Ich bin zwar schon lange keine 20 mehr - eher knapp 40, und bin schon längst aus meinem Elternhaus ausgezogen, aber mir ergeht es ähnlich wie dir. Ständig will mir meine Mutter sagen, was ich machen will, wohin ich gehen möchte oder ob ich besser zu Hause bleiben möchte. Ständig steht sie bei mir vor der Tür, mal wegen nem vergessenen Schlüssel, mal, weil der Postbote bei ihr meine Post eingeworfen hat. Seit dem Tod meines Vaters vor 18 Monaten wurde das sogar noch schlimmer. Egal, wie sehr ich versuche mich zu distanzieren und ihr sage, dass es mir zu viel wird, umso mehr sucht sie den Kontakt.
Dass dann einige hier schreiben, dass du es nicht wirklich wollen würdest, ist manchmal ein wenig fehl am Platze, denn manche Mütter - wie meine - drängen sich dann umso mehr auf und stehen noch häufiger vor der Tür, egal wie weit man weg wohnt oder erwarten, dass man täglich mehrfach nach dem Rechten schaut.
Wenn ich nicht wenigstens einmal täglich nach dem Rechten schauen würde, würde meine Mutter Probleme horten, die ich dann zu beseitigen habe, dass ich nicht mal mehr in der Lage wäre, arbeiten zu gehen und mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Ich habe z. B. gestern nach Feierabend vier Stunden im Stau mit Vollsperrung gestanden, da hat sie mich alle fünf Minuten angerufen, ob und wann ich überhaupt nach Hause kommen würde. Als ich dann endlich daheim war, rief sie mich an, dass sie gerade auf der selben Strecke wie ich im Stau stehe, da sie sich davon überzeugen wollte, ob das wirklich so schlimm war und sie könne gar nicht verstehen, dass dort vier Stunden Stillstand war, sie wäre schließlich nach einer halben Stunde da durch gewesen. Und dann kam sei vorbei und wollte haarklein alles genau wissen, was denn passiert wäre, ob der LKW, der den Unfall verursacht hatte, denn schwer beschädigt wäre, ob die Ladung gesichert werden konnte und wie es dem Fahrer ging und ob ich wüsste, in welches Krankenhaus er gekommen ist, woher er kommt, wie er heißt, wer die Einsatzkräfte vor Ort waren und ob ich sie kennen würde usw.
Gegangen ist sie dann erst um 1 Uhr die Nacht und um 5 Uhr musste ich schon wieder raus, da ich wieder auf die Arbeit musste. Und ich habe sie mehrmals gebeten zu gehen und sie langsam Richtung Tür geschoben. Heute früh konnte ich erst mal meine Autoschlüssel suchen gehen, die sie am Vorabend wohl "verlegt" hat - und ich weiß genau, wo ich sie hingelegt hatte, als ich heimkam. Denn von allein springt er nicht vom Schlüsselbund ab und hinterlässt die übrigen Schlüssel an Ort und Stelle. Ich musste meine Mutter erst anrufen und fragen, wo sie sind, worauf sie meinte, dass ich heute wohl besser nicht zur Arbeit fahren sollte. Nicht dass mir auf der Strecke auch was passieren würde. Sie würde sich sonst zu große Sorgen machen.