwangerschaften, die zu "dumm" waren, zu verhüten.
Ich wünsche allen besinnliche Feiertage, falls Schwangerschaftsabbruch ein Thema ist, ist nun vielleicht auch eine gute Zeit, mal in sich zu gehen und seine Haltung zu überdenken.. Denn Anschuldigungen bis hin zum Psychoterror, den so mancher "Schützer" so von sich gibt und Fingerzeige sind im übrigen nämlich höchst unchristlich...
Alles Liebe!