Bin schockiert
Hallo ihr alle!
Obwohl ich auch etwas in die richtung erlebt habe, bin ich schockiert, wie vielen leuten ähnliches passiert ist. Ich war bis vor kurzem so naiv zu glauben, es käme seltener vor.
Ich war damals erst 12, somit ist es etwa fünf jahre her. Mir ist es in der schulklasse in der pause passiert, dass drei jungen, mit denen ich mich nicht vertragen habe, mich ausgezogen und herumgestoßen und angefasst haben; was noch passiert ist, weiß ich nichtmehr, ich habe fast alles bis auf details vergessen und weiß nurnoch bruchstücke mit sicherheit. Ich könnte heute nichtmal mehr sagen, welche jahreszeit war oder warum wir so wenige im klassenzimmer waren und warum ein zwei schüler dabei waren und nur zugesehen haben. Ich weiß nurnoch dass es weh getan hat und dass ich mich in den folgenden paar tagen nicht in die schule getraut habe. Meine mutter hat mich gezwungen, die geschichte dem klassenvorstand zu erzählen und danach weiter in den unterricht zu gehen; sie dachte, damit sei alles erledigt. Dass sie die situation so falsch einschätzte, liegt daran, dass sie selbst in ihrer kindheit von meinem großonkel, den ich zum glück nie kennenlernen musste, missbraucht wurde und darum gedacht hat, es sei "eh nicht so schlimm" was mir passiert ist, und ich übertreibe nur; ihr sei viel schlimmeres geschehen. Die lehrer haben mir allerdings bis auf zwei ausnahmen nicht geglaubt, darum gab es keine konsequenzen für die jungen bis auf einen besuch bei der äußerst kompetenten schulpsychologin... Ein schulwechsel kam für meine eltern nicht in frage, es wäre gleichbedeutend mit "aufgeben" und "versagen". Die nächsten zwei jahre waren ein dämmerzustand aus selbstverletzungen und essensverweigerung, in dem ich mich bemühte, die mitschüler, die weiterhin mit mir in der klasse saßen, nicht wahrzunehmen. Ich hatte weitere zwei jahre lang im grunde täglich angst in der schule. Nach der vierten klasse musste ich sie nichtmehr jeden schultag sehen, und mit 15 hatte ich dann auch meinen ersten freund, der 18 war. Die beziehung ist nach gut einem halben jahr zerbrochen, weil ich ihm mit der begründung, vergewaltigt worden zu sein und angst zu haben, den sex verweigerte und ihn um verzeihung bat. Das akzeptierte er ein halbes monat, danach war seine geduld vorbei und er schlief mit einer anderen.
Jetzt bin ich in einem monat 18 und habe seit zwei monaten einen fast sieben jahre älteren freund. Eigentlich könnte es kaum besser laufen; ich fühle mich größtenteils wieder normal und ganz bei ihm. Andererseits sehe ich mich nach allem noch immer manchmal mitschuldig an der situation damals und schäme mich; es ist irrsinnig schwierig solche gedanken abzulegen selbst wenn man weiß dass sie nicht der wahrheit entsprechen. Ich fühlte mich außerdem verpflichtet ihm zu sagen, was mir passiert ist, weil er verstehen sollte warum er mit mir in zukunft oft geduld haben muss. Ich wecke ihn ja auch regelmäßig unabsichtlich mit meinen albträumen. Da ich darüber nicht sprechen konnte bzw kann, habe ich es ihm in einem brief geschrieben und ihn später gefragt, ob er mich so akzeptieren kann oder mich verlässt. Ich wollte dass er vorher weiß, worauf er sich einlässt; dass er "beschädigte ware" kauft. Er war unglaublich sanft und liebenswert und hat gemeint, diese geschichte gehört zu mir und er nimmt mich wie ich bin. Er ist der erste, bei dem ich mir sex vorstellen kann, ohne ekel und angst zu spüren. Vor drei wochen war es dann auch so weit, aber als er mir dann die unterwäsche ausziehen wollte ist alles wieder hochgekommen und ich bin panisch geworden und hatte irrsinnige angst und schulgefühle, und er hat es natürlich sofort mitbekommen und es abgebrochen und mich lieber in den arm genommen, beruhigt und getröstet. Ich habe ihm in der nacht ca dreitausend mal gesagt dass es mir leidtut, aber er meinte dass ich mich nicht entschuldigen müsse. Vor zwei tagen hatte ich dann mein erstes mal und es ging von mir aus weil er mir zeit lassen wollte, und ich habe mich eigentlich schon sehr darauf gefreut und mich mit dem gedanken auseinandergesetzt. Es lief auch anfangs sehr gut, dann hat es aber doch ziemlich wehgetan, obwohl er unheimlich behutsam war, weil ich kurzzeitig wieder die alte panik aufwallen gespürt habe und mich vollkommen verkrampft habe, und ich konnte es wohl kaum richtig genießen. Trotzdem bereue ich es nicht; ich versuche ihm zu zeigen, dass ich ihm vertraue. Ich frage mich, ob ich diese dinge jemals genießen kann, ohne mich "nicht normal" oder befleckt zu fühlen; und ob ich es ihm überhaupt zumuten kann, mit mir zusammen zu sein. Das beste für ihn wäre wohl, er hätte sich eine andere freundin gesucht, mit der er es nicht so schwer hat. Tut mir leid, dass der text so lange geworden ist, ich hatte nur das bedürfnis, es irgendjemandem mitzuteilen. Ich wünsche euch allen viel glück in euren jetzigen situationen und mit dem bewältigen eurer probleme.
Liebe grüße