anony7851882 Ob ich Tipps habe, jein bzw. implizit.
Hier meine Gedanken zu deinem Text: Lese ich das richtig heraus, dass du der Trennungsgrund warst? Ab einem gewissen Alter werden Eltern etwas unflexibel, in dem Sinne, dass sie keine Veränderungen mehr wollen. Wenn die Kinder jung sind, rechnet man als Elternteil ein wenig damit, dass die Partner der Kinder nicht zwingend deren Lebenspartner werden werden. Irgendwann aber kommt eine Person, von der die Eltern es denken. Dann hat man sich das Schwiegerkind oder die Schwiegerkinder gewöhnt, alles geht seinen Weg. Da ist eine alltagstaugliche Ehe, Kinder gibt es auch. Und dann taucht die Jugendliebe des Kindes auf, die Ehe zerbricht. Nichts ist mehr so, wie es war. Auch wenn ihr sehr verliebt seid, auch wenn die Ehe natürlich nicht perfekt gewesen sein kann, wenn dein Freund bereit war, seine Frau zu verlassen, so ist eine Familie zerbrochen und kausal wird das mit deinem Auftauchen in Zusammenhang gebracht. Dass man so bei den präsumtiven Schwiegereltern nicht als neutrale Person, sondern im Minusbereich einsteigt, überrascht mich ehrlich gesagt nicht. Dass es auch um Religion und bzw. oder Nationalität geht, kann sein, muss aber nicht. Ich denke, hier wären doch einige Eltern ungeachtet der Nationalität negativ voreingenommen. Bitte versteh mich richtig. Ich nehme hier keine moralische Bewertung vor. Meine Worte in den Absätzen 1 und 2 spiegeln nicht meine persönliche Ansicht zum Thema wider. Ich beschreibe das, was ich unter anderem herauszulesen meine.
Kosovo-Albaner habe ich jedenfalls als sehr konservativ kennengelernt. Die Familie steht über allem. Trennung oder Scheidung: überhaupt nicht gern gesehen. Und wie das eben so ist mit konservativen Kulturen: Essgewohnheiten abseits dessen, was als Norm angesehen wird, werden auch nicht sonderlich goutiert.
Zu deiner Information: Ich habe selbst achtzehn Jahre lang streng vegetarisch mit veganen Phasen gelebt und esse immer noch, wenn ich die Wahl habe, am liebsten vegetarisch. Mittlerweile bin ich Flexitarian, was so viel bedeutet, wie, dass ich, wenn ich eingeladen bin und man mir Fleisch vorsetzt, dieses esse. Reis, Nudeln, Kartoffeln oder Salat zu essen: bekanntes Szenario. Ja, manche sind da netter und bemühen sich, jeden Gast zu versorgen. Andere kochen halt, was sie wollen. Wer das nicht will, hat Pech gehabt. Ich verstehe so eine Haltung bis heute nicht, da ich, wenn ich einlade, ja auch auf alles Rücksicht nehme von Diabetes über Laktoseintoleranz bis hin zum Umstand, dass jemand gerade fastet oder seine Paleophase hat. Manche wollen nicht, anderen fehlt wirklich die Fantasie. Schwer zu sagen, wie es bei den Eltern deines Freundes war.
All das möchte ich dir als Anstoß schreiben, falls du dir diese Gedanken noch nicht selbst gemacht haben solltest. Ich glaube, das sind die Gründe, aus denen man dich nicht sofort mit offenen Armen aufgenommen hat. Ob Religion und bzw. ethnische Zugehörigkeit auch eine Rolle spielen, lässt sich für mich nicht so einfach aus deinem Text schließen.
ABER (Das schreibt dir die westliche Frau): Wie man dich behandelt hat, ist unmöglich, die abwertende Sprache, der Mangel an Gastfreundschaft, die Feindseligkeit, das Ignorieren durch den Gebrauch des Albanischen in deinem Beisein. Das kann durch das oben Stehende meiner Meinung nach nicht entschuldigt werden. Reservierte Eltern könnte ich verstehen, unhöfliche verstehe ich nicht. Insofern finde ich es gut, dass du dir selbst treu geblieben bist und dieses Mobbing - nichts anderes ist das- unterbunden hast. Interessant wäre es zu wissen, wie du deine Meinung gesagt hast. Wenn du es geschafft haben solltest, das zu tun, ohne dich auf dieselbe Stufe zu begeben, so wäre dies besser. Was vielleicht nicht so gut war: Dass es gewissermaßen eine Eskalation gab, denn so entstehen harte Trennlinien und dein Freund ist in einem Loyalitätskonflikt.
Das schreibt dir jemand, der in ganz anderen Kulturkreisen als den hiesigen gelebt hat: Du stellst dir die Frage, wie seine Eltern dich kennenlernen sollen? Ich glaube, dein Freund hatte gehofft, dass du der Feindseligkeit verständnisvoll und stoisch begegnest (die Gründe kannst du in den Absätzen 1 und 2 meines Textes lesen), bis man dich besser kennt. Was du tun könntest: Eine typische mitteleuropäische Denkweise wäre vermutlich, über alles zu sprechen, vielleicht auch mit den Eltern. Meine persönlichen Erfahrungen mit sehr konservativen (und religiösen) Kulturen sowie das Leben in derartigen Kulturkreisen haben mich gelehrt, dass Akzeptanz unter diesen Umständen leider ein Ding der Unmöglichkeit sein kann (aber nicht muss), dass Zeit tatsächlich ein wesentlicher Faktor ist (dein Freund hatte schon Recht) und dass direkte Konfrontationen vor allem in indirekt kommunizierenden Kulturkreisen nicht anzuraten sind (man muss hier anders vorgehen, um etwas zu erreichen) und dass Seniorität (der grundsätzliche Respekt vor und immer höfliche Umgang mit den Älteren, auch wenn ihr Verhalten nicht immer richtig ist) von größter Bedeutung ist.
Ich wünsche dir, dass ich falschliege und dass sich alles schnell klären und aus der Welt schaffen lässt. Dann kannst du meinen Text ja ignorieren. Und mich würde es für dich freuen.
Falls dem nicht so sein sollte: Ich denke, hier prallen buchstäblich zwei Welten aufeinander. Ich würde mir noch ein bisschen länger Zeit geben und darüber nachdenken, was mir dieser Mann bedeutet, was ich zu geben und zu inverstieren bereit bin, ob ich mit seiner Familie umgehen kann (und will). Manchmal reicht es nämlich nicht aus, ineinander verliebt zu sein.
Wie auch immer: Ich wünsche dir viel Glück.