Liebe Leonie,
ich kann dir gut nachfühlen, wie fertig du gerade sein musst! Der positive Schwangerschaftstest vor 2 Wochen hat schließlich von einem Tag auf den anderen dein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Du warst ja sicher gerade auf ganz andere Dinge eingestellt. Hast dich auf deinen Studienbeginn gefreut und warst auf all das Neue, was damit auf dich zukommen würde, gespannt. Und dann dieser Schock! Deine Verzweiflung, die vielen Gespräche (bei der Beratung, mit deinen Eltern, mit dem Kindesvater) und überhaupt die ganze emotionale Achterbahn, die du selbst seither durchmachst, ich kann es nur erahnen, wie es dir grad geht... fühl dich mal unbekannterweise ganz, ganz lieb gedrückt.
Ich kann aber auch verstehen, dass du anfangs über eine Abtreibung nachgedacht hast.
Der Gedanke, alles „ungeschehen“ zu machen und das Leben so weiterzuleben wie geplant ist einfach verlockend in deiner Situation.
Und doch spürst du genau, dass das nicht gehen wird. Du bist sehr sensibel, hast ein feines Gespür dafür, was du übers Herz bringst und was nicht, das merkt man aus all deinen Worten. Es berührt mich sehr, wie deutlich du spürst, dass du dein Kind nicht abtreiben kannst, auch wenn du verständlicherweise Angst vor Zukunft hast.
Du fühlst dich viel zu jung und zu unsicher für ein Kind, hast du geschrieben. du, ich glaub, das geht fast allen (jungen) werdenden Müttern so beim ersten Kind, selbst wenn eine Schwangerschaft geplant/gewünscht ist, dass erst mal große Unsicherheit da ist.
Und dich fordert dein Überrumpelungs-Baby ja nochmal ganz anders heraus!
Kannst du dir vielleicht für jetzt einfach zugestehen, dass du noch eine Weile brauchst, dich in diese Veränderung deines Lebens hinein zu finden? Du hast ja doch auch noch Zeit, um alles Schritt für Schritt zu planen (dein Studium, Babypause usw.), so dass es gut werden kann für dich, für euch.
Wie ist es denn im Moment? Hast du dein Studium jetzt schon begonnen? Und kannst du von zuhause aus studieren oder bist du fürs Studium woanders hingezogen?
Das erste Semester wirst du ja auf jeden Fall fertig machen können, oder?
Ich wünsche dir jedenfalls alles Gute für deinen Studiums-Start!
Mit deinen Eltern hast du ja schon einiges besprochen können, wie es mit deinem Baby und deinem Studium gehen könnte. Ihr habt offensichtlich einen gut funktionierenden Familien-Zusammenhalt. Und ich finde es ja echt enorm, was du trotz Schock in den letzten beiden Wochen schon alles diesbezüglich geklärt hast. Gut, dass du deine Familie als Unterstützung hast!
Ich verstehe natürlich auch, dass du dir vor allem auch die Unterstützung von dem Vater deines Kindes wünschen würdest. Das ist doch absolut normal, wenn du darauf hoffst, dass er zu dir und eurem Kind steht und dich jetzt nicht damit alleine lässt, auch wenn ihr keine feste Beziehung hattet.
Ich könnte mir denken, dass er im Moment einfach noch im ersten Schock ist und wie du sagst, einfach auch große Angst hat, was als werdender Vater auf ihn zukommt.
Aber lässt seine Aussage, dass er dich nicht alleine lassen würde mit eurem Kind und helfen würde, nicht hoffen, dass er doch bereit ist seinen Teil der Verantwortung mit zu übernehmen?
Und wer weiß, was sich noch zwischen euch entwickelt... Da ist ja noch vieles offen!
Macht er dir denn aktuell noch sehr Druck mit der Forderung, abzutreiben?
Vielleicht braucht er im Moment einfach deine Standfestigkeit, dass du das eben nicht kannst, auch nicht ihm zuliebe?
Und was deine Sorge angeht, keine Mutter für dein Kind sein zu können: ich denke, gerade weil du dir jetzt schon so viele Gedanken darüber machst, ob du eine Mutter für dein Kind sein kannst, dass du nur das Beste für dein Kind willst, dass du für dein Kind mit beiden Beinen im Leben stehen willst (das wirst du!), all das, zeigt das nicht am deutlichsten, dass du jetzt schon wie eine Mutter für dein Kind fühlst? Du wirst die beste Mama für dein Kind sein, ganz bestimmt!
Liebe Leonie, ich möchte dir einfach sehr Mut machen, jetzt in dieser Situation ganz bei dir zu bleiben, auf dein Herz zu hören. Du wirst spüren, was das Richtige für dich ist, und du wirst Schritt für Schritt deinen Weg finden, da bin ich mir sicher.
Was oder wer könnte dir denn jetzt noch zur Seite stehen, außer deinen Eltern?
Hast du denn vielleicht auch noch Freunde/innen, die es positiv sehen, jung Mama zu werden?
An den Unis und Hochschulen gibt es ja zum Glück auch viele günstige Regelungen für junge Mütter!
Würde es dir vielleicht auch helfen, wenn du dich da noch gut beraten lässt, um in Erfahrung zu bringen, was du alles an Unterstützung bekommen kannst und einfach an Möglichkeiten als studierende Mama hast? Einfach, dass du so mehr Sicherheit bekommst, es kann gehen, ich kann es schaffen!
Magst du wieder schreiben, wie es dir geht, was dir alles durch den Kopf geht?
Ich denke jedenfalls sehr an dich und wünsche dir für heute einen kleinen Lichtblick in irgendeiner Form und dir einfach weiter ganz viel Mut und Zuversicht, diese Herausforderung jetzt zu meistern. Das Schicksal oder dein Baby, wenn man so will, scheint es dir ja zuzutrauen, dass du es packst;-).
glg
steffi