Ich habe keinen Ausweis,
aber öfter mit meinem Mann darüber gesprochen. Ich überlasse in dem Moment ihm die Entscheidung, weil es nämlich dann nicht mich, sondern ihn betrifft. Er muss irgendwie mit der Situation klarkommen, alles bewältigen und auch die Trauer ertragen. Keine Ahnung wie er da reagieren würde. Er weiß, dass ich persönlich gerne spenden würde, aber ob er damit in dem Moment klarkommt, kann ich nicht vorhersehen. Und obwohl es vielleicht das Letzte ist, worüber jeder selbst bestimmen kann, so sehe ich meinen Tod eher als Problem für meine Angehörigen an. Ich krieg ja nichts mehr mit...
Ich will dann nicht, dass er mit meiner Entscheidung ein Problem hat, sondern er kann und soll so entscheiden, wie er es dann für richtig empfindet. Wenn es nachher für ihn eine zusätzliche Belastung wäre, dann fände ich es schlimm. Ich glaube aber, dass er sich dafür entscheiden würde, zum einen weil er weiß, dass ich es will, zum anderen weil er selbst auch so denkt.
Ist sicher auch egoistisch, wenn ich sage: "Mir ist das Seelenheil meiner Familie wichtiger als die Menschen, die dringend ein Spenderorgan benötigen!", aber ich möchte einfach auch, dass meine Angehörigen frei in der Entscheidung sind und nie daran zweifeln oder denken "Die haben sie sterben lassen, weil sie an ihre Organe wollten, dabei hätte sie vielleicht noch..."
Schwierig zu erklären und im Endeffekt genau das Dilemma, das wahrscheinlich für zu wenig Spenderorgane sorgt, weil die Angehörigen mit der Entscheidung überfordert sind. Andererseits gibt es sicher auch viele Beispiele von Angehörigen, für die es eben in der Situation auch etwas Tröstendes hat.
Z. B. kann ich heute aus dem Bauch heraus nicht sagen, was ich mit den Organen meiner Kinder machen lassen würde. Sorry, ich mag und kann mir die Situation nicht ausmalen, dass ich jemals vor dieser Entscheidung stehen soll. Ich kann heute nicht sagen: "Klar, auf alle Fälle! Das würde mich trösten!" und auch nicht "Nein, niemals! Wenn dann soll mein Kind "ganz" bleiben!"
Im Normalzustand bin ich auch der Meinung, dass der Körper nur eine Hülle ist, aber wer weiß, wie ich drauf wäre, wenn plötzlich mein Kind hirntot wäre. Ich kann die Frage nicht beantworten und ich mag sie nie beantworten müssen!
Das ist bei mir ähnlich wie die Frage nach einer Abtreibung bei einem schwerstbehinderten Kind. Die Frage stand bei uns einmal 3 Tage lang im Raum, als bei meiner mittleren in der 12. Woche eine Fehlbildung festgestellt wurde, die oft auch bei gravierenden Gendefekten auftritt. Glücklicherweise mussten wir keine Entscheidung fällen. Es kam die Entwarnung, dass genetisch alles in Ordnung ist, so dass wir die Frage nie beantworten mussten. Ich hab nur damals festgestellt, dass es zwei verschiedene Welten sind, wenn man in der Theorie sagt: "Ich würde nieeeeee" oder "Würde ich wohl doch machen..." oder ob man in so einer Situation halbwegs drinsteckt. Ich betone halbwegs, denn bei uns bestand nur ein hohes Risiko, es war noch nicht festgeschrieben, daher haben wir damals nur intensiver und anders diskutiert, aber immer noch mit der Hoffnung im Hinterkopf "es wird doch auch alles gut sein!"
Und so sehe ich es beim Thema Organspende. Die Situation ist mir zu extrem und ich kann mich nicht in sie hineinversetzen.
Das ist keine Frage, die man einfach so beantworten kann. Da spielen so viele Dinge eine Rolle, die man außerhalb der Situation sich gar nicht vorstellen kann. Daher würde ich mir auch niemals ein Urteil erlauben...
Was hier teilweise wieder für Sprüche kommen mit "Jaa, aber nur für die, die...." haut mich eh von den Socken. Da bin ich mir ganz sicher, dass diese Leute keinen Organspendeausweis im Geldbeutel haben und sich weniger Gedanken als ich gemacht haben.