Hallo an alle,
ich habe seit einigen Tagen dieses Forum entdeckt und heute den Mut gefasst einen Eintrag zu verfassen.
Ich bin 25 Jahre alt und kämpfe seit mehr als 10 Jahren mit der ES. Ich hatte von 14-19 immer wieder sehr schlimme anorektische Phasen mit ambulanter Therapie und Klinikaufenthalten und wieder bessere Phasen, in denen ich ein einigermaßen normales Leben geführt habe.
Als ich nach der Schule mit meinem Studium begonnen habe, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl mein Leben und die ES im Griff zu haben. Ich war im unteren NG, habe aber sehr regelmäßig gegessen, aber auch sehr viel Sport gemacht, kein Hungern und keine FAs. Das Leben war toll und ich hatte die Kontrolle über mich.
Seit mehr als einem Jahr ist meine 4-jährige Beziehung in die Brüche gegangen, seit dem gab es ständige Versuche wieder zusammen zu kommen, anderen Männern dazwischen, viele Schuldgefühle wurden auf mir abgeladen und der Selbsthass wuchs.
Ohne es zu merken rutschte ich wieder in die ES. Erst Hungern, dann ziemlich schnell in die Bulimie (was NEU für mich ist). Die Bulimie wurde immer schlimmer und so schlimm, dass ich nicht mehr aus dem Haus gehen konnte/kann, weil ich nur am Essen und Kotzen war und danach so schwach und körperlich krank, dass ich keine Kraft zu nix hatte. (Kennt ihr das auch??? Geht es euch nach dem Kotzen auch so schlecht??? Ich kriege dann wirklich gar nichts mehr hin!!! Kann nicht zur Uni, niemanden sehen, nicht aus dem Haus raus... Ich ekel mich dann auch so vor mir selber. Ich muss dazu sagen, dass die Bulimie neu für mich ist. Hab sie erst seit einem Jahr. Davor nie. Und ich hasse sie so sehr.)
Ich habe dazwischen auch krasse binge-eating-Phasen, wo ich tagelang (nicht nur einen!!!) nur fresse. So bald wieder was reingeht, stopfe ich was rein, um nichts mehr zu spüren und denken zu müssen. Bis ich das alles nicht mehr aushalte und anfange zu hungern... manchmal esse ich 3 Wochen gar nichts. Höchstens ein Glas Apfelsaft oder ein TL Honig, wenn gar nichts mehr geht. Dabei gehe ich auch noch täglich 1-2 Stunden laufen und nehme in 2 Wochen 12-15kg ab. Bis mir alles nur noch weh tut und nicht mal mehr sprechen kann oder nur ganz langsam. Alles wird dann so langsam. Egal ob Zähneputzen oder Treppensteigen. Aber ich bin dann einfach nur froh nicht mehr in diese Fresserei und Kotzerei zu sein. Es ist wie eine Erlösung/Erleichterung davon. Wie Urlaub oder Ferien. Ich muss mich nicht mehr mit dem Essen beschäftigen, weil ich ja nix mehr esse.
Es ist so traurig, weil ich eigentlich ein totaler Genussmensch war/bin und so gern gesund koche, ins Restaurant gehe mit Freunden esse etc.. Aber das alles hat sie mir genommen, diese scheiß-ES! Ich hasse sie!!!
Wenn sich dann alle wieder Sorgen machen, weil ich so dünn bin, fange ich wieder an zu essen. Meistens geht das die ersten Tage dann gar nicht, weil ich nix runter bekomme. Mein Körper ist dann so am Ende, dass ich nicht mal mehr Spucke produziere und mein Darm sich nicht bewegen kann. Aber nach ein paar Tagen geht das dann auch wieder und ich denke jetzt wird alles gut. Diesmal kriegst du das hin!
... und dann passiert irgendwas, eine Freundin sagt etwas blödes und ich bin enttäuscht oder so... oder mein Ex macht mir Druck... und ich falle zurück in den ganzen Teufelskreis. Er packt mich so schnell, dass ich gar nicht merke wie tief ich schon wieder drin stecke. Meistens geschieht es abends, wenn ich allein bin. Am nächsten morgen fühle ich mich dann so schlecht. Aufgedunsen, schwitzig, heiss, fett, mein Herz klopft, (ich kotze meist die ganze Nacht durch und finde erst in den Morgenstunden etwas Schlaf)... ich fühle mich als Versagerin, nutzlos, beschämend, schwach... und dann schaffe ich es auch nicht gleich wieder da raus zu kommen und es geht meist tagelang so weiter bis mich meine Familie aufsucht und einsammelt.
Mein Gewicht schwankt nun seit einem Jahr zwischen 53 und 69 kg. Mein Leberwerte sind sehr schlecht, ebenso meine Blutwerte. Ich habe eine Gastritis dazu und bin psychisch total labil.
Ich will endlich daraus kommen!!! Ich war früher so unglaublich stark!!! Ich finde auch, dass die Bulimie und das binge-eating viiiieeeel schlimmer sind als eine reine MS. Jedenfalls kommt mir das diesmal alles so viel schlimmer vor. Vielleicht auch deshalb, weil ich vor einem Jahr noch so gesund und glücklich war, mich selbst gemocht habe.
