judah_12631977Du erzählst meine Geschichte
Unsere Geschichten gleichen sich bis ins Detail, einziger Unterschied, ich habe keine Kinder. Kurz meine Eckdaten: Meine Ehe an der Belastungsgrenze, ich häufige Trennungsgedanken. Kennenlernen, große Liebe, große Gefühle, körperliche Nähe und Erlebnisse, die ich für mich nie erwartet hätte. Gleiche Interessen, perfekte Zeit gemeinsam. Er trennte sich innerhalb von 3 Monaten von seiner Frau und den beiden Kindern. Schwere Leiden und Selbstvorwürfe meinerseits meinem Mann gegenüber, trotz fehlender Liebe. Nach 6 Monaten schwersten Herzens den Trennungswunsch meinem Mann mitgeteilt weil Liebe fehlt, nur noch Zuneigung und außerdem neuer Mann usw. Das hat mich unerwartet viel Kraft und Schmerzen gekostet. Ich musste feststellen, dass 20 gemeinsame Jahre ein riesen Gewicht haben und die Trennung viel mehr bedeutet, als ich mir bis dahin vorgestellt hatte.
Jedenfalls hatte ich aufgrund seines bisherigen Verhaltens erwartet, dass mein Mann mich sehr bald ziehen lassen wird. Das Gegenteil war der Fall, er hat begonnen, sich total zu verändern. Er zeigte mir zum ersten Mal in der ganzen Zeit, dass er mich liebt. Er bemühte sich unendlich, trotz des neuen Mannes in meinem Leben. Er litt und zeigte mir das auch.
Das alles war es, was mich völlig aus der Bahn geworfen hat. Zuneigung habe ich trotz aller Schwierigkeiten und fast fehlendem Sexualleben meinem Mann gegenüber immer empfunden, sonst hätte die Ehe nicht so lange gehalten. Wie Deine Freundin hat mich die Situation völlig überfordert und zermürbt. Auf jeglichen Druck, den mein Freund auf mich ausübte, sei es auch nur, indem er die Situation angesprochen hat, habe ich mit schlaflosen Nächten und völliger Niedergeschlagenheit reagiert. Ein ewiges Hin und Her aus reinstem Glück und tiefster Verzweiflung begann und ich konnte selbst nicht verstehen, was es denn eigentlich noch zu zögern gab.
Der neue Mann war und ist mein Traummann. Eine größere Übereinstimmung als mit ihm kann ich mir nicht vorstellen. 100 % wird es nie geben, da hast Du Recht, aber viel fehlt nicht aus meiner Sicht.
Der Standardrat in solchen Situationen, den auch Du Deiner Freundin gegeben hast, ist völlig nutzlos. "Es ist DEIN Leben. Hör auf Dein Herz und tu, was DU willst, ohne Schuldgefühle und ohne Rücksicht auf die Gefühle der andern." Nach allem, was mittlerweile bei und mit mir passiert ist, kann ich dazu nur sagen, dass ich das sofort getan hätte, wenn ich denn nur gewußt hätte, was ich wirklich will. Dabei spielt glaube ich nicht einmal der Sohn Deiner Freundin die wichtigste Rolle. SIE weiß nicht mehr, was Sie will.
Ich wurde zerfetzt von Ängsten und auch Selbstzweifeln. Ja, der neue IST meine größtmögliche Liebe. Nein, mein Mann kann sich nach fast 20 Jahren nicht so geändert haben und selbst wenn, ist es jetzt einfach zu spät. Etwas wie mit dem anderen Mann werde ich mit ihm niemals erleben können. Aber warum dann diese Angst vor dem Schritt? Kann ich überhaupt wirklich lieben? Was wenn es mit dem Neuen schief geht, all die vielen Veränderungen, werde ich das verkraften und dann doch ein paar wenige unangenehme Seiten an dem Anderen Mann usw usf. Die Todesspirale der Gedanken...
