Hmmm...
Hallo Sina,
Deine Geschichte hat in mir widersprüchliche Empfindungen und viele Erinnerungen hervor gerufen. Ich war bis vor einem Jahr noch in einer ähnlichen Situation (bin übrigens auch 27) und, um es kurz zu machen, es ist nicht gut gegangen.
Wir waren 5 Jahre zusammen, nach 2 1/2 Jahren war ich mit dem Studium fertig und habe nur in einer Großstadt einen Job bekommen. Er ist dann mit mir da hin gezogen (was mir sehr viel bedeutet hat), aber unsere Beziehung ist trotzdem an unseren unterschiedlichen Einstellungen und an seiner Mutter kaputt gegangen.
Für seine Mutter war es eine Katastrophe, dass er weg- und ausgezogen ist (zwar "nur" 200 km, aber sie wäre auch schon bei 20 km ausgeflippt). Er hat bis zu diesem Zeitpunkt daheim gewohnt und sie hat mich dafür verantwortlich gemacht, dass sie ihr Liebstes "verloren" hat. Sobald er den Raum verlassen hat, hat sie mich mit spitzen Bemerkungen gepiesackt, bis ich sie gar nicht mehr besucht habe. Dadurch hatte sie aber wieder einen Grund, mich anzuschwärzen. Für ihn war und ist die Familie aber heilig, er hat lieber mich versetzt, als auf ein Grill-, Vereins- oder Geburtstagsfest zu verzichten.
Das Schlimmste war jedoch, dass er nicht eindeutig zu mir gehalten hat. Ich hätte erwartet, dass er seiner Mutter klipp und klar sagt, dass sie damit aufhören soll. Aber wie das immer so ist - er stand natürlich voll zwischen ihr und mir und wollte es beiden recht machen.
Hinzu kam dann noch, dass er sich in der neuen Stadt selbst nicht wohl gefühlt hat und ich ein megamäßiges schlechtes Gewissen bekam. Deshalb habe ich seine Launen ertragen, bis es nicht mehr ging. Wir haben uns gestritten und gezofft, bis endlich klar war, dass unsere Lebensvorstellungen einfach nicht zueinander passen. Ich: Großstadtmensch, mir macht es nichts aus, weg von daheim zu sein (bin mit 19 ausgezogen), lerne gerne Neues kennen, etc. Und er war vom Hotel Mama verwöhnt, wollte eigentlich daheim bleiben (eine Wohnung im Haus der Mutter war für ihn reserviert...) und seine Freunde und "Rituale" nicht aufgeben.
Es war ein langer und schmerzhafter Weg, bis ich mir das eingestanden habe und mich von ihm getrennt habe. Er war letztendlich auch erleichtert, weil er sich nicht mehr wohl gefühlt hatte. Manchmal kann man sich noch so sehr lieben, und es klappt einfach nicht. Wobei ich sagen muss, dass die Launen, die er und seine Mutter an mir ausgelassen haben (schließlich war ich ja wie gesagt "schuld" am Unglück der Beiden) schließlich auch die Liebe zu ihm getötet haben.
Was ich daraus gelernt habe:
- Familienstreitigkeiten lassen sich nicht vermeiden, aber man muss das Gefühl haben, dass der Freund zu einem steht.
- Auch Wegziehen ist oft keine Lösung, wenn man schon von vorne herein unterschiedliche Vorstellungen hat.
- Gewisse Bedürfnisse lassen sich auf Dauer nicht unterdrücken.
- Drum prüfe, wer sich ewig bindet (und das gilt nicht nur für die Ehe, sondern auch für Kinder).
Ich würde mit ihm reden, weiterhin viel nachdenken und mir überlegen, ob Du es schaffst, ein Leben lang für diesen Mann Kompromisse zu machen. Die gehören zu einer Beziehung immer dazu, aber macht er auch welche für Dich?
Aber immerhin weißt Du, dass Du ihn noch liebst und dann lohnt es sich vielleicht auch zu kämpfen. Wenn die Liebe weg ist, merkst Du das und dann ziehst Du auch eine Trennung durch.
Liebe Grüße und alles Gute,
Skihäschen