Ich versuche es immer wieder und kämpfe dagegen an. Kämpfe mich aus dem Mist wieder raus... Gehe wieder raus unter die Leute, zu Freunden und Familie, arbeiten und zur Uni... mache mir schöne Gedanken und versuche meinen Ex-Freund im Guten zu vergessen... Bis mich wieder irgendetwas verletzt oder enttäuscht und alles einbricht und dieses große schwarze Loch mich aufsaugt. Ich bin so machtlos in dieser Situation. Es ist furchtbar.
Ich musste letztes Jahr auch umziehen - einmal quer durch Deutschland. Habe mir auch eine neue Therapeutin (Analyse) gesucht, aber die hat erst ab März einen Platz frei. Bin in den letzten Wochen dann zu einer anderen (Verhaltenstherapie) gegangen, aber irgendwie hat mir das nicht so viel gebracht. Da ich ja schon so lange die ES hab, weiss ich halt auch schon so viel über Ernährung, Essverhalten etc.... Es ist so mühsam das alles immer nochmal zu erzählen und so. Und wenn ich (wie gerade) bei meiner Familie bin, kann ich nicht zur Therapeutin gehen, weil die zu weit weg ist.
Ich habe im Moment einfach nur Angst, dass ich ein hoffnungsloser Fall bin. Dass ich nie wieder aus der ES rauskomme. Dass ich nicht lebensfähig bin, wie andere Menschen. Manchmal würde ich mein Leben so gern jemand anderem schenken... einem kranken oder armen Kind oder so... denn was mache ich denn mit meinem Leben??? Was tue ich mir und meiner Umgebung nur an??? Wieso tue ich das alles??? Ich verstehe es selbst nicht...
Ich bin so müde und erschöpft. Seit einem Jahr nun versuche ich da raus zu kommen und schaffe es einfach nicht. Es wird sogar jeden Tag schlimmer. Ich schaffe keine 5 Tage ohne Hungern, Fressen oder Kotzen. Mein Körper ist so arg aus dem Gleichgewicht gekommen, der weiß gar nicht mehr was er braucht und ich weiss es auch nicht mehr.
Im Moment gehe ich kaum aus dem Haus, weil ich mich so hässlich und fett fühle, mich so arg schäme, dass ich mich nicht traue anderen Menschen zu begegnen. Nicht mal meinen Freunden. Ich weiss, dass sie mich auch noch mit ein paar mehr Kilos mögen, aber ich selbst halte mich so nicht aus.
Ich wiege im Moment 64 kg bei 1,68m. Letzte Woche waren es noch 57 kg. Es ist so schlimm, innerhalb einer Woche passt mir mein halber Kleiderschrank nicht mehr.
Ich möchte so gern wieder zu meinem Ausgangsgewicht vom letzten Jahr (bevor der ganze Stress mit Umzug, Trennung etc. kam) von 53-54kg zurück. Da hatte ich keine FAs, habe nicht gekotzt und nie gehungert. Ich konnte täglich Sport machen, lernen und arbeiten, meine Freunde sehen... habe mich hübsch, gesund, fit und belastbar gefühlt.
Aber ich weiss einfach nicht wie ich da wieder hin kommen soll???!!!
Ich weiss, dass ich nicht mehr kotzen darf, dass ich keine FAs mehr zulassen darf und dass ich aufhören muss wochenlang nichts zu essen. Ich will das alles auch nicht mehr. Ich bin so müde davon. Es nimmt mir so viel Lebenszeit und Lebensqualität und so viel Kraft weg.
Wie kann ich es im Moment schaffen so viel zu essen, dass ich langsam und gesund 10kg abnehmen kann, aber nicht in die Gefahr laufe einen FA zu bekommen? Das ich so stabil werde, dass mich ein blödes Kommentar von einer Freundin nicht aus der Bahn wirft?
Ich sehe alles ein. Dass ich ein Problem habe, dass es nicht so weiter gehen darf. Aber ich weiss bloß nicht WIE ich mich da rausholen soll???!!!
Ich würde alles - wirklich alles dafür tun, mein altes Leben wieder zubekommen. Auch wenn es 6 oder 12 Monate dauern würde. Es geht mir nun seit einem Jahr so scheiße... also kann ich auch noch ein bissl warten, wenn ich weiß was ich dagegen tun kann und weiss dass alles wieder gut wird. Aber nach dem immer wieder kommenden Scheitern und Versagen, habe ich an Glauben verloren...
Ich rede mit niemanden so ehrlich wie in diesem Text. Nach außen wirke ich sehr stark und selbstsicher. Niemand weiss von meiner ES. Aber im Moment ist diese Selbstsicherheit nur eine Schutzhülle. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Menschen nicht gut auf die ES reagieren und sich eher abwenden, als Verständnis zu zeigen. Außerdem kann ich nur schwer mit Mitleid von anderen umgehen. Ich will immer alles allein schaffen und stark sein. Meine Familie weiss zwar bescheid, aber dort wird sehr viel von mir verlangt und erwartet und ich fühle mich eher schuldig, dass ich eine ES habe und ihnen dadurch Kummer mache und nicht alles für mein Studium und für meine Familie tun kann.
Ich will mein Leben wieder zurück! Ich will wieder tanzen und fröhlich sein! Ich will wieder für meine Familie und Freunde da sein können und mich selbst lieben! Wo ist das alles nur hin?
Bitte helft mir, wenn ihr was wisst oder ähnliche Erfahrungen gemacht habt. Ich fühle mich so allein und gescheitert.
Wow, ist das jetzt lang geworden... war gar nicht so geplant... ist gerade einfach alles so rausgekommen.
Alles Liebe
Bambi