Meine neue Liebe hat sich genauso verhalten wie Du. Er hat alles versucht, mir die Last zu erleichtern und konnte immer weniger verstehen, was mich eigentlich davon abhält, endlich zu ihm zu kommen. Wir haben mehrfach versucht, voneinander los zu kommen, ich wäre jedesmal fast durchgedreht bei dem Gedanken, ihn verloren zu haben. Er machte mir aber auch klar, dass in ihm immer mehr zerbricht, je länger alles dauert.
Ich war schlicht noch nicht soweit, trotz der Sicherheit, die ich in meinem Kopf hatte. Ich war ja auch bereits einmal zu ihm gezogen für 5 Monate und bin dann unter meinen Selbstzweifeln und den Schuld- und Angstgefühlen zusmamengebrochen und zurück zu meinem Mann gegangen. Es nützt also nichts, sie unter Druck zu setzen. Wenn die Zeit nicht reif ist, hat es einfach keinen Sinn. So könnt ihr nie glücklich werden, denn ich habe in dieser Zeit nur gelitten und konnte die wunderbare Zeit mit dem neuen Mann nicht genießen.
Meine Situation heute ist genau Deine Zukunftsvision und genau das, was mein geliebter neuer Mann mir vorausgesagt hat:
Zitat: "Ich denke ja auch, wenn ich das Ganze kappen würde, würde sie sehr wahrscheinlich zu Potte kommen, weil es bei ihr ganz schlimm ist, wenn sie mich nicht mehr hat. Aber das birgt erstens ein gewisses Risiko, und zweitens hinterläßt das den faden Geschmack von "im Stich lassen". Mal abgesehen davon, dass ich es auch nicht könnte ...
Und wenn ich mal so weit sein sollte, dass ich so weit bin es zu können, ist es wahrscheinlich sowieso schon zu spät, weil dann ein großer Teil der Gefühle durch das Leiden zerstört wurde."
Er hat sich endgültig von mir zurückgezogen und mir mit glasklaren, fast mit Deinen Worten erklärt, dass es zu spät ist weil alles durch das Leiden zerstört wurde. Und zwar kurz nachdem ich ihm mitgeteilt hatte, dass ich jetut zu ihm kommen möchte. Ich hatte plötzlich alle meine Ängste verloren und mich auf alles gefreut, wovor ich mich vorher so sinnlos gefürchtet hatte. Meine Ängstlichkeit und Kraftlosigkeit ist einer großen Energie und Freude gewichen. Aber es ist zu spät sagt er. Er glaubt mir nicht mehr.
Was denkst Du? Du bist ihm so ähnlich. Wenn Du an diesen Punkt kommen solltest, könntest Du nochmal zu ihr zurückgehen in ein glückliches gemeinsames Leben? Ich kann es einfach nicht begreifen, dass wirklich alles kaputt sein soll. Aber vielleicht ist es auch bei ihm so wie bei mir. Wenn der Punkt gekommen ist, geht es nicht mehr zurück.
Ich fühle mich, als wäre mir die Seele herausgerissen worden. Ich habe ihn verloren. Das ist noch schlimmer, als alles, was ich vorher an Leiden erlebt habe. Meinen Mann werde ich verlassen. Ich habe mich bewusst von ihm "weggearbeitet". Auch das wird sich nicht mehr umkehren lassen.
Mein Freund hat mir gesagt, er wird jetzt alles tun um möglichst schnell eine neue Beziehung zu finden. Er möchte endlich wieder glücklich sein. Glaubst Du, er ist jetzt wirklich schon bereit, für eine neue "große Liebe"? Ist wirklich alles zerstört? Was meinst Du? Kann ich noch etwas tun? Soll ich mich bei ihm melden? Soll ich ihn zur Ruhe kommen lassen und ihn etwas Neues probieren lassen? Wird er zurückkommen, wenn wir wirklich zusammengehören?
Dir könnte ich empfehlen, einen Schlussstrich zu ziehen, bevor Du den "point of no return" erreicht hast. Vielleicht gibt ihr das das letzte bißchen Überzeugung, das noch gefehlt hat. Bei mir war es so.
Liebe Grüße, ich würde mich über eine Antwort von Dir freuen.