Biografie !!!
Hallo!
Hiermit sende ich dir einige Infos und eine kleine Biografie die ich im Internet gefunden habe. Vielleicht hilft es dir, wenn du siehst wie sie aufgebaut ist.
Lg
Eine Biografie (auch Biographie; griechisch , von í das Leben und die Schrift) ist die Lebensbeschreibung einer Person.
Die Biografie ist die mündliche oder schriftliche Präsentation des Lebenslaufes eines anderen Menschen; ein Sonderfall der Biografie ist die Autobiografie: Eine Autobiografie liegt vor, wenn sie von dem betreffenden Menschen (großteils) selber geschrieben wurde oder er zumindest als Autor gilt. Im Buchhandel gibt es viele Autobiografien von Prominenten, deren Wahrheitsgehalt in weiteren Büchern angezweifelt wird. Im Familienverbund werden Autobiografien manchmal dem Testament beigefügt. Es soll vom Leben eine Spur übrig bleiben die Nachkommen sollen wissen, was war.
Den Lebenslauf zu beschreiben ist auch Sinnkonstruktion. Dies führt weiter zur Frage nach dem subjektiv gemeinten und dem objektiv stattgefundenen Leben. Jeder Mensch entwirft seine eigene Biografie in unterschiedlichen Lebenssituationen (beim Bewerbungsgespräch, bei der Aufnahme persönlicher Beziehungen, bei der eigenen Lebensrückschau), und Biografien bilden auch ein wichtiges Instrument der Erinnerung an andere Personen.
Biografien sind Gegenstand der Literatur- und Geschichtswissenschaft, der Soziologie, der Pädagogik, der Psychologie, der Medizin und der Theologie. Die einzelnen Arbeitsfelder und Arbeitsgegenstände der Biografieforschung sind sehr heterogen und haben eigene Forschungstraditionen entwickelt.
Alexanders Visionen
Burg Ehrenstein war Alexanders Heimat. Die in der Nähe von Bingen, auf einer Anhöhe liegende Festung gewährte einen atemberaubenden Blick auf das Rheintal. Der große Fluss schlängelte sich unermüdlich durch das flach abfallende Schiefergebirge. An dessen Hängen gab sich der angebaute Wein geduldig dem milden Klima hin. Der dreizehnjährige Knabe stand an einer rheinseitig erbauten Schildmauer und spähte durch eine Schießscharte. Er konnte sich an dem vertrauten Bild nicht satt sehen, obwohl er anno 1317 hier geboren wurde und die ersten sieben Jahre seines Lebens verbrachte. Einige Strähnen seines schwarzen Haares, fielen ihm immer wieder in die Stirn. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, sie zurückzustreichen, gab er sich geschlagen und beobachtete zwei turtelnde Wildtauben in einer alten Eiche. Als er leise lächelte, kräuselte sich seine feingeschnittene Nase und verlieh seinem sonst so ernsten Gesichtsausdruck etwas erfrischend Lustiges. Alexander hatte sich der Muse verschrieben. Er liebte die feinen Künste, während er Waffen und Gewalt hasste. Die Macht der Worte, gesprochen, gesungen und geschrieben, waren seine Welt.
Erbarmungslos schien die Mittagsonne auf seinen ungeschützten Kopf. Die engen Beinlinge und ein grobes Leinenhemd klebten schweißnass an seiner Haut. Als einziges Obergewand, trug er ein blaues samtenes Wams, auf dem stolz das Familienwappen prangte.
Er begab sich in Richtung des Burghofes, der durch eine zweite Ringmauer zusätzlich geschützt war. Die kleine romantische Kapelle versprach Abkühlung und er trat entschlossen ein. Zwei kleine Oberlichter in Höhe des Altares ließen ihr Inneres in einem diffusen Licht erscheinen. Ein schlichtes Kreuz, ein paar Holzbänke und eine Madonnenfigur sorgten bescheiden für den passenden Rahmen. Alexander war nicht zum Ersten Mal hier. Er sprach oft mit seinen Freunden, wie er sie nannte, doch hin und wieder fehlten ihm Antworten. Er kniete andächtig nieder und schaute der hölzernen Gottesmutter flehentlich in die Augen.
