Hey,
Seit vier Monaten leide ich (Mitte 20) unter heftigem Liebeskummer, weil sich mein Ex Freund (Ende 20), mit welchem ich eine gerade einmal halb so lange Beziehung geführt habe plötzlich und aggressiv per WhatsApp von mir getrennt hat.
Wir haben uns bereits ein Vierteljahr zuvor durch ein anderes Paar kennengelernt (die Frau meine beste Freundin, der Mann sein bester Kumpel) und uns des öfteren in einer Kneipe getroffen, die sich bald schon zu unserem gemeinsamen Stammplatz entwickelte.
Lange hegte ich für ihn rein "bekanntschaftliche" Gefühle, zumal wir (beide etwas schüchtern+ er spricht nur brockenweise Deutsch) nicht allzu viel miteinander kommunizierten. Dennoch fiel mir früh auf, wie unglaublich freundlich er zu sein schien: Seine Höflichkeit sowie positive Ausstrahlung ließen mich langsam in ihn verlieben. Als ich ihm einige Wochen später schließlich beichtete, wie ich empfand, gab er zu, dass es ihm schon seit dem ersten Treffen so gegangen sei, er sich aufgrund seiner Unsicherheiten (Sprachbarriere, einseitige Hörbehinderung) schlicht nicht getraut hätte, weitere Schritte zu unternehmen und umso erleichterter sei, dass ich nun über meinen Schatten gesprungen war.
Trotz der rosaroten Brille entging mir bereits damals nicht das Love Bombing seinerseits. Während ich erst einmal vom Verliebtsein redete, in der Absicht, ihn in aller Ruhe besser kennenzulernen, folgten von ihm Sätze wie: "Ich liebe dich.", "Bitte verlasse mich nie." Letzteres könnte durch seine frühere Beziehung verursacht worden sein, die die Frau, die er sehr geliebt hat, beendete und er lange um sie kämpfte. Nach einigen Tagen sprach er gar von, sich meinem Namen auf seiner Brust tätowieren lassen zu wollen, außerdem vom Zusammenziehen sowie vom Heiraten, was mich ziemlich überforderte. Irgendwie wollte ich die Alarmglocken überhören und die Schmetterlinge genießen. Deshalb tat ich es als Träumerei in seiner Verliebtheit ab - trotz leichter Zweifel.
Diese verstärkten sich allerdings nach knapp 2 Wochen, als er in unserem Treffen wortlos die Bar verließ und all meine verzweifelten Anrufversuche abblockte. Lediglich schrieb er mir, dass ich ganz genau wisse, was sein Problem sei, dass er heimkehren und mir alles Gute im Leben wünschen würde.
So pervers es auch klingt, erwies sich sein Kumpel als eine Art Gebrauchsanweisung für ihn. Er riet mir, nicht hinterherzurennen, da ihn das nur weiter weg treiben würde. Des Weiteren berichtete er mir erstmals von dutzenden ähnlichen Auseinandersetzungem innerhalb ihrer siebenjährigen Freundschaft. Schon häufig habe mein Ex ihm diese gekündigt, ihn blockiert, wieder entblockiert und ihm Dinge verziehen, für welche es sich nicht einmal zu entschuldigen galt. Der Kumpel habe gelernt, damit umzugehen, ich müsse selber wissen, ob ich dies dauerhaft in einer Beziehung aushalten würde. Auch hätte er, um Aufmerksamkeit zu erhalten, eines Abends in der Kneipe allen rumerzählt, er würde demnächst nach Kanada auswandern, was natürlich nicht der Wahrheit entsprach. Wie man liest, alles schon sehr auffällig.
So schwer es mir auch viel, gab ich auf. Tatsächlich verabredete mein Ex sich kurz darauf mit mir in einer ruhigen Zone, wo er mich unter Tränen endlich aufklärte: Angeblich hätte ich in der Bar fremdgeflirtet. Außerdem hatte er von unserer gemeinsamen Freundin (akustisch falsch) verstanden, dass ich ihn nicht mehr mögen würde, was in dem Kontext, dass ich gerade frisch mit ihm zusammen war und ihm meine Zuneigung zu Hauf ausgedrückt hatte, kaum Sinn ergab.
Ja, ich hatte ich einen anderen Mann bestaunt, jedoch wie viele andere Gäste nur für seine Tanzkünste. Ich nahm meinen Freund in den Arm, tröstete ihn und überzeugte ihn von einem Missverständnis. Den restlichen Abend verhielt er sich aber sehr reserviert mir gegenüber.
