Ich habe nicht abgetrieben. Was hat meine Meinung geändert? Mein Freund hat am Samstag Abend freudestrahlend ein Päckchen für unser Baby unter den Christbaum gelegt. Ich habe mich so schuldig gefühlt und fing auf der Stelle an zu heulen. Er kniete dann vor mir auf den Boden und sagte, er wisse, wie schwer mir das ganze fallen würde und er liebe mich unglaublich dafür, dass ich das ihm zuliebe durchziehe. Er sagte, er werde mich tausend mal dafür entschädigen und dafür sorgen, dass es mir an nichts fehlen würde. Meine Mutter ging dann raus, damit wir reden konnten und dann hat mein Freund mich gefragt, was ich denn davon halten würde wenn wir heiraten. Ich bin aus allen Wolken gefallen, weil er mir mal gesagt hatte, heiraten sei was für altmodische. Ich habe nur noch geheult und gar nichts gesagt. Ich war so darauf vorbereitet, am Montag zur Abtreibung zu gehen, es ihm dann zu sagen und meine Sachen zu packen und dann mit meiner Mutter nach Hause zu fahren und dann das! Ich habe dann gesagt, dass ich darüber nachdenken muss und bin rausgelaufen. Der Rest des Abends war so gut wie im Eimer. Ich ging meinem Freund aus dem Weg und habe immer wieder geheult. Am nächsten Morgen ging mein Freund dann weg, damit ich alleine sein konnte mit meiner Mutter. Ich führte dann lange Gespräche mit meiner Mutter darüber, wie es für sie damals war, als sie mich bekommen hatte. Die Beziehung zu meinem Vater war schon während der Schwangerschaft nicht so gut und sie trennten sich, als ich ein paar Monate alt war. Sie war also alleinerziehend und hatte es nicht leicht. Sie hat mir erzählt wie sie auch Angst gehabt hat und dass es manchmal hart war aber dass sie glücklich war, mich zu haben. Sie hat dann auch gesagt, dass ich vielleicht wegen dieser Vergangenheit Angst habe vor dem Mutter werden und so. Wir haben lange geredet und es hat mir sehr gut getan. Als mein Freund dann nach Hause kam, haben wir auch noch geredet und ich habe ihm von den Gesprächen mit meiner Mutter erzählt. Er war sehr geduldig und verständnisvoll.
Am Montag telefonierte ich dann mit der Klinik und sagte den Termin ab. Nach all dem, was dieses Wochenende passiert ist, konnte ich diesen Schritt einfach nicht machen. Ich fühle mich immer noch schrecklich. Ich habe immer noch Angst vor der Zukunft und vor dem Mutter sein. Aber verdammt noch mal, andere haben das auch geschafft und sind in viel schwierigeren Situationen gewesen. Ich möchte das auch schaffen können. Ich möchte mit meinem Freund eine Zukunft haben und ich möchte mich diesem Problem, das ich habe, jetzt stellen. Mir geht es ein bisschen besser, weil ich weiss, dass dieses Hin und Her jetzt vorbei ist und ich mich entschieden habe und es kein Zurück mehr gibt, weil die Zeit abgelaufen ist. Ich habe es akzeptiert, dass es mein altes schönes Leben, so oder so nicht mehr geben wird. Es gibt entweder meinen Freund und ein Kind oder es gibt mich ohne meinen Freund und ohne ein Kind. Beides klingt nicht so toll für mich, aber ich hoffe, dass ich mich mit der neuen Situation anfreunden kann und wir zu dritt ein schönes Leben haben werden.
Ich möchte mich an dieser Stelle für alle Tipps bedanken. Ich möchte auch ausdrücklich sagen, dass ich KEINE bösen Mails bekommen habe. KEINE Links zu ekeligen Videos, KEINE Überredungsversuche oder Sachen, die mir ein schlechtes Gewissen machten, KEINE Beschimpfungen, ich sei eine Mörderin oder sowas und KEINE Angebote, dass man mein Kind abkaufen wolle. Nicht ein einziges. Jemand hier im Forum hat behauptet, dass Ihr das mehrmals passiert sei und man hat drauf rumgehackt und mich davor gewarnt und ich kann mir das ehrlich gesagt nicht vorstellen, nachdem ich nur gute Erfahrungen gemacht habe. Ich erhielt Nachrichten von 3 Userinnen, die meine Entscheidung unterstützten und mir Mut machten und eine Nachricht von einer lieben Frau, von der ich nicht mal weiss, ob sie für oder gegen Abtreibung ist. Sie hat mir persönliche Fragen gestellt, die mich extrem ins Grübeln gebracht haben. Es war fast so, als würde sie mich persönlich kennen. Sie hat direkt in meine Seele gesprochen. Es ist eine Userin, die ich im Forum sonst nicht gesehen habe. Sie hat mir nicht nach dem Mund geredet, sondern Dinge angesprochen, die ich immer verdrängt habe. Das hat mir schlussendlich auch geholfen, zu erkennen, dass ich mich mit meinen Problemen auseinandersetzen muss und nicht immer davonrennen kann, weil ich so nie glücklich werden kann. Danke, liebe Frau für Deine Worte.
Ok, jetzt ist das ja ganz schön lang geworden. Jetzt wünsche ich allen ein schönes, neues Jahr. Ich habe meinem Freund gestern Abend gesagt, dass ich es mir gut vorstellen könnte, ihn zu heiraten. Ich kann immer noch nicht glauben, was ich da tue mit dem Kind und so, aber vielleicht wird es ja gar nicht so schlecht. Mein Freund hat gesagt, das sei das schönste Weihnachtsgeschenk, das er je bekommen habe. Ich habe ihm nicht gesagt, dass ich so kurz vor der Abtreibung stand und werde es ihm für eine Weile auch nicht sagen. Vielleicht später. Ich schäme mich einfach dafür und es würde ihn sicher sehr verletzen.