Hallo, ich habe diesen Weg gewählt, mit dem Tod meiner Mutter klarzukommen. Ob es der richtige ist, weiß ich nicht. Seit dem 23.03.07 bin ich in einem wie soll ich sagen Schockzustand und habe - glaube ich - bis jezt noch nicht einmal ernsthaft versucht, das für mich schrecklichste Erlebnis zu verarbeiten. Ich habe gelernt zu verdrängen in der kindlichen Hoffnung, eines Tages aufzuwachen und alles war nur ein Traum. Es ist jetzt aber mehr als ein Jahr her und ich wache immer noch jeden Tag auf und er ist noch da - dieser Klumpen im Magen, der mich auffrisst.
Meine Ma ist im März letzten Jahres an Krebs gestorben. Ich habe sie aus dem Krankenhaus geholt und bin zu ihr in die Wohnung gezogen. Wir hatten eine Woche lang nur uns beide. Dank der Medikamente hatte sie keine Schmerzen, wir konnten uns die ersten beiden Tage auch noch gut unterhalten, naja ich redete mehr, sie hörte zu und verstand. Wir waren beide zusammen, als sie von mir ging. Auch jetzt beim schreiben trifft mich der Schmerz. Ich hoffe so sehr, dass ich drüber reden kann ohne, dass die Augen sich füllen, der Hals dick wird. Ich kann die Situation im letzten Jahr hier in meinem ersten Brief nicht vollends schreiben, das würde erstmal zuviel werden.
Ich weiß auch nicht, was ich direkt suche. Mein Partner meint, ich solle zum Psychologen, einfach mal mit einem Fremden reden. Ich gehe zu keinem Psychologen. Ich glaube einfach nicht daran, dass mir die dortigen Gespräche helfen können. Ich bin in meinem bisherigen Leben immer taff gewesen, stehe mit beiden Beinen voll im Leben - im Prinzip eigentlich wie eine Eiche - habe in den letzten Jahren vielen Freunden helfen können, oft nur durch zuhören. Ich gelte als unbesiegbar. Doch der Tod meiner Mutter hat mein Innerstes zerfetzt, mich überempfindlich gemacht. Ich habe mich von Freunden zurückgezogen aus vielerlei Gründen. Habe einen dicken Panzer um mich herumgelegt. Denn das Leben geht ganz normal weiter, die Jahreszeiten kommen, die Menschen auf der Straße erfreuen sich über das Wetter, gehen spazieren und ich mittendrin und denke, keiner sieht es mir an, ich könnte schreien, meinen Schmerz mitteilen wollen. Nein, ich gehe auch durch die Straße - grüße Bekannte und erwidere auf die Frage, wie es mir geht:"gut!"
Ich weiß, dass ich dringend all dies verarbeiten muss. Aber wie? Die einzige Lösung ist - meine Mutter ist da wie immer. Und ich weiß, dass das nie wieder passieren wird. Und diese NIE kann einem die Beine wegziehen.
Ich muss jetzt ersteinmal Schluss machen
Es grüßt Tess422