Die Errettung Jesu 24
"Und sie schmiedeten eine List, und Allah schmiedete eine List; und Allah ist der beste Listenschmied."25
"... und wegen ihrer Rede: Wir haben den Messias, Jesus, den Sohn der Maria, den Gesandten Allahs getötet;
während sie ihn doch weder erschlagen noch gekreuzigt hatten; sondern dies wurde ihnen nur vorgetäuscht;
und jene, die in dieser Sache uneins sind, sind wahrlich im Zweifel darüber; sie haben keine Kenntnis davon,
sondern folgen nur einer Vermutung; und sie haben ihn nicht mit Gewißheit getötet. Vielmehr hat Allah ihn
zu Sich empor gehoben, und Allah ist Allmächtig, Allweise."26
Wenn wir wissen, daß nicht ein Bericht des Neuen Testaments von Augenzeugen der Ereignisse um
Jesus geschrieben wurde27, dann dürfen wir vieles im Neuen Testament in Frage stellen. Die Rolle des Pilatus
ist ein typisches Beispiel dafür, weil Pilatus ernsthaft die Rolle eines Anwalts für Jesus (a.s.) spielte,
während ihn die Christen für denjenigen halten, unter dem Jesus gelitten hatte. Wir wollen die beschriebenen
Ereignisse vor der angeblichen Kreuzigung im einzelnen analysieren, um zu beweisen, daß sich Pilatus ernsthaft
für die Rettung Jesu eingesetzt hatte:
In Johannes 28 ist zu lesen, daß die Juden - während der Verhandlung in der Burg - Jesus (a.s.) nicht zu
Gesicht bekamen; denn "sie (die Juden) selbst gingen nicht in die Burg hinein" und Pilatus kam zu Ihnen
heraus, dann ging er wieder in die Burg hinein, liess Jesus rufen, und nach einem Wortwechsel mit ihm ging
er (Pilatus) wieder zu den Juden hinaus und sagte zu ihnen: "Ich finde keine Schuld an Ihm."
Hinzu kommt noch das in Matthäus 29 gemachte Angebot von Pilatus, daß er den Verbrecher Barabas anstelle
Jesu für die Hinrichtung liefern wollte. Während er aber auf dem Richterstuhl saß, sandte seine Frau zu ihm
und ließ sagen: "Habe du nicht zu schaffen mit diesem Gerechten; denn ich habe heute im Traum seinetwegen viel
gelitten." Pilatus sagt zu ihnen: "Was soll ich dann mit Jesus tun, den man den Christus nennt? Was hat er
denn Böses getan?" 30 Als aber Pilatus sah, daß es nichts nützte, sondern daß vielmehr ein heftiger Tumult
entstand, nahm er Wasser, wusch sich vor dem Volk die Hände und sagte: "Ich bin unschuldig am Blute dieses
Gerechten." Dann ging Pilatus wieder in die Burg hinein.31 Dies alles geschah immer wieder in der Abwesenheit
Jesu, der sich in der Burg aufhielt. "Da redete sie Pilatus wiederum an, weil er Jesus freizulassen wünschte.
