shaman_36120791Nicht jedes Kind denkt, eine Schamüberwindungstherapie zu brauchen.
Und selbst wenn: Das ist nicht Sache der Schule!
Wenn ein Kind zB Angst vor Hunden hat, ist es auch nicht Sache der Schule, darüber zu befinden, ob das therapiert werden muss oder gar, ohne sich um das Einverständnis des Kindes und der Eltern zu scheren, einen unausgegorenen Therapieversuch zu beginnen.
Wenn es um Ängste geht, muss bei Betreffenden von sich aus der Wunsch/Wille da sein, selbige zu überwinden.
Bei dir scheint das auf irgendeiner Ebene der Fall gewesen zu sein.
Ängste überwinden zu wollen und zu überwinden verdient Respekt.
Ich glaube aber nicht, dass die große Mehrheit der Schulkinder bei Schulen staatlich verordnetem Nacktschwimmunterricht mit dem Bewusstsein "endlich kriege ich die lang ersehnte Therapie und kann mich von Ängsten befreien" an die Sache herangeht/herangehen würde.
Was die Notwendigkeit einer sicheren Umgebung angeht, gebe ich dir recht. Von wem erwartet wird, im Überlebenskampf zu bestehen und darüber hinaus der Gesellschaft loyal zu dienen, der/die braucht einen sicheren Ort, an dem er/sie nicht bereits wirklich der Meute und den Feinden der Gesellschaft zum Fraß vorgeworfen ist, sondern an dem er/sie lernen kann, wie man den Überlebenskampf führt und an welche Regeln und Tabus man sich halten muss, um Toleranzgrenzen nicht in einer gefährlichen Weise zu sprengen.
Aber meiner Erfahrung und Beobachtung nach sind heutige Schulen alles andere als in der Lage, irgendwo auch nur im Ansatz für sichere Umgebungen zu sorgen.
Ehrlicher, als die Kinder diesbezüglich an der Schule mit scheinheiligem Pseudogetüddel hinters Licht zu führen, das die Sicherheitslage derjenigen Kinder, die es den Tüddler/inne/n abkaufen, noch verschlechtert, weil es diesen Kindern bestimmt nicht erleichtert, die Realität zu erkennen, bzw zu gewärtigen, in was für einer Anstalt (des öffentlichen Rechts) sie gelandet sind, wäre es, den Kindern von vorneherein klarzumachen, dass die Schule (und andere staatliche Institutionen) sich meistens nicht wirklich effektiv um Sicherheit scheren und dass sie in ihrer Daseinsbewältigung besser daran tun, nicht auf kompetente Hilfe durch die Amtswalter/innen solcher Institutionen zu hoffen, sondern solche Institutionen bzw deren Amtswalter/innen vor allem als zusätzlichen Faktor zu betrachten, mit dem man halt auch noch zurechtkommen muss, und dass ihnen nichts anderes übrigbleibt als zu lernen, wie man sich in der Meute durchsetzt, und dass es dabei nur insofern wichtig ist, ob man grade nackt ist oder nicht, als die Frage, ob von der Ausrüstung her Chancengleichheit besteht, taktisch relevant ist.
Das grundlegende Problem ist nicht die Nacktheit, sondern die Durchsetzungsfähigkeit in der Meute, wenn aufgrund der im Gruppengefüge allgegenwärtigen menschlichen Natur Dynamiken einsetzen, die nicht von Nettigkeit gegenüber jedermann/-frau geprägt sind, sondern von Amygdala- und Rudelhackordnungsmodus. Für Durchsetzungsfähigkeit darf die Entwicklung eines starken Willens nicht unterdrückt sondern muss gefördert werden.
Sind Kinder selbstbewusst und durchsetzungsfähig, bzw, können sie sich auch in unguten Dynamiken in der Meute behaupten - die Fähigkeit, in der Meute als Führungsperson aufzutreten, die solchen Dynamiken Einhalt gebietet, wäre die Kür - , dann haben sie auch weniger Probleme, sich zB beim Duschen nach dem Sport- oder Schwimmunterricht zu entkleiden.
Sind Kinder nicht selbstbewusst und durchsetzungsfähig, widerfährt es ihnen immer wieder, dass sie von der Meute anders/weit weniger freundlich behandelt werden als der Rest. Das grenzt sie aus. Dadurch werden sie zwangsläufig zu Leuten, die unter Menschen eher nicht unbechwert sein können, die sich unter Menschen generell eher nicht so wohl fühlen, weil sie immer mit der Möglichkeit rechnen, dass Situationen sich für sie ungut entwickeln und aufgrund ihrer Erfahrung, die häufig von dem, was ihnen erzählt/suggeriert worden ist, ins Negative abwich, nicht damit rechnen, dass sie zur (suggerierten) Mehrheit derer gehören, für die die Dinge innerhalb des positiv gezeichneten Bildes der netten Parameter bleiben. Ihr Lebensgefühl wird nicht von Sicherheitsgefühl und Zutrauen in die Mitmenschen geprägt, sondern von der Erfahrung, dass es in Punkto zwischenmenschliche Dynamik für sie oft weit weniger nett/weit grässlicher läuft als für den Durchschnitt, der andere Erfahrungen hat und sich deshalb in seiner Seelenblindheit auch nicht die Mühe macht, ihre Lage zu verstehen.
Ich glaube nicht, dass die Vorstellung von Katharsis durch überwachten/sicher gestalteten Nacktschwimmzwang da wirklich grundlegend weiterhilft, zumal es im schulischen Alltag genug andere Situationen geben wird, in denen die Dynamiken der Meute nicht hinreichend überwacht werden.