dionysos Eigentlich empfinde ich mich nicht als wohlgebildet. Als ich von der Grundschule in die Unterstufe wechselte, hatte ich noch die Illusion, dass man gebildet sei, wenn man am Ende der Schulzeit/des Studiums das Ausbildungssystem in Richtung Berufsleben verlasse. Aber je mehr ich davon erlebte, desto mehr hatte ich das Gefühl, im Grunde genommen eigentlich nicht viel zu können. Die guten Noten, die ich immer bekam, fand ich, wenn ich mit dem verglich, was frühere Schüler/innen- bzw. Studierendengenerationen abliefern mussten, um mit einer Drei=befriedigend glücklich sein zu können, in gewisser Weise auch eher erschreckend. Hab ich natürlich nicht hinausposaunt, denn wer schreit schon nach schlechteren Noten und Reduzierung seiner Chancen? Vom Wortlaut her müsste der Notendurchschnitt in den Schulen meiner Meinung nach im Grunde genommen aber nahe bei der Note Vier liegen, ohne dass es für die Leute/die Gesellschaft ein (Ego-)Problem darstellt, denn die Note Vier bedeutet vom Wortlaut her "Ausreichend". Aber heutzutage meinen Eltern, jammern zu müssen, wenn ein Lehrer ihre Früchtchen nicht gleich sehr gut findet, anstatt zu begreifen, dass allein schon der Umstand, dass der Lehrer den Schüler nicht für unbrauchbar abgibt, sondern ihm wertvolle Zeit widmet, in sich schon eine große Ehrung darstellt. Außerdem wollen Menschen ja nicht nur das Gefühl haben, wegen ihrer Niedlichkeit geliebt und deshalb mit guten Noten gehätschelt zu werden, sondern sie wollen auch das Bewusstsein haben, tatsächlich gebraucht zu werden und brauchbar zu sein. Wenn ein Bildungssystem inflationär gute Noten verteilt, sodass die Leute nicht mehr das Gefühl haben können, dass ihnen da tatsächlich Brauchbarkeit bzw Lernfähigkeit in einem Ausmaß, bei dem Ausbildung machbar ist, zertifiziert wird, wirkt sich das auf ihr Selbstwertgefühl und ihr Zutrauen ins System und ihren Respekt und ihre Sozialkompetenz nachteilig aus. Wenn ich mitbekomme, auf welchem Niveau viele ältere Honoratior/inn/en sich, wenn sie aufeinandertreffen, spontan und ohne sonderliche Anstrengung über Themen unterhalten, die sie gar nicht als ihre eigentliche Domäne betrachten, habe ich manchmal das Gefühl, dass ich im Grunde genommen eigentlich eine Art ungebildetes Schmuddelkind bin, das seine guten Noten eher den Irrungen und Wirrungen des modernen Bildungswesens zu verdanken hat und gut daran tut, wenigstens hin und wieder daran zu denken, dass man als Absolvent/in heutiger Ausbildungen auch Gefahr laufen kann, dem Dunning-Kruger-Effekt zu erliegen.
Aber schon der Samurai und spätere Mönch Tsunetomo Yamamoto konstatierte in seinem Hagakure die fortschreitende Degeneration der Gesellschaft und stellte z.B. in einem erhalten gebliebenen Abschnitt über die zunehmende Verweiblichung der Männer fest, dass der ungute Wandel es für wirkliche Männer leicht mache, mit nur geringer Anstrengung den anderen vorauszueilen, und dass die Männer zunehmend dazu neigen würden, jede harte Anforderung zu meiden und Angelegenheiten nur noch mit sanfter Zunge zu verhandeln. (Er machte allerdings die zunehmende Verweiblichung des Mannes unter anderem daran fest, dass ein Arzt ihm im Vertrauen gesagt habe, dass die Verweiblichung des Mannes inzwischen schon so weit fortgeschritten sei, dass man Augenleiden bei Männern und Frauen oft mit den selben Methoden heilen könne. Und noch anderes, womit ich aber hier niemanden noch mehr schockieren möchte 😆 )