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malati_12480862

  • 8. Aug 2017
  • Beitritt 7. Feb 2017
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  • jorie_12928253

    Liebe Lotusforget
    Darf ich Dir ein paar Fragen stellen?
    Wie hast Du Deinen Freund kennengelernt? Was studiert er und hat er bereits Erfahrungen in Europa oder ausserhalb von Ägypten sammeln können?


    Ich kann es vollkommen gut verstehen, dass Du Dir Sorgen machst. Es ist auch eine grosse Herausforderung. Aus meiner Erfahrung kann ich Dir nur sehr stark ans Herz legen, dich intensiv mit seiner Kultur auseinanderzusetzen - vor allem wenn er noch nicht ausserhalb von Ägypten gelebt hat. Die ägyptische Kultur ist eine vollkommen andere und in den letzten Jahren hat sich die wirtschaftliche und soziale Situation in Ägypten drastisch verändert, was grosse Auswirkungen auf die Gesellschaft hat. Vor 10 Jahren habe ich mich in Ägypten so viel freier und wohler gefühlt - ich konnte mich realtiv frei bewegen und habe mich oft mit Freundinnen getroffen. Das ist heute sehr schwer geworden. Die Sicherheitslage hat sich sehr stark verschlechtert - nicht zuletzt aufgrund der stark anwachsenden Armut im Land. Der Wert der Währung verfällt fortlaufend. Der korrupte Staatsapparat - korrupt war der ja schon immer seit der Revolution 1952 - hilft sich in erster Linie selbst und wer keine guten Beziehungen oder genügend Geld und Einfluss hat, bleibt auf der Strecke. Willkür ist an der Tagesordnung.


    Das alles hat auch Deinen Freund geprägt - nachhaltig geprägt. Er hat als Sohn eine Rolle innerhalb der Familie - nicht zuletzt muss er mithelfen seine Familie finanziell zu unterstützen. Das ist nicht ein nice to have - das wird ihm ein Grundbedürfnis sein. Umso fataler wird es für ihn sein, wenn er das nicht machen kann - weil er keine Arbeit findet. Hast Du Kontakt zu seiner Familie gehabt? Was halten Die davon, dass ihr Sohn eine nicht Ägypterin heiratet? Meistens löst das keine Begeisterungsstürme aus.... Die Familie hat einen grossen Einfluss auf ihn - denn das einzige Sozialsystem, dass in Ägypten funktioniert, die einzige Sicherheit die ein Mensch hat - ist die Familie und damit hat sie auch Mitspracherecht. Es ist eine Kollektivgesellschaft und sie funktioniert so. Zudem nimmt die Bedeutung der Religion stark zu - was verständlich ist - denn woran klammert sich der Mensch, wenn rings herum alles immer schwerer wird. Nicht zu vergessen sind die Einflüsse von den vielen Ägyptern, die viele Jahre in Saudi Arabien gearbeitet und gelebt haben und von diesem wahabitischen sunnitischen Islam nachhaltig geprägt wurden. Grundsätzlich war Ägypten immer ein sehr liberales Land - aber diese Einflüsse machen sich bemerkbar - zudem hilft die immer schlechter werdende Sicherheitslage den Frauen auch nicht sich frei zu entfalten, wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt.


    Ich will Dir keine Angst habe - aber Du musst dieses System zu verstehen lernen. Es ist oftmals total konträr zu dem was für uns richtig und wahr ist.


    Ich werde Dir gleich auch noch eine PN schreiben - damit Du mir direkt schreiben kannst.


    Ich wünsche Dir alles Gute. Die Liebe stärkt einen - aber man darf vor lauter rosaroter Brille auch die Realtiät nicht aus den Augen verlieren.


    Liebe Grüsse
    Massreya

  • ich bin ungewollt kinderlos und habe unter dem lange Jahre sehr gelitten. Nichts desto trotz kann ich mir gut vorstellen, dass man in einer Situation einer ungewollten Schwangerschaft sehr stark unter Druck steht. Wenn der Partner einen dann noch zusätzlich zu einer Abtreibung drängt und die Frau in dem Moment einfach nicht die Kraft hat sich zu wehren, dann kann es sicherlich zu solchen Entscheiden kommen.


    Wie so oft hat die Frau die Entscheidung sowie die Konsequenzen zu tragen. Leider.


    Vor Jahren habe ich eine solche Situation bei einer Kollegen erlebt. Das war noch zu einer Zeit, wo vor einer Abtreibung die Frau auch noch einen Termin bei einem Psychologen wahrnehmen musste. Meine Freundin war in den Ferien ungewollt schwanger geworden. Sie lebte in einer recht konservativen Umgebung, die ein uneheliches Kind nur sehr schwer ertragen hätte. Sie stand unter so einem Druck - hatte solche Angst vor den Konsequenzen und hat sich dann zu diesem Schritt entschieden.


    Seitdem ich das erlebt habe und auch gesehen habe, wie sehr sie in den Jahren danach gelitten hat, bin ich vorsichtig damit andere zu verurteilen, ohne die ganze Geschichte zu kennen.


