Na neugierig? Oder kennen sie Bridget Jones nicht? Sie wissen schon, die Frau, die Schokolade zum Frühstück ißt und Probleme mit dem Gewicht und den Männern hat. Aha, es hat also geklingelt. Gut dann können wir anfangen.
Ja, wir sind alle ein bißchen Bridget Jones. Kein Wunder also, dass ein Buch so erfolgreich sein konnte, denn die meißten Frauen identifizieren sich mit ihr oder kennen eine, die ihr ähnelt. Auffälligste Gemeinsamkeit? Gewichts- und Männerprobleme, nicht zu vergessen: mangelndes Selbstbewußtsein. Und diese Probleme haben wir ja wohl alle, mehr oder weniger.
Sie wollen den Beweis? Schauen sie sich einmal in ihrer näheren Umgebung um. Sehen sie in den Spiegel. Nanu, was ist? Trauen sie sich nicht? Angst vor der Wirklichkeit? Es ist nicht so schwer, glauben sie mir, ich habs gewagt. Die Folge war eine erstaunliche Entdeckung.
Mit vierzehn Jahren war ich nämlich unsterblich in Elvis verliebt. Das der schon ein paar Jährchen tot war hat mich nicht sonderlich interessiert. Zwei Jahre später träumte ich von George Michael, allerdings nicht sehr lange, denn die Tatsache, dass dieser homosexuell ist, war nicht gerade sehr inspirierend. Seinen Platz nahm dann Morton Harket (Sänger bei A-HA) ein. Sogar ziemlich lange, wie ich (seufz) gestehen muß. So ist das nun mal im Teenager-Alter. Ein wundervolles Alter, das der Rebellion, der ersten Liebe und des ersten Kußes. Nun ja, so dachte ich jedenfalls. Heute stelle ich fest, das die Hauptpersonen in meinen Träumen andere sind. Heute verbringe ich meine Nächte mit Mel Gibson, George Clooney und treffe mich gelegentlich mit Sean Connery, natürlich nur, weil man sich ja bei soviel Sex auch mal gepflegt unterhalten will. Ziemlich armseelig finden sie? Wovon träumen sie denn? Ich glaube ihnen kein Wort, wenn sie behaupten so etwas noch nie geträumt zu haben! Ich behaupte sogar, das jeder seine eigenen Träume hat, denn das ist Fantasie.
Das ist aber noch nicht alles. Wir regen uns nämlich heute immer schneller über Kleinigkeiten auf, statt zurückzublicken und uns zu fragen, ob wir nicht früher auch so gehandelt/gefühlt/gesprochen hätten. Wir lästern über anders Denkende und treten ohne Gewissen auf deren Gefühle herum. Es ist einfach zu sagen: jedem das seine, doch schwer ist es auch so zu denken und zu handeln. Ist es nicht so, das um die Meinumg des anderen akzeptieren zu können, wir sie erst mal als Meinung identifizieren müssen?
Ich gebe zu, ich bin ein eifriger Forumleser. Immer wieder fällt mir auf, das mit der Zeit auch hier Gruppen gebildet werden. Nennen wir sie ruhig die Alten und die Jungen. Hier wird Toleranz angemahnt und Akzeptanz, doch was man zeitweise zu lesen bekommt ist genau das Gegenteil. Dabei wird es immer wieder Menschen geben, deren Ansichten sich von den unseren unterscheiden. Haben wir deshalb das Recht sie zu verurteilen? Verurteilen wir sie, weil wir nicht verstehen oder weil wir eigentlich in bestimmten Situationen genau so fühlen und denken wie sie, es aber niemals zugeben würden. Verstecken wir uns nicht allzu oft hinter Zitaten, weil uns das angenehmer ist, als die eigenen Worte, die uns dazu einfallen? Aus Angst das gleiche Niveau anzunehmen? Wir werden immer anecken. Einige mehr, die anderen weniger und einige sogar mit Absicht. Vielleicht weil sie sich bestätigen wollen, oder weil sie sich in der Opferrolle gefallen. Wer weiß?
Gibt es auch hier einen Generationskonflikt? Warum ist ein harmonisches Miteinander so schwer. Warum können wir uns bei scheinbar unerwünschten Kommentaren nicht einfach zurückhalten. Es gilt noch immer der Satz: erst Denken - dann Sprechen. Also warum ist es so schwer einen Schritt zurück zu treten und das Gehirn einzuschalten?
Ich denke, wir probieren uns täglich aus, testen unsere Grenzen. Allerdings liegt hier das ganze Problem. Wir leben nämlich in einer hochtechnologisierten Welt, welche auf Zerstörung ausgelegt ist. Zu pragmatisch? Sehen sie sich die Nachrichten an. Wir steuern von einer Krise in die nächste, ohne das die vorherige wirklich gelöst wurde. In dieser Welt seine persönlichen Grenzen zu finden und zu akzeptieren, ist schwerer als es scheint. Denn selbst die Wissenschaft und die Natur haben scheinbar keine. Wir verarbeiten täglich so viele Informationen und lernen dazu, doch zwischenmenschliche Beziehungen bleiben dabei auf der Strecke. Kaum noch fähig ein vernünftiges Gespräch zu führen, messen wir unsere rethorischen Fähigkeiten im Internet, im Forum, beim Chatten usw. Nur das uns inzwischen die Anonymität gefällt und wir sie ausnutzen. Ich kann zum Beispiel die rassige Liebhaberin sein, die Ehebrecherin oder die Nervensäge vom Dienst. Mein Privatleben kennt niemand außer mir. Welch armseelige Welt, in der Rechtschreibfehler und Halbsätze zu Pseudodiskussionen herhalten müssen (apropo, sollten welche im Text sein: nobody is perfect) und das eigentliche Thema aus den Augen gerät, bzw. völlig ignoriert wird.
