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  • 30. Apr 2013
  • Beitritt 30. Apr 2013
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  • Maibaum, Maifeiern, Feiertag, leerer Tag.
    Es war in dem Jahr, in dem am Ende die Welt untergehen sollte. Ich habe daran nicht geglaubt.


    Frühjahr, der Boden ist noch kalt, die Luft aber mild. Ich bin gerade volljährig geworden. Erwachsen, die Zukunft vor mir! Keine Regel, Zufall. Test. Leider richtig. Arzt, der Arzt. Seine erste Frage, ob ich es behalten will. So jung. Ich bin nicht jung, volljährig bin ich!


    Eine Beratung. Es ist meine Entscheidung. Es wird ganz wenig gedehnt, das Gewebe wird mit einem dünnen Röhrchen abgesaugt. Dünn, wenig, -chen. Alles klein, verniedlicht. Nicht schlimm, ein klein wenig. Früher auch als Kind, der Zahnarzt, bohrt ein klein wenig. Aber die Schmerzen sind schlimm.


    Aufgerufen, ausziehen. Abfertigung. Ich bin noch mutig, nehme meine Sporttasche, gehe.Wieder nach Hause. Abgesagt, nicht geganen.


    Mach dir nicht das Leben kaputt. Du bist noch zu jung. Ich bin noch zu jung. Ich rede es mir selbst ein. Zu jung, kaputtes Leben. Überleg es dir. Es ist nichts. Du spürst nichts.


    Jetzt in der Klinik. Es muss vorbei sein, Hauptsache vorbei. Diese Entscheidung, sieben mal am Tag dafür, sieben mal dagegen. Medikamente, Operation. Ich wache auf. Erleichtert. Keine großen Schmerzen, ich versuche ruhig zu wirken. Neben mir im Zimmer eine Frau. Alt, sehr alt. Auch sie gab ihr Gewebe an dieses kleine Röhrchen ab. Es ist ja nichts, es ist eine Kopfsache. Sagte mir die Frau in der Beratung. Cool, sie ist einfach cool. Wollte halt mal jetzt kein Kind. Und ich nicke zu, es war ja nicht schlimm.


    Hätte ihr fast gesagt, ich habe abgetrieben, um im Sommer meine Bikinifigur zu halten. Nicht aus Provokation, sondern weil die Stimmung so war. Schnell weg damit, wieder hinein in den Lauf des Lebens.


    Ein Jahr später. Die Tränen sind nicht weniger geworden. Schnell weg. Es ist da, es ist immer da. Ich kann meine Trauer nicht ablegen. Ich kann nur gegen ihre Symptome kämpfen.


    Die Bilder, Beratung, verschwommener Blick beim Aufwachen, die coole Nachbarin. Meine Freundin, der ich zunicke, als sie sagt, dass es ja nicht so schlimm gewesen sei. Schnell Gewebe entsorgen. Es ist einfach.


    Leiden tue ich. Und denke an diesen Tag. Es ist Feiertag, der nächste Tag. Feiern, frei sein. So war es letztes Jahr, frei, der Bauch war frei. Aber leer.