Sie aber riefen dagegen:
Kreuzige, kreuzige ihn! Darauf sagte er zum drittenmal zu ihnen: Was hat denn dieser Böses getan? Ich habe
keinen Grund zu einem Todesurteil bei ihm gefunden. Darum will ich ihn freigeben."32 Für den römischen
Statthalter war die Schuldfrage für die Verhängung einer Strafe Voraussetzung. Dies war auch der Anlaß, weshalb
Pilatus die ganze Sache mit Jesus auf Herodes schieben wollte. "Als Pilatus das hörte, fragte er, ob der
Mensch ein Galiläer sei. Und als er vernahm, daß er aus dem Gebiet des Herodes sei, sandte er ihn zu Herodes,
der in diesen Tagen ebenfalls in Jerusalem war. Herodes aber freute sich sehr, als er Jesus sah; denn seit
geraumer Zeit wünschte er ihn zu sehen, weil er von ihm gehört hatte, und er hoffte, ein Zeichen zu sehen,
das von ihm getan würde. Pilatus aber rief die Hohenpriester und die Oberen und das Volk zusammen und sagte
zu ihnen: Ihr habt diesen Menschen zu mir gebracht als einen, der das Volk abwendig mache. Und siehe, beim
Verhör vor euch habe ich an diesem Menschen keinen Grund für eure Anklagen gefunden, aber auch Herodes
nicht, denn er hat ihn zu uns zurückgeschickt. Und siehe, es ist nichts von ihm verübt worden, was des Todes
würdig wäre. Darum will ich ihn freigeben."33 "Denn er (Pilatus) erkannte, daß ihn die Hohenpriester aus
Neid überliefert hatten."34 "Die römischen Behörden haben sich - wie man in der Apostelgeschichte wiederholt
bestätigt findet -konsequent geweigert, sich am Streit um die Auslegung der Tora zu beteiligen, sich zum
Richter über innerjüdische Angelegenheiten zu machen. Eine Beurteilung des Prozesses Jesu führt also zu dem
Paradox: Jesus ist - gemessen am römischen Recht - nicht schuldig befundenen35, als Unschuldiger also
unrechtmäßig hingerichtet worden."36 Von Jean Imbert ist z.B. zu lernen, daß an der Verhaftung Jesu keine
römische Kohorte beteiligt gewesen sein muß."37 Wir sehen also, daß die beiden römischen Machthaber, Herodes
und Pilatus, Jesus (a.s.) nicht hinrichten wollten. Es ist nicht auszuschließen, daß Jesus durch eine
Hintertür in der Burg zur Freiheit gelang, und daß der Verbrecher Barabas, dem Allah eventuell eine
Ähnlichkeit mit Jesus gegeben hätte, an seiner Stelle ausgeliefert und anschließend gekreuzigt wurde.38 Daß
Pilatus der Strafverteidiger Jesu war, daran besteht kein Zweifel. Ob er Jesus durch Überlistung der Juden
gerettet hat, das muß noch gründlich erforscht werden.
Fussnotizen:
24 vgl. die beiden Titel: "Allahs letzte Botschaft" und "Jesus der Prophet Allahs", Islamische Bibliothek
25 Quran 3:54
26 Quran 4:157-158
27 vgl. Barthel, Manfred: Was wirklich in der Bibel steht,
Düsseldorf 1987, S. 261
28 18,28-38
29 27, 17-24
30 In Lukas 23, 4: "Pilatus aber sagte zu den Hohenpriestern und der Volksmenge: Ich finde keine Schuld
an diesem Menschen."
31 Johannes 19,9
32 Lukas 23, 20-22
33 Lukas 23, 6-8 und 13-16
34 Markus 15, 10
35 Über die Arbeit des columbianischen Neutestamentlers Hernand Guevara, La Resistencia Judia contra Roma
en la Epoca de Jesus (Meitingen 1981), heißt es: "In dieser Untersuchung wird der Nachweis versucht,
daß Jesus von den Römern nicht speziell als "Zelot" = antirömischer Freiheitskämpfer eingeschätzt und
verurteilt wurde. Mit dem Begriff "Zelot" wurde erst ab Beginn des Jüdischen Krieges (66 n.Chr.)
die gewalttätige Opposition gegen Rom belegt." (Pesch, Rudolf: Der Prozeß Jesu geht weiter, Freiburg
i.Br. 1988, S. 29)
36 Pesch, a.a.O., S. 60
37 Pesch, a.a.O., S. 28
38 vgl. Qur'än 4:157: "... während sie ihn doch weder erschlagen noch gekreuzigt hatten, sondern dies
wurde ihnen nur vorgetäuscht..."
Quelle:
Buch von Abu-r-Rida Muhammad ibn Ahmad Ibn Rassoul.
ISBN 3-8217-0207-9
Verlag: IB Verlag Islamische Bibliothek.
Gemeinnützige Gesellschaft mbH, Köln