Mach, dass mein Vater mich endlich versteht. Nicht das Blut des Schwertes ist mein Trachten. Das Herzblut der Worte, der Gesänge und der Reime sind meine Bestimmung. Doch er sieht es nicht und ich soll einem Ritter als Knappe dienen, um selbst einer zu werden. Warum muss ich es immer wieder erzählen? Missmutig stülpte er seine Unterlippe nach vorne und baute sich vor der Statue auf. Versteh doch, rief er. Sie schwieg und schaute leidend auf ihn hinab. Alexander atmete tief durch und wendete sich trotzig ihrem Sohn zu. Für wen bist du gestorben? Nichts hat sich geändert, seit du für uns dein Leben gabst. Fragend schaute er auf die gepeinigte Figur und wartete auf auch hier vergeblich auf eine Antwort.
Ich dachte, du liebst mich, flüsterte er traurig und senkte seine Lider. Nach einer Weile erhob er sich.
Ich werde euch bald nicht mehr besuchen können. Solltet ihr mich vermissen, findet ihr mich da draußen auf den Schlachtfeldern der Welt. Dort wird mein
Vater mich hinschicken und ihr schaut tatenlos zu. Während er sie vorwurfsvoll anschaute, streckte er seine Arme aus. Die nach oben gerichteten Handflächen zeugten von Ratlosigkeit.
Die Sprache des Schwertes wird zu meiner Religion werden. Was soll ich tun, damit ihr mich endlich hört?
Wieder nur vernahm er Stille. Grimmig stampfte er mit dem rechten Fuß auf den geweihten Boden. Er ließ, wie so oft in der letzten Zeit, nichts unversucht, um die beiden Heiligen zu überzeugen. Doch auch dieses Mal blieb sein Hilferuf scheinbar ungehört. Schließlich gab er auf und öffnete die mit Ornamenten verzierte Pforte.
Sie töten auch in deinem Namen, klärte er seinem leidenden Freund auf, indem er sich ein letztes Mal umdrehte. Als abermals die erhoffte Antwort ausblieb, trat er schulterzuckend ins Freie. Die Hitze traf ihn wie ein Faustschlag und erinnerte ihn an den wahren Beweggrund, in das kleine Gebetshaus einzutreten.
Danke, dass ihr mir wenigstens Kühlung verschafft habt, flüsterte er frevlerisch und hoffte, ihre Ohren nicht erreicht zu haben. Er verließ den Ort seiner vergeblichen Hoffnung und nahm von dem geschäftigen Treiben der Mägde, Knechte und den mit Murmeln spielenden Knaben, kaum Notiz. Wütend schoss er einen Stein vor sich her und beruhigte sich allmählich. Vor ihm tauchte das westlich erbaute Palas auf, in dessen Gemächer er und seine Familie lebten. Der nahegelegene Bergfried verlieh den Menschen ein Gefühl der Sicherheit und war ebenfalls bewohnbar. Alexander mochte ihn aufgrund des sich dort befindlichen Verlieses nicht. Der Gedanke daran ließ ihn erschaudern. Im Inneren der Burg war es angenehm kühl und der junge Mann erklomm die lange enge Wendeltreppe, welche ihn in den eigentlichen Wohnbereich führte. Die ebenerdige Küche betrat er selten, da ihm die kulinarischen Genüsse nicht besonders wichtig waren. Als er oben ankam, warf er einen kurzen Blick in die Kemenate. Während dieser Jahreszeit hielten sich hier selten Menschen auf. Ein großer Kachelofen nahm die Hälfte des Raumes ein und sorgte in den kalten Wintermonaten für wohlige Wärme. Anschließend betrat er den einzig großen Saal der Burg, in welchem Empfänge und Feierlichkeiten stattfanden. Schlendernd schritt er an der langen Ahnengalerie vorbei und blieb in Höhe seines Großvaters Ritter Hildebrand von Ehrenstein stehen. Auf seinen Enkel machte der in Ritterrüstung dargestellte Mann einen erhabenen und stolzen Eindruck. Er fühlte sich auf sonderbare Weise von ihm gerügt und ging schnell weiter. Alexander nahm auf einer der langen Bankreihen Platz, die an ebenso langen Tafeln standen und den Anschein erweckten, lange keine Gäste mehr gesehen zu haben. Dieser Saal war der Einzige, dessen Fenster Scheiben besaßen, ein Luxus, der in den anderen, wesentlich spartanischeren Räumen, nicht zu finden war. Dort wurden die Einlässe mit Stroh, Tierfellen oder Fischblasen geschlossen, um der Kälte des Winters zu trotzen.
