Ich versuche mal eine Antwort
Das Wort Rache ist einfach ausgedrückt und macht vieles verständlicher. Aber es spielen natürlich noch mehr Gefühle hinein.
Wie Du schon geschrieben hast, der Ärger darüber, dass die Ex das Kind an der Backe hat, während der Mann einfach sein Leben seiter lebt und sogar mit einer anderen Frau eine neue Familie gründet.
Diese Verärgerung kann zu Rachegefühlen führen, nach dem Motto, hier trage auch einen Teil dieser Last, Du kannst nicht nur die Rosinen rauspicken, sondern sonst auch unter dem Kind leiden wie ich es tue.
Meist rächen sich Menschen mit einem nicht gelungenen Leben. Denn sie schauen nicht vorwärts und versuchen aus Fehlern zu lernen und es für die Zukunft besser zu machen, sondern treten nach, bei Leuten von denen sie vermuten dass sie für ihr Unglück mitverantwortlich sind.
So müssen sie sich nicht sich selbst und ihrer eigenen Verantwortung stellen und müssen auch sich nicht die Mühe machen für die Zukunft etwas zu verändern.
Es ist kurzfristig betrachtet beqeum sich zu rächen.
Wenn die Ex ein gelungenes Leben hätte, wenn sie mittlerweile eine neue Familie und eine Beziehung hätte in der sie glücklich wäre, wenn sie auch sonst mit sich zufrieden wäre, beruflich etc., dann hätte sie denke ich nicht diese negativen Gefühle und müsste ihrer Verbitterung nicht durch Rache Luft verschaffen.
So aber will sie nicht dass andere es besser haben sollen als sie. Sie will auch nicht dass er mit einer anderen Frau ein glückliches Leben aufbaut. Denn das wäre quasi der Beweis dafür dass sie schuld an allem ist, dass sie die fehlerbehaftete Person ist und nicht er, dass er nur eine andere Frau brauchte um glücklich zu sein und sie nur der falsche Mensch war, der niemanden glücklich machen kann, nicht das Zeug dazu hat.
Mit diesem Ergebnis will sie nicht leben, sie will daher aktiv daran teilnehmen das Glück des Mannes zu stören, im Keim zu ersticken, damit dieser Beweis nicht geliefert werden kann.
Damit sie sich nicht schlecht fühlen muss, damit der Mann nicht als der strahlende Held hervorgeht, der zu recht die ex verlassen hat oder sie ihn zu unrecht verlassen hat.
Sie hat Angst vor dem Glück der neuen Familie. Sie gönnt es der Neuen auch nicht. Der Mann hat sicher auch gute Anteile, aber er hat auch schlechte. Wegen den schlechten kam es zur Trennung. Sie kennt jedoch genau auch die guten und wegen den guten wollte sie auch mit ihm zusammen sein.
Es ist nun bitter für sie wenn sie fühlt, dass die Neue viel mehr in den Genuss der guten Eigenschaften kommt als sie, weil dieses Paar momentan es scheinbar im Griff hat, hauptsächlich das positive zu leben und das negative raus zu halten.
Der Beweis ist das Kind und die bevorstehende Heirat, alles sieht nach außen nach heiler Welt aus. Was wirklich ist kann man nicht wissen und was in der Zukunft sein wird auch noch nicht. Im Moment sieht es einfach so aus.
Und das ist für die Ex einfach ein Schlag ins Gesicht.
Sie wollte doch all die tollen Seiten dieses Mannes erleben und leben. Sie wollte den tollen Papa für ihr Kind, sie wollte die heile Familie und nun bekommt das eine andere, weil sie nicht in der Lage dazu war die negativen Anteile zu akzeptieren oder in den Griff zu bekommen und eine andere hat scheinbar und vermeintlich damit kein Problem.
Das ist bitter und diese Idylle gehört daher zerstört, gestört, wieso soll die Neue es besser haben als sie. Dieses Glück stand der Ex zu und nicht irgendeiner dahergelaufenen.
Was hat sie was sie nicht hat. Eifersucht !!! Das größte Motiv für Rache. Auf die Neue, auf die Freiheit des Mannes, auf das Glück, auf die Idylle, auf das hoffnungsvolle Leben mit Perspektive auf Zukunft und Geborgenheit.
In dem Moment der Rachegefühle sieht sie nicht die negativen Anteile des Mannes sondern die Positiven. Nach einer Trennung ist es ja oft so, dass man zweifelt ob es richtig war zu gehen oder gehen zu lassen. Je länger die Trennung zurück liegt umso mehr drängen die negativen Erinnerungen in den Hintergrund.
