Leonie
Hallo, Leonie_S!
Ja, ja, der Kampf um und gegen Überzeugungen.
Ich bin überzeugt, dass die Menschheit den niemals gewinnen wird.
Wenn man über den Begriff "Religion" und die Einstellung dazu diskutiert, stellt sich mir oft als erstes die Frage, was der Begriff "Religion" überhaupt bedeutet, bzw., was er alles umfasst. (Begriffsintension und Begriffsextension.) Nicht mal darin sind sich die Leute einig. Sie sind sich ja nicht mal darin einig, um was für eine Art von Begriff es sich dabei handelt. Ist "Religion" ein a priori gegebener Begriff? Oder eher ein a posteriori gegebener Begriff? Inwiefern ist Religion abstrakt? Inwiefern konkret? Inwiefern empirisch? Inwiefern spielen Realität, Fiktion und Virtualität eine Rolle? Um was für Modi des Fürwahrhaltens (Meinen/Glauben/Wissen) und um welche Art des Urteilens (problematisch/assertorisch/apodiktisch) und um was für eine Art von Gewissheit kann es gehen, wenn davon die Rede ist, den Begriff "Religion" zu verstehen und seine Bedeutung zu kennen? Ist der Begriff "Religion" definierbar? Oder bedarf es zu seinem Verständnis einer anderen Klarlegungsmethode, zB der Methode des Explizierens oder der Methode des Exponierens? Oder kann man den Begriff "Religion" auch einfach deklarieren? An welche Begriffs- und Definitionslehre soll man dabei glauben?
Als ich noch in der Notaufnahme war, hatte ich ab und zu Leute zu verarzten, die sich prügeln und mit Messern aufeinander einstechen oder mit Flaschen aufeinander losgehen mussten, weil sie sich in der Frage, wer von ihnen die/der Frömmste ist, nicht einigen konnten. (Mit "mussten" meine ich, dass da vermutlich irgendwelche von der Amygdala ausgehenden innerlichen Zwänge eine Rolle spielten.)
Apodiktische Gewissheit haben sie dadurch in dieser Frage nicht erlangt, was ich ihnen hätte vorher sagen können. Aber mir glauben die Leute ja nichts. Die meisten von denen, die ich wegen dieser Frage verarztet habe, glauben vermutlich immer noch, mit ihren Methoden auf gute Weise Gewissheit finden/erzwingen zu können.
Wenn man Wikipedia glaubt - dort steht:
Religion (von lateinisch religio ‚gewissenhafte Berücksichtigung, Sorgfalt‘, zu lateinisch relegere ‚bedenken, achtgeben‘, ursprünglich gemeint ist „die gewissenhafte Sorgfalt in der Beachtung von Vorzeichen und Vorschriften“) ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Weltanschauungen, deren Grundlage meist der jeweilige Glaube an bestimmte transzendente (überirdische, übernatürliche, übersinnliche) Kräfte sowie häufig auch an heilige Objekte darstellt. Im deutschen Sprachraum wird der Begriff Religion zumeist sowohl für die individuelle Religiosität als auch für die kollektive Religionstradition verwendet
, dann sind übrigens auch religiöse Atheisten nicht undenkbar.
Nicht Religion und Überzeugungen sind das eigentliche Problem. Das Problem ist die Arbeitsteilung im Gehirn. Die Amygdala ist evolutionsgeschichtlich einer der ältesten Teile des Gehirns. Der Neocortex ist evolutionsgeschichtlich jung. Mit dem Neocortex überlegen wir, wie wir die Dinge bewerkstelligen können, die wir tun wollen. Entwickeln dazu ausgefeilteste Methoden. Hochgeistig. Aber was für Dinge wir tun/bewerkstelligen wollen, entscheiden wir Menschen meistens mit der Amygdala, also auf dem evolutionären Niveau von Krokodilen. 😉
Mit freundlichem Gruß
SkyCaptain