Liebe Crue
ja warst Du. Und das ist genau das, was mich so freut und fasziniert. Dass es hier Menschen gibt, die bereit sind, sich Gedanken zu machen und sich fernab der üblichen Verbalschlachten mit der Meinung anderer auseinanderzusetzen, dass man mit Interesse, gegenseitigem Respekt und Toleranz über ein Thema ganz sachlich diskutiert. Es bereichert und inspiriert mich ungemein und ich bin immer ganz gespannt, wer sich jetzt neu zu Wort gemeldet hat ;-)
Eben diese Form der etwas tiefgründigern Beziehungs"philosophiererei" abseits von oberflächlichen und vergänglichen Begebenheiten und alltäglichen "Beziehungsproblemen" ("immer lässt er seine Socken liegen... er ruft mich nicht zurück... ist es normal dass er eine Exfreundin anruft...") suche und finde ich hier.
Und ich stimme Dir zu: die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis und das BEDÜRFNIS dazu sind nicht bei allen Menschen ausgeprägt. Nimm das Wort SELBSTBEWUSSTSEIN - und dann die Bedeutung, in der es heute verwendet wird - nicht: sich selbst bewusst sein (nach innen gerichtet) sondern: anderen bewusst MACHEN welche Bedürfnisse man erfüllt sehen will.
Ich habe eine gute Bekannte, die sich regelmässig bei mir oder meinem Mann über ihre Ehe und ihren Mann "auskotzt". Sämtliche Auseinandersetzungen beruhen ihrer Meinung nach darauf, dass ihr Mann etwas falsch macht, kein Verständnis für sie hat, sich keine Mühe gibt, zu doof ist um zu kapieren was sie will... Wenn wir ihr raten: "Bleib doch mal bei dir. Versuche doch mal herauszufinden, welcher DEIN Anteil daran ist, dass es bei euch so unharmonisch zugeht. Frag doch mal anders herum - nicht: warum macht ER nicht, sondern warum mache ICH dieses und jenes." Sie schaut dann ungefährt so :shock: :evil: :shock: , holt tief Luft und bringt einen Schwall von Beispielen für sein Versagen und ihr im-Recht-sein und versteht gar nicht, wie ich so etwas sagen kann. - Was soll ich sagen: trotz unzähliger "Eheberatungsstunden" (sie bei mir, er bei meinem Mann) geht es keinen Schritt weiter - es geht eben nur um das SELBSTBEWUSSTE :roll: Durchsetzen von Forderungen an den anderen, ums Recht bekommen, gewinnen und kämpfen. Und nun, nicht mal ein Jahr nach der Hochzeit, steht die Ehe vor dem Aus und sie wissen beide nicht, warum - nur, dass der andere "Schuld" ist, das wissen sie ganz genau. Und es geht in ihren Reibereien um wirklich alltäglichen Kram, und wenns nur das ist, dass ER immer vergisst die Taschen seiner Berufsbekleidung vor dem Waschen zu leeren und SIE ausgerechnet am Samstag nachmittag den Grossputz der Wohnung vornehmen und ihn mit den Kindern des Hauses verweisen muss.
WARUM sie sich beide verhalten wie sie sich verhalten, spielt keine Rolle - sie sind beide überzeugt davon, sie haben RECHT, das reicht an Ursachenforschung. Ich glaube, dass diese beiden zu den von Dir angesprochenen Menschen zählen - und sie werden in die nächste Beziehung gehen und dieselben (und neue) Fehler machen und wieder unzufrieden sein und nicht wissen, warum es bei ihnen nicht klappt, was bei jedem anderen zu funktionieren scheint.
Wenn mein Mann und ich uns unterhalten, und die beiden sind dabei, dann merken wir immer wieder ganz deutlich, wie ANDERS schon das Niveau der Gespräche untereinander ist - bei uns geleitet von dem Wunsch, den anderen zu verstehen - dort geprägt von dem Versuch, den anderen zu überzeugen.
So, das war jetzt ziemlich viel, aber manchmal "fliesst" es einfach so aus der Tastatur ;-)
Noch mal vielen Dank an Dich und einen hoffentlich sonnigen Rest-Freitag,
lg chaos