Hallo zusammen, ich bin mir nicht sicher, wie ich das Verhalten von meinem neuen Freund deuten soll. Ich bin vermutlich sehr geprägt durch meine letzte (toxische) Beziehung, nach der ich mehrere Jahre Single war, weil ich all das erlebte verarbeiten musste und auch an mir gearbeitet habe, damit mir so etwas nicht nochmal passiert. Nun habe ich einen neuen Mann kennengelernt, wie so oft im Leben ungeplant und zunächst gar nicht mit romantischen oder sexuellen Absichten. Er ist Türke (auch in der Türkei aufgewachsen). Es zeigen sich oft auch kulturelle Unterschiede, von denen ich aber bisher den Eindruck habe, sie durch gute Kommunikation gut überwinden zu können. Grundsätzlich fühle ich mich sehr wohl mit ihm. Ich habe noch nie einen Mann kennengelernt, der sich so sehr um mich bemüht und mir wirklich das Gefühl gibt, für ihn der "Jackpot" zu sein. Nach nun 2 Monaten gibt er jetzt ein ordentliches Tempo vor. Gemeinsame Zukunftspläne, er will mich seinen Eltern vorstellen, er spricht vom Heiraten usw. Einerseits freue ich mich über seine scheinbar ernsthaften Absichten. Andererseits bin ich noch nicht so weit und brauche mehr Zeit. Ich merke selber dass ich etwas mit "angezogener Handbremse" unterwegs bin, aus Angst davor verletzt zu werden und weil ich mir denke, dass bisher eigentlich alles zu schön war um wahr sein. Ich spreche offen mit ihm darüber, er weiß was mich bewegt und dass ich etwas Zeit benötige. In unseren Gesprächen zeigt er Verständnis, nur habe ich oft das Gefühl, dass er am nächsten Tag schon wieder alles vergessen hat. Ich fühle mich gelegentlich überrumpelt und auch von ihm unter Druck gesetzt. Gestern Abend bzw. Nacht hatten wir dann wieder ein Gespräch über die Planung der nächsten Wochen. Wir haben beide ein paar freie Tage. Eine Sache (familiäre Angelegenheit meinerseits) in dieser Zeit, die schon längst klar und auch mit ihm besprochen war, kam für ihn aufeinmal überraschend. Scheinbar hatte er sich im Kopf bereits andere Pläne für uns beide zurechtgelegt. Ich sagte ihm dann, dass das so nicht möglich ist. Er sagte, dass er mit meiner Familie sprechen und das klären will (was ich gar nicht möchte und auch völliger Quatsch ist, weil ich freiwillig Zeit mit meiner Familie verbringe und selbst wenn nicht, ich das selbst klären würde). Im Anschluss folgte eine ziemlich hitzige Diskussion, in der er wütend aber vor für mein Empfinden vor allem enttäuscht war. Es hat darin geendet, dass er angefangen hat zu weinen. Er sagte, dass er fest damit gerechnet und sich schon so darauf gefreut hat, die gesamte Zeit nur mit mir zu verbringen. Ich war mit der ganzen Situation völlig überfordert, weil ich erstens davon überrascht war, dass überhaupt so eine Diskussion zu Stande kommt und seine Pläne auf einmal so anders sind als besprochen, zweitens dass er sofort in diese hitzige Diskussion verfallen ist und zu guter Letzt, dass ihm das wirklich so viel bedeutet, dass er so einen heftigen Gefühlsausbruch hat und anfängt zu weinen. Ich habe die halbe Nacht wach gelegen und über unser Gespräch nachgedacht. Zum Schluss war ich mir nicht mehr sicher, ob er das Ganze nur veranstaltet hat um mir ein schlechtes Gewissen zu machen und seinen Willen zu bekommen. Ich hatte bisher noch keinen Mann kennengelernt, der generell so offen mit seinen Emotionen und Bedürfnissen umgeht. Er kommuniziert ziemlich deutlich, was er will, was er gut findet und was nicht. Grundsätzlich gefällt mir das, vieles davon habe ich bei meinen bisherigen (deutschen) Partnern immer vermisst. Einiges kommt mir jedoch ziemlich überschwänglich vor, was aber vielleicht auch einfach nur an seinem Temperament liegt. Ich bin eine selbstbewusste und recht unabhängige Frau. Auf den ersten Blick scheint er das auch zu akzeptieren und irgendwie auch interessant zu finden, hinterfragt aber oft Verhaltensweisen oder Aktivitäten, die für Deutsche normal sind, mitunter auch kritisch, verbietet mir aber nichts. Viele Punkte kann ich mir mit unserer unterschiedlichen Sozialisation erklären, teilweise besteht denke ich auch ein Problem durch die vorhandene Sprachbarriere, da er Deutsch ja nicht auf Muttersprach-Niveau spricht. Dass eine interkulturelle Beziehung immer eine andere Herausforderung ist, als eine Beziehung mit einem Deutschen, ist mir bewusst und das macht das Ganze ja auch interessant. Ich bin allerdings sehr verkopft und mache mir oft Gedanken, dass sich in Zukunft vieles davon verschärft und das die ersten Alarmzeichen sind. Wie seht ihr das bzw. habt ihr schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Vermute ich Red-Flags die keine sind oder ist sein Verhalten wirklich bedenklich bzw. sind das Probleme, die sich mit der Zeit klären werden?