billie-yan
Hallo,
meines Erachtens benötigt deine Freundin gerade deinen Rückhalt und deine Freundschaft, keinen Streit um ihre Männerwahl. Als gute Freundin könntest du ihr natürlich vermitteln, dass du dich um sie sorgst und nicht möchtest, dass es ihr schlecht ergeht aber, du kannst ihr nicht vorschreiben, zu wem sie sich hingezogen fühlen darf. Mein erster Gedanke wäre z.B. das sie sich durch den Mitpatienten verstanden fühlt in ihrer eigenen Erkrankung. Dadurch entwickelt sich eine Art Gemeinschaftsgefühl. Eine partnerschaftliche Beziehung würde ich auch problematisch ansehen, aber vermutlich aus anderen Gründen.
Es erscheint mir so, als ob du aufpassen musst nicht zu sehr eigenen Interessen nachzugehen. Du möchtest partout deine Freundin zurück, wie sie vor allem gewesen ist. Dadurch akzeptierst du sie leider nicht so, wie sie gerade ist.
Du urteilst sehr hart über den 32 jährigen Mann. Es ist manchmal schwierig sich in andere Menschen hineinzuversetzen mit denen das Leben es nicht gut gemeint hat oder die eine schwierige Zeit durch machen. Ich verstehe deinen Blick darauf und aus deiner Sicht stimmt auch alles, was du schreibst. Vor dem Hintergrund einer psychischen Erkrankung verändert sich vieles. Deshalb haben Menschen mit einer psychischen Erkrankung es auch oftmals schwer in ihrem Umfeld. Wer keinen Einblick hat, kann es nicht besser wissen.
Eine psychische Erkrankung entsteht z.B. nicht "nur" durch Mobbing. Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Beispielsweise gibt es eine Prädisposition eine Erkrankung zu entwickeln. Das kann durch eine genetische Veranlagung sein, oder tatsächlich eine vorangegangene körperliche Erkrankung (auch hormonell) oder Einschränkung sein oder das soziale Umfeld betreffen. In der Psychologie wird auch häufig der Begriff Live Events verwendet, was bedeutet, es häufen sich bestimmte Lebensereignisse. Diese müssen noch nicht einmal negativ behaftet sein können es aber. Wie in dem Fall den jungen Mannes Mobbing und Verlust durch den Tod eines Jugendfreundes. Dann spielt noch eine wichtige Rolle, welche Möglichkeit einem Menschen zur Verfügung stehen mit so etwas umzugehen. Gerade Kinder sind hier noch nicht ausreichend genug gerüstet. Last but not least wird etwas noch verstärkt oder aufrecht erhalten durch das nähere Umfeld, wie Eltern, Familie und Freunde. Die meinen es alle nur gut aber merken nicht, wie sie möglicherweise dazu beitragen das eine Erkrankung sich manifestiert. Es ist meistens so, dass es nie nur eine Sache ist, die als Erklärung ausreichen würde. Von daher muss man einen Menschen sehr gut kennen und darf sich nicht nur auf ein Symptom stürzen.
Ich kann deine Sorge nachvollziehen. In meinen Augen sucht deine Freundin einerseits jemanden, der sie verstehen kann in ihrem Inneren, der nachvollziehen kann, wie es ihr wirklich ergeht. Andererseits sucht sie sich gerade jemanden, der ihre Ängste nicht verstärkt. Was würde da besser passen, wie ein Mensch, bei dem das Thema Angst einen Großteil seines Lebens einnimmt. Übrigens weiß ein Mensch mit Zwangsstörungen das mit ihm etwas nicht stimmt. Diese Menschen leiden unglaublich darunter aber ihre Angst ist zu groß. Wenn sie ihre Zwangshandlungen nicht durchführen würden hätten sie Todesangst, bis hin zu schweren Panikattacken. Dissoziative Störungen sind dann nicht weit weg und auch eine Essstörung verfügt über zwanghaften Charakter.
Ich bin mir ziemlich sicher, der junge Mann hätte sein Studium beendet wenn die Erkrankung es ihm nicht unmöglich gemacht hätte. Vor dem Hintergrund psychischer Erkrankungen leiden natürlich auch Beziehungen. Das seine Erfahrungen hier sehr dürftig sind ist also kein Wunder. Er wünscht es sich bestimmt anders.
Vielleicht braucht deine Freundin im Augenblick genau das. Ich denke nicht, dass solche Verbindungen für die Ewigkeit wären aber dies solltest du ihr niemals sagen. Meines Erachtens braucht sie aktuell keinesfalls einen Partner, der für sie sorgt. Hier wären wir wieder in der Geschichte sekundärer Krankheitsgewinn. Sie muss selber für sich sorgen lernen. Dazu benötigt sie deine Unterstützung als Freundin. Mach ihr Mut! Alles, was ihr eigenes Leben betrifft in die Hand zu nehmen. Unterstütze sie in allem, was ihr gut tut.
LG Coeur