Ich möchte nicht wie Großvater und Vater werden, dachte Alexander laut nach und legte sich rücklings auf die harte Sitzfläche. Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und pfiff leise vor sich hin.
Ich möchte Augen öffnen und wenn es nur zwei Paar sind, so bedeuten sie zweimal Frieden und Liebe. Wenn jeder Mensch zwei weitere Menschen überzeugt, wird das Monster seines Fundamentes beraubt, welches aus Dummheit, Ignoranz und Egoismus besteht.
Wie David den mächtigen Goliath bezwang, so will ich das Monster besiegen, über welches sie die Kontrolle verloren, als sie es aus ihrem Innern freiließen.
Er schwelgte in phantastischen Zukunftsvisionen und sah sich als berühmter Menschheitsretter, der von allen bewundert und geliebt wird.
Alexander setzte sich auf und rieb müde seine Augen. Ein lauter Ruf durchschnitt die Stille.
Alexander, wo steckst du fauler Lümmel? Träumst du schon wieder vor dich hin?
Sein Vater, Graf Leopold von Ehrenfelsen, polterte in den Festsaal und schnaufte vor Wut. Sein braunes strohiges Haar stand ihm wüst vom Kopf ab, als wolle es seinen erzürnten Gesichtsausdruck unterstreichen. Der grau gesprenkelte Bart nutzte seine Freiheit und breitete sich ungehindert aus Du kleines verzärteltes Muttersöhnchen. Bald hast du Geburtstag und die Zeit des Müßigganges ist vorbei, kündigte er ihm an.
Wenn Klemens nicht die verfluchte Pest ereilt hätte, wärest du bis zum letzten Tage dort geblieben.
Alexander stand blitzschnell auf und erinnerte sich, als er vor fast sieben Jahren gezwungen wurde, seine Heimat zu verlassen. Als Page bei Klemens von Hoheneck erlernte er das höfische Benehmen und den Umgang mit Waffen. Ein halbes Jahr vor Beendigung der Ausbildung, suchte die noch verhaltene Pest ihre ersten Opfer und ereilte Klemens auf einem seiner Feldzüge.
Seine Gemahlin Gismara sah sich in ihrer ach so tiefen Trauer nicht in der Lage, die weitere Verantwortung für den Knaben zu übernehmen und schickte ihn frühzeitig nach Hause.
Jetzt sollten ihm noch sieben weitere Knappenjahre bevorstehen, um, wie sein Vater, Ritter zu werden.
Leopold baute sich vor dem zitternden Jungen auf. Alexander war der einzige Spross der Familie, welcher die frühe Kindheit überlebte. Seine Schwester starb während ihrer Geburt, sein jüngerer Bruder Roman im Alter von drei Jahren.
Oh Herr, sprach sein Vater und verdrehte theatralisch die Augen: Was habe ich verbrochen, dass du mir solch einen Sohn geschenkt hast?
Zornig wandte er sich dem ängstlichen Knaben zu.
Du hast heute noch nicht mit dem Schwert geübt, Pfeil und Bogen liegen achtlos in der Ecke und beim Faustkampf wird dich jedes Weib mit links schlagen, brüllte er wütend und packte ihn am Kragen. Seine dunklen Augen nahmen einen bedrohlichen Ausdruck an. Alexander hielt es für das Beste, zu schweigen.
Heimlich wischte er seine Tränen weg. Für Leopold waren Gefühlsausbrüche Weiberkram und seinem Sohn wurde das Weinen schon im frühen Kindesalter verboten.
Für den sensiblen Jungen war der Tag vorbei. Er schwang lustlos sein Schwert, lieferte sich einen Faustkampf mit einem älteren Knappen, der ihm ein blaues Auge bescherte, um sich danach der Kunst des Armbrustschießens zu widmen.
Pünktlich an seinem vierzehnten Geburtstag, stürmte sein Vater bei Tagesdämmerung in Alexanders Kammer und stopfte seine Habseligkeiten in einen Leinensack.
Die Zeit ist gekommen, dass aus dir endlich ein Mann wird. Steh auf, zieh dich an und folge mir, befahl er ihm und stellte sich mit verschränkten Armen vor die Türe.
