*************** noch mal Triggerwarnung **************
ahm nein...
das einfachste zu erst: das was ich sagte war "auch wenn ich noch lange nicht "clean" bin."
Man übertüncht also seelischen Schmerz durch körperlichen? Weil man den seelischen als schlimmer empfindet?
=> eher weil körperliche Schmerzen besser handhabbar sind, denke ich. Man kann sie besser aushalten, besser damit umgehen, besser ausblenden, besser etwas dagegen tun, ...
Ok, Problemlösung ist oft nicht einfach. Aber wie kommt man denn dann darauf, diese lösen zu wollen, indem man sich körperliche Schmerzen zufügt?
=> niemand sagt, dass das Probleme löst ^^ noch nicht mal von denen, die betroffen sind, sagt das jemand.
Da muss sich doch irgendein Mechanismus abspielen im Kopf, den ich nicht nachvollziehen kann.
=> so ist es. ;) Das was Du nicht nachvollziehen kannst, fängt damit an, dass man das überhaupt kann. Selbst wenn wir mal herauslassen, dass es für Dich abwegig ist, so etwas zu tun, würdest Du es versuchen, Dir beispielsweise eine Schnittwunde am Arm beizubringen, die blutet - Du würdest es nicht schaffen. Nicht einmal so, dass Blut fließt. Und bei uns ist "Blut fließt" noch eher die harmlosere Variante. Bei SVV ist "versehentlicher Suizid" immer ein Thema, weil man zu oft noch nicht mal mehr merkt, wie tief / gefährlich die Wunden sind.
Und natürlich: Dir fehlt das Verständnis für den Effekt, den es auf uns hat. Stell es Dir so vor: Jemand, der von Heroin nicht "high" wird, kann nicht heroin-abhängig werden. Jemand, der von Alkohol nicht betrunken wird, wird auch nicht alkoholabhängig.
kann man das als psychische Krankheit definieren?
=> die Selbstverletzung meinst Du? Ist an sich keine Krankheit aber ein Symptom, welches bei verschiedenen Krankheiten häufig ist (bei keiner davon immer, aber eben häufig) wie beispielsweise bei allen Störungen im autistischen Spektrum, diversen Eßstörungen, Borderline natürlich.
Es ist also wie bei einem Alki bspw. wenn man mit der Droge konfrontiert wird, wird man rückfällig?
=> das ist der Grund, warum ich hier die Triggerwarnung dazu schreibe. Einiges in meinem Beitrag hätte diesen Effekt, ja. Und es ist wirklich ähnlich wie bei einer Sucht, auch ein Alki wird nicht sofort rückfällig, wenn er eine Alkohol-Werbung sieht -- in unserer Gesellschaft ist die so präsent, da hätte man ja keine Chance. Aber an manchen Tagen, wenn man gerade so schon kippelt, kann es das Zünglein an der Wage sein und da muss man ziemlich aufpassen.
Wenn man sehr emotional ist, etwas nicht spontan bewältigt, dann muss das doch nicht gleich zur Selbstverletzung führen?
=> es MUSS gar nichts. Es war einfach nur der schnelle Weg hinaus, als die Situation weit über das erträgliche Maß hinaus ging. Ich hätte auch einfach schön weiter leiden können, halt bis ich zitternd und heulend auf dem Boden liege, jemand den Notarzt ruft und der mir dann so eine große "hab-euch-alle-lieb"-Spritze gibt, die mich für 2 Tage ins Lummerland schießt. Hatte ich auch schon, aber ob das jetzt besser ist... naja, nee. Oder ich hätte aussteigen können und damit leben können, dass ich die nächten 4h weder nach Hause noch auf Arbeit komme und dort festsitze. Oder ich hätte mich an dem Tag krank schreiben lassen können und wäre eben zu Hause geblieben.
Es war eine bewußte Entscheidung, diesen Weg zu nehmen.
Es ist ja auch Selbstbestrafung für Dinge, für die man selbst gar nichts kann, nicht verantwortlich ist.
=> nicht grundsätzlich, nein. Bei einigen Betroffenen ist Selbstbestrafung der / ein Hintergrund, das ist aber ein eher seltener. Bei den meisten ist es nur ein Ventil, ein Fluchtpunkt, ... nichts anderes, als sich ein Glas Alkohol hinter die Binde zu kippen. Schadet auch körperlich. Jedes Glas. Nicht viel, ja, aber wieviel schaden mir ein paar Tropfen Blut und ein paar Narben denn tatsächlich? Weit weg von echten Problemen und jetzt nicht wirklich schlimmer, als x Hirnzellen mit einem schönen Vodka zu töten.