Am Folgetag schrieb ich ihm, dass er das nächste Mal, sobald ihn etwas bedrücken sollte, bitte direkt mit mir reden könne, anstatt einfach zu verschwinden, dass ich immer für ihn da sei. Daraufhin berichtete er mir von Albträumen und dass er in ihnen die "Vision einer Trennung" erlebt habe und es besser wäre, die Sache zu beenden. Es folgte ein Hin und Her aus meinem Flehen, mir das nicht anzutun und einer dramatischen Abschiedsnachricht seinerseits. Ich solle jemand besseren finden, er wünsche mir viel Erfolg und ich solle nicht so viel weinen. Irgendwann ließ ich nach, gab mich dem schlimmsten bisherigen Herzschmerz hin und ignorierte seine stundenspäter aufpoppenden Nachrichten darüber, dass es ihm leid täte, aber es besser so wäre. Außerdem postete er "Ich wünschte, wir hätten uns niemals kennengelernt!" in seinem WhatsApp Status.
Nach einer qualvollen Nacht hob er die Trennung am nächsten Nachmittag wieder auf, unter der Bedingung, mich endgültig zu verlassen und für immer zu vergessen, sollte ich ihm so etwas noch einmal antun...
In meiner emotionalen Abhängigkeit, wie ich sie heute erkenne, war ich erleichtert, ihn doch nicht verloren zu haben, spürte aber ein ungutes Bauchgefühl und musste an die Worte seines Kumpels denken. Zumal mein Ex danach immer wieder von mir hören wollte, wie glücklich ich über seine "Rückkehr" zu mir und dass er der einzige für mich sei. Ich konnte absolut nachvollziehen, dass er in seiner Fehlinterpritation verletzt gewesen war, weniger allerdings, welche radikalen Konsequenzen er dabei gezogen hatte.
Danach verlief unsere Beziehung eine ganze Weile sehr harmonisch. Täglich bewieß er sich als der netteste Mensch der Welt: Er bezahlte mir so viel, dass ich ihn irgendwann stoppte (er ist ausbildungs- und joblos), sorgte sich um mein Wohlbefinden, redete mir immer gut zu und beteuerte täglich seine bedingungslose Liebe. Auch von extremer Eifersucht keine Spur mehr. Dennoch forderte er zu viele Kompromisse: Weil ich unter dem Gefühl, dass er keine Zweisamkeit mit mir genoss, er stattdessen immer mindestens einen Kumpel dazuholte, außerdem darunter litt, dass er nie auch nur eine Nacht bei mir verbringen konnte, weil seine auf ihn emotional angewiesene Mutter ohne ihn daheim keinen Schlaf fand und ihn nach Hause telefonierte, wagte ich es, meine Bedürfnisse diesbezüglich anzusprechen. Doch egal wie zaghaft ich dabei vorging, er schien es nicht zu verstehen- bis heute weiß ich nicht, ob aufgrund der Sprachbarriere oder gar absichtlich. Jedenfalls nahm er statt: "Ich würde gerne mehr Zeit mit dir alleine, ohne andere Menschen verbringen" "Ich würde gerne mehr Zeit mit anderen Menschen, ohne dich verbringen." auf, reagierte dementsprechend beleidigt und zog sich zurück.
Zwar gelang es mir irgendwie, das zu lösen, ändern tat sich jedoch nichts. Versprach er mir, bei seinem nächsten Besuch bei mir zu bleiben, musste er dieses Versprechen aufgrund seiner dominanten Mutter brechen und mich völlig frustriert zurücklassen (kann mir vorstellen, dass seine Verhaltensauffälligkeiten aus dieser toxischen Mutter-Sohn-Beziehumg stammen, bzw er ihr Verhalten seinen Mitmenschen gegenüber spiegelt, hinzu kommt, dass sein dementer Vater im Heim liegt). Dennoch kann ich ihm hier nicht viel vorwerfen, da er sich im Zwiespalt zwischen ihr und mir befindet und sie ihn, im Gegensatz zu mir, mit Nichtachtung bestrafte, würde er ihr nicht gehorchen. Aus Angst vor einem weiteren Rückzug schluckte ich die Bedürfnisse hinunter und arrangierte mich mit dem, was ich bekam. Damit scheiterte eine der relevantesten Aspekte einer gesunden Beziehung: Die Kommunikation.
Nachdem er mich eine Woche lang im neuen Ausmaß mit (schriftlicher) Liebe überschüttete, kühlte er die nächste Woche plötzlich und ohne ersichtlichen Grund ab. Nur noch verzögerte Nachrichten, ständiges Vertrösten etc.