Sein Sohn wagte nicht zu widersprechen, kleidete sich an und tapste ihm halb verschlafen auf den Burghof hinterher. Am Brunnen standen bereits die ersten Knechte und holten Wasser. Leopold packte den ängstlichen Jungen und warf ihn auf einen bereitstehenden Hengst. Ich hoffe, du bist seefest. Mein Freund Charles ist ganz wild auf einen drahtigen Knappen vom Rhein, dabei ist der bloß scharf auf unseren Wein. Er lachte aufgrund des zufälligen Reimes kurz auf, wurde jedoch sofort wieder ernst. Charles wird aus dir einen Mann machen. Du wirst mir und ihm später einmal dankbar sein, auch wenn ich dir jetzt rau und hart vorkomme. Ich will nur dein Bestes Knabe.
Alexander war entsetzt. Er sollte auf eine Insel, deren Einwohner er nicht verstand und auf welcher es keine Fluchtmöglichkeit für ihn gab. Ohne ein weiteres Wort ritten sie los. Leopold ignorierte die flehentlichen Bitten seines Sohnes, sich von seiner Mutter verabschieden zu dürfen.
Nach heftigen Regenschauern und wenigen Pausen, erreichten sie Calais nach vier Tagen.
Sein Vater deutete ihm an, abzusteigen und verschwand mit den beiden Reittieren.
Alexander eröffnete sich eine völlig neue Welt. Einige Schiffe ankerten direkt im Hafen, um ihre Ladungen zu löschen. Er sah Bettler, Seeleute, Kinder, Huren, Händler, Reisende, Priester, Edelleute und fremd aussehende Menschen in merkwürdiger Kleidung. Ratten huschten zwischen Wagengespannen, Marktständen und Menschenbeinen hindurch, immer auf der Suche nach Fressbarem. Ihre toten Genossen, die im Hafenbecken schwammen und in Häuserecken lagen, schreckten sie nicht ab. Die lebenden Nagetiere waren um ein Vielfaches in der Überzahl und der Mensch hatte den nicht zu gewinnenden Krieg offensichtlich aufgegeben. Der Junge rümpfte angewidert seine Nase. Es dauerte nicht lange und sein Vater kehrte ohne Pferde zurück. Mit einem kurzen Wink gab er seinem Sohn zu verstehen, ihm zu folgen.
Sie betraten ein breites, flachbodiges Segelschiff. Leopold und Kapitän Friedrich Bergland handelten eine Weile, bis sie sich auf einen Preis für die Überfahrt einigten. Es dämmerte bereits, als sie ablegten. Alexander beobachtete, wie sich das mächtige dreieckige Segel im Wind aufblähte und die graue Möwe mächtiger aussehen ließ, als sie in Wirklichkeit war. Er genoss die frische salzige Brise und hielt die Nase in den Wind. Das Geschrei der Möwen, die in Küstennähe die Fischerboote belagerten, ließ langsam nach und verschaffte den sanften Klängen der an die Bordwand plätschernden Wellen Gehör. Leopold verschwand in seiner Kajüte. Alexander zitterte vor Kälte, dachte jedoch nicht daran, sich in das muffige Innere des Schiffes zu begeben. Nachdenklich erinnerte er sich an den Zweck der Reise, als sich ein etwa achtzehnjähriger junger Mann zu ihm gesellte. Sein schwarzes kurzgeschnittenes Haar ließ sich von dem aufkommenden Wind kaum beeindrucken. Der Fremde schwieg und blickte aufs Meer hinaus. Alexander schaute ihn von der Seite an. Er war groß und kräftig, doch er machte auf den Knaben keinen glücklichen Eindruck. Die großen unglaublich blauen Augen zeichneten ein trauriges Bild und erzählten von Leid und Sehnsucht.
Ihr habt sie sehr geliebt oder täusche ich mich? fragte der feinfühlige Alexander leise.
Als die Antwort ausblieb, drehte er seinen Kopf zur Seite und bemerkte, wie sich das Licht des Mondes in den feuchten Augen des jungen Mannes brach.
Ich heiße Eticho, flüstere der Fremde.
Alexander nickte und fragte nicht nach seinem Familiennamen.
Mein Vater bringt mich nach Exeter zu einem Freund. Dort soll ich lernen, ein Mann zu werden, erzählte er verbittert.
Sie bestrafen dich der Liebe wegen? fragte der Knappe wider Willen.
Ich glaube, dies ist der wahre Grund. Unsere Familien mögen sich nicht. Ich bin angeblich zu weich und zu schwach, während Angela meiner nicht würdig ist. Dabei beherrsche ich die Armbrust perfekt, das Schwert liegt mir gut in der Hand und beim Faustkampf war ich einer der Besten.