Keiner von uns ist perfekt. Wir machen nun mal Fehler, es liegt in unserer Natur sie zu machen. Ohne Fehler wären wir nicht die Persönlichkeiten, die wir heute sind.
Nachdem ich das Buch gelesen hatte, sie wissen schon, ich meine Schokolade zum Frühstück, wurde mir so einiges bewußt. Erstmal zu der Frage, warum müssen Frauen heute schlank sein? Haben sie das Buch gelesen? Es gibt dort einen herrlichen Satz: Männer wollen Frauen mit einem Arsch, in dem man ein Fahrrad parken kann. (Für die genauen unter ihnen: ich wollte nicht zitieren, also kann der Satz auch anders gewesen sein.) Sind es also wirklich die Männer, die Frauen dazu bringen weinend bei ihren Freundinnen zu sitzen, weil sie sie zu dick finden? Ich behaupte: Nein. Es sind doch eher die sogenannten Freundinnen, die uns zur Verzweiflung bringen. Und nicht nur die. Auch die Mütter haben einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu getan. Wann waren sie das letzte mal mit ihrer Mutter einkaufen? Es geht ungefähr so: „Also nein Schatz, die beige farbende Hose trägt zu sehr auf, nimm lieber die dunkelblaue, du weißt doch, bei deiner Figur!“. Grrrrrrr. Ich denke, das kennen sie.
Vielleicht halten sie mich für arrogant. Ihre Sache. In meinem Kopf ist alles in Ordnung.
Ich nehme nur die Männer in Schutz, die gelegentlich deswegen Federn lassen müssen. Nicht sie sind an allem Schuld, sondern wir. Täglich das Bild der erfolgreichen, unabhängigen und vorallem schönen und schlanken Frau vor Augen, sind es nämlich wir, die mit Argusaugen vor dem Spiegel stehen und jede Fettzelle einzeln zählen, von den Pseudofältchen mal abgesehen. Wir sind es, die unbedingt jede Diät ausprobieren müssen, wir sind es, die anderen Frauen das Leben schwer machen, sei es mit Worten, Gesten, Blicken oder verletzenden Beiträgen in Foren.
Dabei sind wir alle schön! Wissen sie, das nur 5% der Frauen auf der Welt die sogenannten Traummaße von 90-60-90 haben. Und die meißten Männer finden das nicht wirklich anziehend. Es sind nämlich andere Dinge wichtiger als solche Maße. Was nützt mir so etwas, wenn ich zum Beispiel im Elendviertel groß werde und keine Chance habe da raus zu kommen und bei irgendeinem Versager lande, 12 Kinder bekomme? Nichts, denn dann sind 90-60-90 nur noch Geschichte. Und möchten sie den Preis, den die Models für ihre Figur täglich bezahlen müssen, bezahlen? Ich nicht. Dann habe ich eben 5 Kilo zu viel, bin aber glücklich und zufrieden. Ich kann nämlich essen was ich möchte!
Frage: Kommt es wirklich auf die perfekte Figur bei einer Frau an oder auf ihr Wesen?
Kommt es wirklich darauf an, was andere im Bett veranstalten und wie sie es veranstalten? Wenn zwei Menschen glücklich miteinander sind, dann sollten wir uns als außenstehende darüber freuen, statt sie wegen ihres Sexuallebens zu verurteilen oder gar zu meiden.
Kommen wir zu den Beziehungsproblemen. Es gibt inzwischen viele Bücher, die uns beweisen wollen, warum Beziehungen nicht funktionieren. Mein Rat: wegwerfen! Es hat bei unseren Eltern und Großeltern mehr oder weniger funktioniert, also warum brauchen wir neuerdings Bücher, die uns dabei helfen sollen? Ist es nicht eher so, das seit diese Bücher auf dem Markt sind und die Medien über Beziehungstreß berichten, wir nicht mehr in der Lage sind Probleme als solche zu erkennen? Schaffen wir uns nicht die Probleme selbst, weil wir inzwischen glauben, wenn das und das nicht ist, dann stimmt doch etwas nicht? Doch wer sagt, das Beziehungen so sein müssen, wie sie im Buch stehen und wer sagt, das Beziehungen aus den Gründen scheitern, weil sie im Buch stehen.
Wir reden zu viel! Wir reden zu viel über Sex! Wir reden zu viel über Beziehungen! Wir reden zu viel über uns!
Gerade deswegen sind wir Frauen alle ein bißchen Bridget Jones. Wir sind chaotisch, neurotisch, hysterisch, sensibel, romantisch, haben einen Hang zur Selbstzerstörung, können in bestimmten Momenten einfach nicht die Klappe halten, müssen uns überall einmischen, meinen es immer gut - und sind permanent unglücklich – von den glücklichen Momenten mal abgesehen.
Grüße von einer nachdenklichen Naya, die seit langem einfach nur gelesen hat und hofft nett empfangen zu werden