Das verunsicherte mich natürlich. Diese Unsicherheit musste ihm während unseres (finalen) Treffens mit unseren beiden Freunden in der Kneipe aufgefallen sein, da er meine Hand nahm und sich-wie für ihn typisch- nach meinem Wohlergehen erkundigte. Ich nickte nur, träumte dann aber ins Leere. Mir war ja klar, dass er es-wenn auch unabsichtlich- als Kritik ansehen würde, sollte ich mich ihm öffnen und sich ablehnend zeigen würde.
Da er schon den ganzen Abend sehr müde war, beschloss er, früh den Heimweg anzutreten (gar nicht seine Art, normalerweise bleibt er, bis die Kneipe schließt) und bot mir an, ihn zu begleiten. Bis heute beißt mich mein Gewissen dafür, dass ich mich entschied, noch eine Weile zu bleiben und ihn nicht einmal bis zur Bahn gebracht hatte, was er hingegen immer für mich getan hatte. Er wirkte leicht enttäuscht, akzeptierte es aber. Nach etwa einer dreiviertel Stunde startete er bei seinem Kumpel denselben Telefonterror, wie seine Mutter es immer tat. Er erklärte, dass er sich der Beziehung mit mir nicht mehr sicher wäre, da ICH mich so verändert hätte. Der Kumpel entgegnete nur, dass er das mit mir ausmachen müsse, worauf mein Freund sehr gereizt reagierte. Trotzdem schrieb er mich an.
Es erstaunte mich, wie eiskalt er mich dann abservierte: Es täte ihm leid, aber er wolle mich nicht mehr, empfände nichts mehr für mich. Ich sähe immer so bedrückt aus, würde ihm nichts mehr erzählen, aber nun interessiere es ihn auch nicht mehr. Er würde all unsere Pärchenfotos löschen, mich nie wiedersehen wollen und wünsche mir, dass ich jemand besseren finden würde, samt dutzender gebrochener Herzen als Emojis. Als ich unter Schock stehend nicht darauf reagierte, wiederholte er allen Ernstes, dass ich nicht zu viel weinen und jemand besseren finden solle.
Diesesmal war es mir gar nicht möglich zu weinen, ich fühlte mich wie gelähmt. Meine Freundin nahm mich in den Arm, ihr Freund hingegen erhielt von meinem Ex einen weiteren Anruf. Er wollte wissen, wie ich die Nachricht aufgenommen hätte, wenig später außerdem, was ich da gerade mit meiner Freundin beredete. Was das anging, hatte sich herausgestellt, dass er zurückgekehrt war und uns durch ein Fenster der Kneipe beobachtet hatte. Nach dem Telefonat schrieb er dem Kumpel, dass er ihm und seiner Freundin spontan doch noch Gesellschaft leisten würde, ich dafür aber verschwinden solle. Obwohl ich blieb und versuchte mich mittels Dart abzulenken, betrat mein Ex den Laden, machte sich kurz darauf aber endgültig auf den Heimweg. Am nächsten Tag sendete er mir ein Fragezeichen, da ich aber nicht wusste, was er noch erwartete, ignorierte ich ich dieses. Seitdem herrscht Funkstille.
Die Hartnäckigkeit meines Schmerzes wird vermutlich vor allem durch die krasse Art begründet, auf die mein Ex sich getrennt hat. Von einem eigentlich so lieben Menschen hätte ich einen taktvolleren Umgang damit erwartet. Eine Trennung tut ohnehin weh, deshalb verstehe ich nicht, dass er den Schmerz damit intensiveren musste, mir unnötige Details wie das Löschen der Fotos unter die Nase zu reiben. Was für einen Mehrwert erhoffte er sich damit?
Da ich es mir nicht nehmen lassen will, besuche ich nach wie vor tw die Kneipe und dank großer Menschenmenge fällt es relativ leicht, ihm aus dem Weg zu gehen. Wir ignorieren uns, ab und zu nehme ich aber doch den ein oder anderen hasserfüllten Blick von ihm war, zudem hatte er mich beim Vorbeigehen unbehutsam gestreift. Klar, ich bin seine Ex, sollte dementsprechend keine Umarmung erwarten, habe ihm aber auch nie etwas getan. Wenn seine Gefühle nicht mehr ausgereicht haben, hätte er sich humaner und friedlicher trennen können, stattdessen vermittelt er mir das Gefühl, ihm etwas schreckliches angetan zu haben und ich fühle mich wie weggeworfen.