Alexander pfiff anerkennend durch die Zähne, um ihm einen Gefallen zu tun.
Wenn die Menschen friedlich miteinander umgehen würden, wären alle Waffen sinnlos und niemand müsste den Umgang mit ihnen lernen, gab er jedoch zu bedenken.
Eticho biss sich auf die Unterlippe und wirkte nachdenklich. Das Segel schlug leise im Rhythmus des Windes und trieb das Schiff gnadenlos an.
Alexander presste seine Lippen aufeinander und schaute sich den klammen Schiffsboden an. Er war voller Schrammen, Löcher und Kratzer und trotz allem trug er die Menschen, die ihn betraten.
Wir sollten uns an den Eichen ein Vorbild nehmen, sprach er mehr zu sich selbst.
Sie sind hart, verlässlich und werden uralt. Der Knabe schaute in den noch klaren Sternenhimmel, an dessen Horizont sich die ersten Wolken formierten und einen Wetterwechsel ankündigten.
Wenn wir sie nicht vorher fällen, flüsterte er erschüttert: Wir töten Bäume, die Hunderte von Jahren Stürmen, Gewittern und trockenen Sommern trotzten und schließlich unseren unbedeutenden Äxten zum Opfer fallen. Wir trennen sie unbarmherzig von ihren starken Wurzeln, die sie genährt und gehalten haben. Doch sie sterben nicht wirklich. Sie dienen den Menschen und überleben sie in Form von Möbeln, Türen und anderen Dingen um viele Jahre. So wie dieser Schiffsboden hier.
Alexander schaute andächtig nach unten. Was sind wir Menschen gegen einen Baum? Bäume sind friedlich und morden nicht. Der Tag kommt, an dem alle Pflanzen und Tiere durch unser Handeln verschwunden sind. Dann führen wir unser begonnenes Werk zu Ende und vernichten uns solange gegenseitig, bis ein einziger Mensch übrigbleibt, der sich am Ende schließlich selbst tötet aus Einsamkeit.
Eine Seeschwalbe riss ihn aus seinem Selbstgespräch. Sie flog wenige Meter über der Meeresoberfläche und hielt Ausschau nach Krebsen und kleinen Fischen. Ihren Schnabel hielt sie nach unten gerichtet, jederzeit bereit, die ahnungslose Beute zu packen. Der silbergraue Rücken bildete mit dem noch vorhandenen Mondlicht eine Einheit und ließ die nächtliche Nordsee weniger bedrohlich aussehen.
Alexander fuhr sich durchs Haar und beobachtete die sich auftürmenden Wolken in der Ferne. Er wandte sich Eticho zu. Wir sind so unglaublich klein und doch werden wir für das prophezeite Armageddon verantwortlich sein. Irgendwann in naher oder ferner Zukunft. Nur der Herr weiß, wann und wie es sein wird.
Eticho lehnte sich mit dem Rücken an die Reling. Seine Augen starrten ins Leere. Wir werden es wohl nicht mehr erleben. Aber unsere Nachfahren in vielen hundert Jahren vielleicht. Ich hoffe, dass die Menschheit irgendwann einmal klüger sein wird. Wie denkst du darüber?
Alexander verzog unsicher sein Gesicht: Vielleicht werden die Menschen in jener Zeit aus unseren Fehlern gelernt haben und friedlich miteinander umgehen.
Eticho lächelte schwach: Glaubst du das wirklich, mein Freund?
Alexander zuckte mit den Schultern: Aber schön wäre es und irgendwie glaube ich auch daran, sonst hätte dies hier alles keinen Sinn.
Niemand kennt die Antwort, aber wir können hoffen und glauben, sagte Eticho voller Optimismus und gab dem vor Kälte zitternden Jungen einen aufmunternden Klaps auf die Schulter.
Zusammen verließen sie das kühle Deck und legten sich, ihren Gedanken nachhängend, in die schäbigen Hängematten.
Vielleicht war ihre Ahnungslosigkeit eine Gnade, denn die Antwort wäre eine erschreckende gewesen.
Die beiden jungen Männer verloren sich nach der Ankunft in Dover aus den Augen.
Während Alexander als Knappe diente, wurden Etichos gute Seiten systematisch vernichtet. Das nächtliche Gespräch hatte jedoch einen erheblichen Anteil daran, dass der achtzehnjährige Jüngling in ihm nie ganz starb. Diese Begebenheit sollte viele Jahre später eine dramatische Wende in seinem Leben herbeiführen.