aliisa_12556596Wie groß ist das Herz
eines Menschen um all das mit Geduld zu ertragen. Wir bekommen hier kaum etwas mit von den Qualen, aber viele erleben das hautnah. Und wer diese Brutalität beanstandet ist denn oft der Böse. Es gibt auch viele Juden die dagegen sind, es nicht gutheißen was dort geschieht.
Brutaler als Männer
Organisation Breaking the Silence veröffentlicht Berichte von 50 israelischen Soldatinnen. Beteiligung an Mißhandlung und Demütigung von Palästinensern verbreitet
Von Karin Leukefeld
Die Israelischen Streitkräfte (IDF), auch Armee des Volkes genannt, prägen die Gesellschaft des Landes. Doch das Vorgehen der Soldaten in den besetzten palästinensischen Gebieten, im Libanon-Krieg 2006 und im Gaza-Krieg 2008/09 bleibt nicht folgenlos: Es gibt mehr Kriegsdienstverweigerer, und auch die Kritik am Militär nimmt zu.
Zusehen oder mitmachen
Die Organisation Das Schweigen brechen (Breaking the Silence) wurde 2004 von ehemaligen Soldatinnen und Soldaten gegründet, die während der zweiten Intifada im Jahr 2000 in den besetzten Gebieten Dienst taten und mit dem, was sie dort erlebt hatten, allein nicht fertig wurden. Mißhandlungen, Plünderungen und Zerstörung von Eigentum seien seit Jahren schon Norm gewesen, meinen die Gründer der Initiative. Doch die systematische Brutalität hätten immer mehr Soldaten dazu gebracht, ihr Schweigen darüber zu brechen.
Jetzt hat Breaking the Silence erstmals Aussagen von Soldatinnen veröffentlicht. Sie berichten über ihre Einsätze in den besetzten Gebieten und an den Kontrollpunkten, wo sie engsten Kontakt zur palästinensischen Bevölkerung haben. Gewalt und subtile Erniedrigung spielt hier eine besonders große Rolle. Frauen müssen sich einfügen, wenn sie von ihren männlichen Kollegen oder Vorgesetzten akzeptiert werden wollen. Konfrontiert mit dem oft rücksichtslosen und gewalttätigen Klima im Einsatz geraten Frauen wie Männer oft in Konflikt mit ihren religiösen oder humanistischen Werten. Die Broschüre dokumentiert auf erschreckende Weise, wie sich Soldatinnen in solchen Situationen verhalten. Mehr als 50 Frauen haben beschrieben, wie sie entweder über alles hinwegsehen oder selbst brutal gegen die Menschen vorgehen, die ihnen schutzlos ausgeliefert sind. Einige der Frauen verhalten sich gewalttätiger und brutaler als die Männer, um von ihnen anerkannt zu werden, sagt Dana Golan von Breaking the Silence.
Ein weiblicher Soldat im Einsatz muß sich mehr beweisen, beschreibt eine der Soldatinnen ihre Erfahrungen. Ein weiblicher Soldat, der andere zusammenschlägt, ist ein ernstzunehmender Kämpfer. (...) Als ich dort ankam, war dort eine andere Frau mit mir (im Einsatz) und jeder hat darüber gesprochen, wie beeindruckend sie ist, weil sie keine Probleme hat, die Araber zu erniedrigen. Sie hätten sie sehen müssen die Art, wie sie Leute erniedrigt hat, wie sie sie geschlagen hat (...).
Rache an Kindern
Eine Soldatin berichtet von der fast routinemäßigen Mißhandlung von Palästinensern am Kontrollpunkt Erez: Bevor du einen Palästinenser in den Gazastreifen gehen läßt, bringst du ihn erst nochmal in ein Zelt und verprügelst ihn dort. Das sei eine Prozedur gewesen, an der sich auch die Kommandeure beteiligt hätten. Das Ganze habe meist nicht mehr als 20 Minuten gedauert, doch sie habe auch erlebt, wie ein Junge eine ganze Nacht von einem zum anderen geschubst und geschlagen wurde. Jeder Soldat habe den Jugendlichen gehätschelt.
An einem anderen Posten bei Hebron habe ein kleiner Junge immer Steine auf die Soldaten geworfen. Einmal habe sich ein Soldat so erschrocken, daß er von seinem Posten heruntergefallen sei und sich ein Bein gebrochen habe. Die Rache ließ nicht lange auf sich warten, erzählt eine Soldatin der Einheit. Zwei Soldaten hätten den Jungen eingefangen, seien mit ihm in einem Jeep davongefahren und hätten ihm Arme und Beine gebrochen. Anschließend hätten sie stolz davon erzählt, wie sie seine Hand auf den Stuhl gelegt und einfach gebrochen haben. Selbst fünfjährige Kinder wurden nicht verschont.
Für viele, die mit dem Erlebten nicht fertig werden, hat das Sprechen darüber eine geradezu therapeutische Bedeutung, wobei es den Frauen schwerer fällt, sich alles von der Seele zu reden, als den Männern, berichtet Dana Golan. Nie sei jemand bestraft worden, sagte eine Soldatin: Es herrschte eine Atmosphäre, in der wir schlagen und erniedrigen durften.
Weitere Informationen (in Englisch): www.shovrimshtika.org
http://www.jungewelt.de/2010/02-12/015.php