Da ich mich auch immer sehr für die Geburtsberichte interessiert habe (war schliesslich meine erste SS), gibt es hier auch einen von uns.


Eine kleine Vorwarnung: Es wird sicher lang und ich war zuerst sehr unglücklich mit dem Verlauf der Geburt!


Seit SSW 30 hatte ich Vorwehen und mein Gmh wurde immer kürzer von Woche zu Woche, deswegen waren sich alle Ärzte unsicher, ob er nicht ein Frühchen werden würde und wir waren das erste mal schon exakt einen Monat vor der Geburt mit regelmässigen Wehen von 6 Minuten im Krankenhaus. Da hiess es dann es sieht wohl aus, als wenn es losgeht, MuMu zwei fingerdurchlässig, gute Ausschläge beim CTG, aber es wird wohl noch ein wenig dauern und dass ich auch noch nach Hause kann um mich zu entspannen. Am Ende hats dann noch einen Monat gedauert und am nächsten Morgen waren bei der Untersuchung alle verwundert, dass die Wehen plötzlich komplett verschwunden waren :-)


Ich hatte immer wieder Nächte in denen ich auf die Uhr geschaut habe und auch mal über 2 Stunden Wehen veratmen musste. Irgendwann habe ich dann aufgehört immer die Zeit zu stoppen und mich einfach auf mein Gefühl verlassen, dass es noch nicht losgeht. Sonst hätte es sicher noch ein paar mehr Fehlalarme gegeben. Einen Tag vor ET hatte ich dann einen Routine Untersuchungstermin und das erste mal hat was mit dem Kleinen nicht gestimmt, kaum noch Fruchtwasser, Verdacht dass die Blase gesprungen sein könnte. Musste abends noch zur Untersuchung ins Krankenhaus und auch da waren sie sehr besorgt über die Fruchtwassermenge, wollten aber aufgrund sehr guter Herztöne von ihm noch nicht eingreifen, musste nur am nächsten Tag wieder hin. Da kam dann der Befund, dass sie das nicht mehr so lassen wollen und sie ihm nur noch 24 Stunden geben sich von selbst auf den Weg zu machen, sonst leiten sie ein. Meine wunderbare, problemlose SS sollte also doch nicht so ganz problemlos und natürlich enden. Das war (auch wenn ein wenig übertrieben im Nachhinein) für mich schon ein erster Grund zur Verzweiflung. Irgendwie schien der Kleine in meinem Bauch das gemerkt zu haben und nur ein paar Stunden nach dem Termin gingen mal wieder die Wehen los. Am Anfang dachte ich wie immer "mal abwarten", aber sie gingen nicht mehr weg und wurden immer stärker. Also abends gegen 17 Uhr den Entschluss gefasst ins Krankenhaus zu fahren und bis 22:30 Uhr noch zu Hause versucht Kraft zu tanken. Im Krankenhaus hiess es dann es sieht gut aus, 3cm, aber die Wehen sind zwar schön regelmässig, leider auf dem CTG aber kaum merklich zu sehen. Das war für mich der zweite Verzweiflungsgrund. Beim Fehlalarm hatte ich riesige Wehenberge und hab die locker weggesteckt und jetzt musste ich veratmen und konnte unter den Wehen nicht mehr liegen bleiben, man sah aber nur minimale Ausschläge. Ich war enttäuscht und verwirrt, wie wenig ich meinen Körper zu kennen schien. Da absoluter Babyboom war, konnten wir eh noch nicht in einen Kreisssaal und so haben wir uns zusammen mit der Hebamme entschlossen doch nochmal nach Haus zu fahren. Mein Mann hat noch ein bisschen Schlaf gefunden und ich bin alle 4 Minuten aus dem Bett gesprungen, weil ich immer Bewegungsdrang hatte mit jeder Wehe. Wollte aber so lange wie möglich durchhalten, um eine weitere Enttäuschung und Wartezeit im Krankenhaus zu vermeiden. Schlussendlich waren wir um 3:30 Uhr wieder da mit Wehen alle 2,5 Minuten. In der ganzen Zeit habe ich nur 1cm mehr geschafft beim MuMu und wir sind dann in den Kreisssaal gekommen. Wehe um Wehe habe ich weggesteckt und kam mir unglaublich kraftvoll und tapfer vor, habe versucht gut mitzuarbeiten, meine Entspannungstechniken anzuwenden. Aber Pustekuchen... um 7 Uhr morgens war ich immer noch bei 4cm MuMu und steinhart, auch die Höchstdosis Buskopan sollte daran nichts ändern. Die Hebamme wollte dann mit mir sprechen, weil die Herztöne vom Baby unter den Wehen immer schlechter wurden: Geburtsstillstand, da ich so gut versucht habe mitzumachen und mein Kopf das ganze nicht blockieren zu scheint, weiss sie nicht Recht, wie sie mir helfen soll, irgendwas in meinem Körper scheint sich unbewusst zu verkrampfen und sich mit aller Gewalt gegen die Geburt zu stemmen. Sie hat eine PDA vorgeschlagen, ich habe höllische Angst vor Spritzen und in dem Moment sind mir alle Dämme gebrochen, obwohl ich vorher keine Miene verzogen hatte bei den Wehen. Ich war ein zitterndes Häufchen Elend und hatte nur noch Angst. Aber ich hatte eine tolle Hebamme und mein Mann hat mir mehr als wundervoll zur Seite gestanden. Es war die letzte Chance, bevor er mit KS hätte geholt werden müssen, das hat mich dann letzlich überzeugt, da hätte ich ja eh die PDA dann gebraucht und das wollte ich dem Baby und mir nicht antun. Leider musste die PDA 3x gesetzt werden, bis sie richtig sass und obwohl ich nicht hingeguckt und auch nicht hingehört habe, kriegt man natürlich irgendwie mit, dass es nicht optimal verläuft. Dann wurden bei ihm noch Elektroden an den Kopf gesetzt und ihm wurde ein Tröpfchen Blut abgenommen, um seinen Zustand nochmal genau zu prüfen. Ab dann ging alles ganz schnell, plötzlich waren es 6cm MuMu und als ein paar Momente später mein Mann und die Hebamme kurz Kaffee holen wollten, ist mir die Fruchtblase geplatzt und ich sag nur "ich glaub ich muss pressen... ich weiss, dass geht irgendwie alles zu schnell, aber es fühlt sich so an". Nach kurzem Check der Hebamme hat sie dann mit einem Lächeln gesagt "Na dann pressen sie mal locker mit für den Anfang" und nach nur 11 Minuten war der Kleine schon da. Ich musste allerdings geschnitten werden und trotz allem Adrenalin war das Nähen danach die Hölle für mich - weh getan hat es so gut wie gar nicht, aber der Gedanke an die Nadel, hat mich einfach sehr panisch werden lassen.


