Unsicher vermeidende Bindung?
Möglich, dass Dein Gesicht dem Kindchenschema entspricht und klein wie Du Dich beschreibst, wird bei Männern häufiger mal der Beschützerinstinkt ausgelöst.
Das ist aber möglicherweise nur die äußerlich sichtbare Seite des Problems.
Grundsätzlich gilt nämlich:
Bei Körperkontakt handelt es sich um ein Mittel der nonverbalen Kommunikation. Er dient hauptsächlich der Sympathiebekundung.
Beim Körperkontakt werden der Körpergeruch oder die Parfümierung, sowie die Pheromone des anderen deutlich wahrgenommen, was für die weitere Kommunikationsbereitschaft entscheidend sein kann.
Soweit die Theorie.
In Deiner Praxis gehen mit einem Körperkontakt offenbar unangenehme - beunruhigende? - Gefühle einher.
Das was andere ganz normal oder gar angenehm empfinden mögen und deshalb nicht weiter darauf achten, könntest Du viel intensiver wahrnehmen, weil z.B. Stresshormone ausgeschüttet werden und Du kurzzeitig die Gewalt über Sprache oder Körperteile verlierst. Solche Unsicherheitsgefühle sind unangenehm und werden dann möglichst durch Umgehung entsprechender Situationen gemieden.
Woran kann es liegen?
In der ganz frühen Kindheit - so von 10 Monaten bis 3 Jahre wird die emotionale Bindung des Kindes zu den Eltern aufgebaut. Je nachdem, wie das den Eltern und Kindern gelingt, spricht man von verschiedenen Bindungstypen.
Der häufigste ist die sog. SICHERE Bindung:
Die Eltern waren stets bereit, dem Kind Trost und Aufmerksamkeit zu geben und das Kind hat auf dieser Basis mit der Zeit erfolgreich gelernt, sich auch in unbekannten Situationen selbst ohne absichernden Blick-/Körperkontakt zur Mutter zu beruhigen. Im Innersten weis es, es wird ihm nichts Schlechtes passieren, selbst wenn ihm die Situation unbekannt ist.
UNSICHER VERMEIDENDE Bindung
Es gibt - neben anderen - auch die unsicher vermeidende Bindung, wenn dem Kind die Zuversicht bezüglich der Verfügbarkeit der Eltern fehlt oder es oft zurückgewiesen wurde. Solch Kinder entwickeln die Erwartungshaltung, dass ihre Wünsche grundsätzlich auf Ablehnung stoßen und ihnen kein Anspruch auf Liebe und Unterstützung zusteht. Die Kinder finden einen Ausweg aus der belastenden bedrohlichen Situation des immer wieder Zurückgewiesen-Seins nur durch Beziehungsvermeidung.
Diese Überzeugung begleitet diese Kinder dann bis ins Erwachsenen-Alter. Was nach Beziehungsanbahnung aussieht, wird gemieden und zurückgewiesen.
Insbesondere, wenn es zu körperlicher Nähe zum anderen Geschlecht kommt, kann die Reaktion soweit gehen, dass binnen Sekundenbruchteilen ggf. aus Sympathie für die Person Ablehnung werden kann, Fluchtgedanken inclusive.
Das sich hinter Büchern, Kopfhörern und Computern verstecken ist die vorweggenommene Abwehrhaltung gegen gefürchtete Beziehungsanbahnungen.
Die Männer, die Du ablehnst, können Deine Gedankenwelt nicht verstehen. Sie sind meist sicher gebunden, Körperkontakt ist für sie - und auch viele Frauen - nichts problematisches, sondern normal. Dass daran etwas furchteinflößendes sein könnte, würde sie ehrlich befremden. Dein Verhalten wirkt auf sie daher unberechenbar arrogant - auch wenn Du das nicht bist.
Dass der Kontext in den Medien aus der eher distanzierteren Perspektive dargestellt wird, kann mit einer gewissen Schutzwürdigkeit der unsicher vermeidend gebundenen Menschen begründet werden, jedoch auch mit dem relativ geringen Anteil sicher Gebundener unter den Journalisten.
Grundsätzlich kann Verhaltenstherapie die Stressreaktionen abschwächen und zu einem entspannteren Umgang mit Nähe und dem Unbekannten beitragen. Man sollte aber keine Wunder erwarten.
Ich wünsche Dir daher nicht, dass Du unsicher gebunden bist.