Es ist die Angst davor zurück zu bleiben als die einzige mit einem nicht gelungenen Leben. Die anderen sollen ruhig auch zu spüren bekommen dass ihr Leben nicht gelungen und perfekt ist, nämlich in der Gestalt einer Ex die sehr wohl in der Lage ist Unfrieden von außen hinein zu bringen und in Gestalt eines oder gar zwei Kindern, die das Bild der Einheitsfamilie stören und aus dem ganzen ein problematisches Patchworkgebilde machen, samt einer Tochter die im Grunde nun eigentlich noch weniger dazu gehört.
Es handelt sich hier auch um eine Frau die all das bereits zweimal erlebt hat, sie hat zwei Kinder von zwei Männern. Ihre Hoffnung auf eine heilfe Familie, wie sie von vielen angestrebt wird, also ohne allzu großes Patchwork-Stigma, ist so gut wie erloschen.
Patchwork ist heute anerkannt und so viele sind der Ansicht dass es ganz normal ist und das ganze Gleichwertig ist mit einer Einheitsfamilie.
Die Gefühle sehen jedoch meist anders aus, über die wird oft nicht ehrlich gesprochen.
Dass viele doch das Gefühl des Versagens haben und sich im Grunde eine Einheitsfamilie wünschen, es jedoch nicht geschafft haben und sich nun arrangieren müssen.
Es wird ungern zugegeben, dass da doch ein Traum kaputt gegangen ist und dass es schmerzlich war sich mit dem gegebenen zu arrangieren.
Unter dieser Verbitterung leidet die Ex auch. Und schuld daran ist natürlich auch der Mann der nicht das hielt was er versprach, ob nun aktiv oder passiv.
Es ist wirklich so profan, die Ex gibt dem Mann auch irgendwo die Schuld für ihr Schicksal, quasi ganz billig wie aus einem Schundroman, Du hast mich geschändet und mit einem Kind zurückgelassen, ich habe Dir meine besten Jahre geschenkt und nun stehe ich da, bar meiner Schönheit und Jugend, inakzeptabel für einen spendablen bürgerlichen spießigen Mann der mich mit Kind nicht mehr akzeptiert und ich mir steht nur noch die zweite Garde an Männern zu die so übriggeblieben sind wie ich.
Und Du gehst einfach Deiner Wege, nimmst Dir die nächstfruchtbare vielleicht sogar jüngere Frau und führst mit ihr ein Leben, das ich mir mit Dir gewünscht hatte. Stehst selbst da als ob Du ein ganz normaler Vater ohne Patchworkproblem bist. Na warte, Dir zeig ichs, hier hast Du Dein Patchworkproblem, sieh zu wie ihr damit klar kommt. Bei euch ist auch nicht alles perfekt, ich bin nicht die fehlerbehaftete und ihr seid nicht die strahlenden perfekten Gewinner. Ihr habt ein fettes Problem, nämlich dasselbe das ich auch habe.
Die Realität ist natürlich sehr viel facettenreicher als die bitterbösen und enttäuschten Gefühle, aber die Gefühle siegen oft über die Realität, die Enttäuschung, Verbitterung, Einsamkeit, Hoffnungslosigkeit und Eifersucht führen zum Ergebnisgefühl der Rache.
Unter Patchwork leiden die Frauen einfach viel mehr als die Männer. In der Hinsicht, dass die Männer es sich aussuchen können ob sie sich das Problem ans Bein binden oder nicht.
Manch einer kann einfach so gehen und kümmert sich nicht mehr um das Kind, gründet mit einer Neuen eine neue Familie. Nach außen für sich kann diese Familie so leben als wäre sie eine Einheitsfamilie. Er muss nicht daran arbeiten seine Kinder in die Familie irgendwie hinein zu integrieren, samt all der Probleme die wir hier allzu oft lesen.
Bei der Frau ist das meist anders. Sie nimmt die Kinder mit, auch in die neue Beziehung, sie ist Patchwork. Sie MUSS die Kinder integrieren, meist 24h und nicht nur alle 2 Wochen bei einem heldenhaften Papa der sich sogar kümmert.
Daher sind da allzu oft Rachegefühle der Ex, dass der Mann es doch leichter hat, allein schon vom Geschlecht her. Und er soll gefälligst auch ein Patchwork problem haben, am besten genau so ein großes wie sie selbst.
Sorry für meine allzu ehrlichen Worte und ich hoffe nicht dass sich hier einer angegriffen fühlt und es in den falschen Hals kriegt. Ich persönlich finde dass alle Familie gleichwertig sind und finde es bewunderswert wenn Menschen es positiv hingekriegt haben, das ist schon eine Leistung.
Aber ich wollte auch nicht um den heißen Brei herum reden.