Chris-Tine
Liebe Chris-Tine,
es ist hinlänglich bekannt, wie sehr Angehörige, ja die gesamte Familie unter einer bestehenden Angsterkrankung leiden müssen. Deshalb ist eine Therapie (für dich) auch enorm wichtig. Nur um es noch einmal zu verdeutlich, dass Gefühl lebendig begraben zu sein hat auch der Patient. Er ist nur nicht in der Lage an der Situation etwas zu verändern. Hier kommst du ins Spiel. Du kannst ihn nicht ändern. Du kannst ihn nicht zwingen und du kannst und solltest ihn nicht therapieren. Was du aber lernen kannst ist loslassen. Also in deinem eigenen Sinne um nicht liebevoll kontrollierend einzuwirken und auf der anderen Seite nicht dafür zu sorgen, dass sein Vermeidungsveralten aufrechterhalten bleibt. Häufig ist es nämlich so. Durch schonen, schützen, umsorgen oder behüten bleibt der Mensch in seinem gewählten Vermeidungsmuster stecken. Das zu erkennen ist sehr schwierig, weil Menschen, die wir lieben wollen wir immer beschützen und ihnen helfen. Bei Angst muss gezielte Hilfe anders aussehen. Das heißt für dich, unternehme wieder etwas mit Freunden bzw. bauen deinen Freundeskreis neu auf. Fahre alleine in den Urlaub. Gehe wieder einkaufen!
Angst hat leider den Aspekt sich auszuweiten. Sie bleibt nie konstant sondern wird stärker und breitet sich auch in andere Bereiche aus. So wie du seine Ängste beschreibst ist dies möglicherweise geschehen. Eine generalisierte Angststörung ist schon eine lang anhaltende Angst. Hier ist es aber eher typisch, dass die Menschen in ein ständiges sorgenvolles Grübeln verfallen. Überall lauern Gefahren und Unglücke in ihren Gedanken. Das betrifft oftmals auch die eigene Gesundheit oder die von Angehörigen. Oder es betrifft finanzielle Sorgen und Nöte. Um diese Themen dreht sich alles, wie in einem Karussel, welches niemals anhält. Diese Ängste haben die komplette Gefühlswelt des Menschen im Griff und sein Denken. Da ist es nicht verwunderlich, wenn diese Gedanken und Gefühle auch den kompletten Alltag bestimmen.
Dann gibt es z.B. noch die Agoraphobie. Hier leiden die Menschen unglaublich unter Ängsten das Haus zu verlassen. Sie meiden öffentliche Plätze. Fahren keinesfalls mit einem Bus, Zug. Sie meiden das Einkaufen und gehen wenn überhaupt nur in Begleitung. Viele Menschen auf einem Fleck sind für sie ein Graus. Sie fühlen sich vollkommen ausgeliefert und bekommen recht schnell körperliche Symptome, wie Schwindel, Übelkeit, Zittern. Meistens entwickelt sich sogar eine Panikstörung auf die Agoraphobie. Eine sehr schwere Angsterkrankung, die oftmals in Kliniken behandelt werden muss. Häufig bekommen diese Menschen auch Angstlöser und Psychopharmaka, die ebenfalls Ängste mildern. Bevor überhaupt eine Therapie möglich wäre.
Ich empfehle dir Ratgeber Angsterkrankungen aus dem Elsevier Verlag von Daniel Illy. Ein recht kompaktes Buch, was dir viel Hintergrundwissen bietet und praktische Tipps für den Alltag. Davon kann natürlich auch ein Patient profitieren. Was nicht funktionieren wird ist, ihm das Buch zum Lesen zu geben und zu sagen, so wird es gemacht. Es ist also erst einmal rein für dich gedacht. Vielleicht kann es dir soviel Erkenntnisse und auch Stärke geben, dass du dich in der Lage fühlst ihn zu unterstützen in dem Sinne sich Hilfe zu holen und eine Therapie zu beginnen. Denn das braucht dein Mann gerade.
LG Coeur