Er hatte am Ende 3.620g bei 51cm und 36cm KU, war kerngesund und kam am 08.01.2015 um 10:09 Uhr zur Welt.


Ich war vom ersten Moment an verliebt und bin es heute, 4 Wochen später, umso mehr. Aber ich war entsetzt, wie negativ ich die Geburt in Erinnerung hatte noch Tage danach. Ich habe absolut nichts vergessen, hatte immer das Geräusch des Dammschnitts im Kopf und hätte heulen können beim Gedanken an die PDA und eine natürliche Geburt vermeintlich nicht geschafft zu haben.


Ich will auf keinem Fall jemandem Angst machen, körperlich war ich schon wenige Tage später trotz Narbe wieder fit und habe den Alltag gleich geniessen können. Ich will euch mehr Mut machen... auch wenn die Geburt nicht ideal oder wie gewünscht läuft, lasst eure Wut darüber zu, redet mit vertrauten Menschen oder Ärzten drüber und irgendwann lässt das Gefühl nach. Nicht jeder geht glücksbeseelt aus dem Kreisssaal und vergisst Probleme sofort oder hatte glücklichweise gar keine und trotzdem kann der Start ins Leben mit Baby toll werden und man braucht sich für rein gar nichts zu schämen!

[s:p/oaq]
Ganz, ganz schön geschrieben! Ich finde, damit machst du wirklich Mut, alles so hinzunehmen wie es kommt (: