hamnet_12272111Ist richtig, ...
... man darf nicht alle Türken in einen Topf werfen. Sie haben oftmals nur einen schwierigeren Start in eine liberale Gesellschaft.
Die Frage ist doch aber, ob man als Mann zu jedem Zeitpunkt dem Bild vom starken Mann entsprechen muß -- und warum Frauen für sich in Anspruch nehmen wollen, auch in Starker-Mann-Montur noch weiblich und begehrenswert aussehen zu wollen, wenn es ihrer Intention doch widerspricht. Zudem haben Frauen ja gezeigt, daß deren Maskulinisierung der Garderobe auf dem Heiratsmarkt nicht unbedingt zu einem Ausschlußkriterium und Einbruch der Erfolgsaussichten führte. Außerdem ist einer der meistgehörten Kritikpunkte von Frauen an Männern, daß Männer ihre Gefühle nicht zum Ausdruck bringen. Das braucht aber Übung, diese die Freiheit dazu, und wenn man die Freiheit zum Ausdruck der eigenen Gefühlswelt hat, kann man nicht mehr untersagen, das auch im Bereich der Mode auszuleben -- sie ist in ein nicht zu vernachlässigender Aspekt unseres Selbst- und Fremdempfindens, eben auch der Gefühle. "Zeig doch mal, was Du empfindest" und "Zieh Dich bitte männlich an" passen nicht zusammen, denn die heutige Männergarderobe ist daraufhin spezialisiert, die Illusion von Stärke und Unverletzlichkeit zu erzeugen. Empfindsame und sinnliche Charaktere _können_ sich darin nicht wohlfühlen, was wiederum gerade die Frauen zeigen, die solche Kleidung meiden, sie als 'unweiblich' bezeichnen.
Im Beruf kann man ruhig strengere 'Vorschriften' gelten lassen, man präsentiert ja nicht nur sich sondern auch die Firma. Aber auch da könnte es in vielen Bereichen zu einer Lockerung kommen. In einem Supermarkt oder einem Buchhandel oder IT-Betrieb spricht eigentlich wenig gegen lockere Garderobe, die man dann bei eventuellen Verhandlungen mit Firmenkunden oder so durch etwas Formelleres ersetzt.
Mein Hauptanliegen ist aber weiterhin, nach einem Weg zu suchen, der Männern mehr Ästhetik und Spaß bei der Zusammenstellung der persönlichen Garderobe erlaubt. Aktuelles Zwischenergebnis ist, daß gerade diese 2 Punkte bei Männern als 'unmännlich' gelten.
So, nach dem erneuten Lesen meines Beitrags fiel mir auf, daß man die Stellen, wo 'männlich' & Co. benutzt wurden, besser ein zweites Mal lesen sollte mit den ganzen Assoziationsbildern, die ich in dem anderen Kommentar von mir erwähnt habe: stark, schwach, aristokratisch, proletarisch, bürgerlich. Wenn eine Frau behauptet, sie fühle sich in schöner Wäsche oder in schönen Pumps 'weiblich', dann heißt das eben eher, daß sie Freude am Empfinden ihrer aristokratischen Kleidung hat, an ihrem schmucken Auftreten, daß sie zelebriert, Schwäche zu zeigen, weil sie es sich leisten kann. Das wird nur aus heutiger Gewöhnung als 'weiblich' bezeichnet, ist es aber nicht per se. Effektiv _wurden_ die Signale also schon einer Umdeutung unterzogen.
LG
Madinside