    Warum lassen sich Frauen immer noch so unter Druck setzen? Das ist doch die grosse Frage. Warum wird es alleinerziehenden Frauen auch immer noch so schwer getan. Ganz ehrlich - ich möchte auch nicht alleinerziehend sein.


    Ich finde es sehr mutig ein solches Thema hier zu starten und sich auch hierzu zu öffnen. Es ist ein sehr schwieriges Thema und es ist eine unglaublich schmerzhafte Erfahrung. Ich hoffe sehr, dass Du die Kraft findest, dies zu überstehen und Dir selber zu verzeihen - denn nur dadurch wirst Du Deinen Frieden wieder finden.

  • Ich kann Dich sooo gut verstehen. Bei mir war es ganz ähnlich. Mein Exmann und ich hatten eigentlich nichts mehr Gemeinsames. Schon lange keinerlei Lust aufeinander mehr und eigentlich haben wir uns nur noch angeödet. Wir hatten dieses grosse Haus gekauft - wahrscheinlich um unsere Ehe zu kitten....waren hoch verschuldet deswegen und dann doch nicht glücklich. Während dem Bau und dem Einzug waren wir so voller Hoffnung und Euphorie...aber das hat sich sehr rasch gelegt. Dann kam der Alltag wieder und das Haus und die Schulden wurden zum Gefängnis.


    Ich habe das Jahrelang durchlebt - habe mich wie Tod gefült und nur noch funktioniert.


    Irgendwann habe ich jemanden wieder getroffen, den ich von früher kannte und dann ist es raz faz gegangen. Dieser Mann hat mir so viel Kraft gegeben, ich habe endlich wieder gelebt und mich wertvoll und geliebt gefühlt.


    Aber die Trennung war trotz allem nicht einfach. Ich habe mir damals ein Datum gesetzt an dem ich gehe. ich wusste, ich muss alles tun um die Kraft zu haben, diesen Schritt zu gehen. Ich will Dir keine Lügen auftischen - es war nicht einfach diesen Schritt zu gehen. Da gab es viele Ängste bezüglich der Finanzen, dem Haus, wie weiter, etc. etc. Auch habe ich mir grosse Sorgen bezüglich der Reaktion meiner Familie gemacht. Würden die das verstehen, würden die das gutheissen?


    Auf jeden Fall war der Leidensdruck bei mir so hoch, dass es für mich irgendwann kein zurück mehr gab.


    Es war eine solche Befreiung. Es gab natürlich grosse Herausforderungen danach bis das Haus verkauft war und die Ehe geschieden....aber ehrlich gesagt - es gab vor allem auch ein neues Leben.


    Ich wünsche Dir ganz ganz viel Kraft

  • jutta_12247735

    Liebe Yraalee. Ich bin seit 2007 mit einem ägyptischen Mann zusammen. Wir leben in der Schweiz und sind seit 2009 glücklich verheiratet. Wie in jeder Beziehung haben wir unsere up and downs aber das liegt selten an der Kultur. Vieles eint uns mehr, als es uns trennt. Wir sind in sehr ähnlichen Familien aufgewachsen (Struktur, soziales Umfeld) und haben viele Gemeinsamkeiten. Wir haben unterschiedliche Religionen und wir stammen aus unterschiedlichen Kulturen. Wichtig ist für uns beide, dass darüber nicht gewertet wird - sondern die Unterschiede bestehen und o.k. sind. Wir können offen miteinander sprechen und wir haben keine Tabuthemen, die wir nicht besprechen. Für mich ist das ganz zentral.


    1001 Geschichten kenne ich natürlich auch und ich finde es sehr tragisch, was Frauen oftmals angetan wird. Wie sehr der Wunsch nach Liebe ausgenützt wird. Es gibt natürlich teilweise naive Frauen, die sicher nicht ganz unschuldig an dem Drama sind - aber es gibt durchaus viel zu viele Beispiele von Frauen, die ganz gezielt hinter das Licht geführt worden sind und das tut mir weh und leid. Aber trotz allem gibt dieses Forum ein falsches Bild. Es neigt leider auch dazu zu verallgemeinern und das hilft niemandem weiter.


    Nicht zu unterschätzen sind aber nichtsdestotrotz die grossen Herausforderungen in vielen Ländern des Mittleren Ostens. Die Menschen, die hilfesuchend zu uns kommen nach Europa haben ein Recht auf Hilfe und Unterstützung und ein Recht darauf ohne Angst leben zu dürfen. Die hiesige Gesellschaft hat aber auch ein Recht darauf, dass die Kultur des Landes akzeptiert und respektiert wird. Ich bin gegen die Forderung nach Assimilierung. Denn niemand soll seine kulturelle Prägung über Bord werfen sollen. Ich bin nachwievor ein grosser Verfechter der Integration - aber die muss zweiseitig passieren. Sobald es ein einseitiges Bestreben ist - ist es zum Scheitern verurteilt.


    Ich freue mich auf den Austausch mit anderen Menschen, die in ähnlichen Familienstrukturen leben.


    Liebe Grüsse
    Eure Massrey